Standard Life: Union blockiert Provisionsdeckel

Carsten Brodesser. Quelle: brs

Die Standard Life hatte im Berliner Haus der Bundespressekonferenz zu einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion über die Zukunft der Vermittlung von Vorsorgeprodukten eingeladen. Mit einem Paukenschlag ging die Veranstaltung gleich los. CDU/CSU blockieren derzeit die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz angestrebte Einführung eines Provisionsdeckels beim Vertrieb von Lebensversicherungen, wie der CDU-Finanzpolitiker Carsten Brodesser unter dem Jubel der zumeist vom Fach stammenden Zuhörer ausführte.

Bei dem Gesetzentwurf sei sich die Koalition in einem wichtigen Punkt nicht einig, sagte Brodesser „Wir haben einen Dissens.“Die Vergütung im Bereich der Lebensversicherung sei gesunken und liege heute unter vier Prozent. Warum dann einen Provisionsdeckel einführen; Gesetzgebung sei kein Selbstzweck, sagte das Mitglied des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag. Und ein solcher Provisionsdeckel würde vermutlich Bürokratiekosten im dreistelligen Millionenbereich nach sich ziehen.

Brodesser glaubt schon, dass es unter den Vermittlern Schwarze Schafe gibt, deshalb könne man aber nicht alle unter Generalverdacht stellen. Wichtig wäre einen Mechanismus zu entwickeln, wie man die Schwarzen Schafe, die Provisionsmissbrauch betreiben, identifizieren könne. Ob es zu einer Einigung mit der SPD kommen werde, könne er nicht sagen. Die Union werde jedenfalls auch weiterhin den Gesetzentwurf aus der Terminplanung für die Kabinettssitzung streichen.

Auch der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler sprach sich klar gegen einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung aus. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), Michael H. Heinz, will weiter mit allen Mitteln gegen die Einführung eines Provisionsdeckels kämpfen. Er verwies zugleich auf den Versicherungsombudsmann, bei dem im Verhältnis zu den rund 200.000 Vermittlern nur eine marginale Beschwerdequote eingegangen sei.

Und Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbandes Finanzdienstleistung AfW drohte für den Fall eines Provisionsdeckels mit dem Gang vor Gericht, da ein solcher Deckel verfassungswidrig sei. „Wir haben keine Verwerfungen.“ Für Britta Langenberg von der neuen Bürgerbewegung Finanzwende löst ein Provisionsdeckel am Ende kein Problem. Sie setzt aber auf eine Trennung von Vertrieb und Beratung.

Auch der einflussreiche Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) steht im Lager der Gegner eines Provisionsdeckels. GDV-Geschäftsführungsmitglied Peter Schwark verwies darauf, dass man die Kosten gesenkt habe. Ein Provisionsdeckel würde nur teure Bürokratie schaffen. Mit Blick auf die von Brodesser gemachten Vorschläge sagte Schwark: „Eine Missbrauchsaufsicht wäre erst einmal gut.“

Für einen niedrigen Provisionsdeckel von einem Prozent plädierte der Vorstand des Bundes der Versicherten (BdV) Axel Kleinlein. Wenn der Deckel doch nicht kommen solle, dann dürfte ab dem Jahr 2025 über ein generelles Provisionsverbot gesprochen werden, wagte er den Blick in die Zukunft.

BaFin-Aufsicht über Finanzanlagenvermittler dürfte teuer werden

Was die Vermittlerbranche ebenfalls stark bewegt ist das Vorhaben der Koalition von CDU/CSU und SPD die etwa 40.000 Finanzanlagenvermittler unter die Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu stellen. Schäffler, ebenfalls Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages, verwies darauf, dass etwa 80 Prozent der Finanzanlagenvermittler auch die Zulassung als Versicherungsvermittler hätten.

Zudem dürften bei der BaFin erheblich Kosten entstehen, wenn sie zur Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler 300 neue Mitarbeiter einstellen müsste. Die Kosten von jährlich etwa 40 Mio. Euro müssten dann die Finanzanlagenvermittler tragen. Im Ergebnis werde die Aufsicht zersplittert und viele Vermittler sähen sich dann einer doppelten Aufsicht – mit entsprechenden Mehrkosten – gegenüber. Für Schwark vom GDV ist wichtig, dass die BaFin auf keinen Fall auch noch die Aufsicht über die Versicherungsvermittler übertragen bekommt

Ein Vorschlag von AfW-Vorstand Wirth, den § 34 der Gewerbeordnung zu entschlacken, fand im Auditorium großen Zuspruch. Warum sollte ein Versicherungsvermittler Privatkunden nicht auch gegen Honorar beraten dürfen. Dann wären auch Mischkalkulationen möglich. Für BVK-Präsident Hainz ist völlig klar, dass die Honorarberatung allein nicht funktionieren kann.

Kommt es bei Riester zum Restart?

Zum Schluss der rund zweistündigen Diskussionsrunde wartete Brodesser mit einer weiteren Überraschung auf: Eine Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Fraktion befasst sich aktuell mit möglichen Reformen bei der Riester-Rente. Die Ergebnisse, die dann noch mit der SPD abgestimmt werden müssen, sollen dann der Rentenkommission Verlässlicher Generationenvertrag vorgelegt werden, die die Vorschläge dann in ihr Gesamtpaket einbauen soll, wie es mit den drei Säulen der Altersvorsorge nach dem Jahr 2025 weitergehen soll.

Die Rentenkommission, die von der Bundesregierung eingesetzt worden war, soll im Frühjahr 2020 ihre Ergebnisse präsentieren. Die Komplexität bei Riester sei viel zu groß, sagte Brodesser. Heute machten auch die bei Riester geforderte Beitragsgarantie keinen Sinn mehr. Deshalb gebe es im Bereich der Fondsanbieter auch nur noch drei, die Riester-Verträge anbieten würden. Die Kunden sollten bestimmen können, wie viel ihnen Garantien Wert seien. Zu den Überlegungen gehöre auch, alle Kinder gleich zu fördern und die Höchstgrenze bei Riester über die 2.100 Euro im Jahr hinaus anzuheben.

Der entscheidende Punkt wäre aber, Riester für alle Personen zugänglich zu machen, die Steuern zahlen. Damit stünde Riester auch für alle Selbständige offen. „Das wollen wir in Angriff nehmen“, sagte Brodesser. Am Rande der Veranstaltung sagte Brodesser zu Journalisten, das jetzt besprochene Paket würde am Anfang etwa drei Milliarden Euro im Jahr kosten.

Wenn aber Riester wirklich einen neuen Push erhalten könnte, dann könnten die Mehrkosten im Zeitablauf auch auf sieben Milliarden Euro anwachsen. Dies wäre aber gut angelegtes Geld, das den Staat an anderen Seiten entlasten würde. GDV-Präsident Wolfgang Weiler hatte sich vergangene Woche klar zur derzeit noch bei gut 16 Millionen Verträgen stagnierenden Riester-Rente bekannt und ebenfalls einen Neustart gefordert.

Autor: VW-Redaktion