Von wegen innovationsschwach: Warum das Interesse an Private-Markets-Policen steigt

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Alternative Investments gewinnen weiter an Bedeutung bei der Gestaltung von Vorsorgeprodukten. Unterschiedliche Anlageklassen und Investmentkonzepte schaffen vielfältige Möglichkeiten der Tarifgestaltung. Einer Umfrage zufolge ist das Interesse von Versicherern an derartigen Produkten hoch. Die Anbieter sehen neben den Vorteilen jedoch auch einige Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Ein Gastbeitrag von Christian Eck und Gian Luca Scognamiglio von BNP Paribas.

Die deutsche Versicherungswirtschaft ist durchaus innovationsorientiert. Insbesondere in der Kapitalanlage agieren die Investment-Manager agil. Sie adaptieren Finanzinnovationen und reagieren regelmäßig auf Markt- und Konjunkturentwicklungen. Aber auch regulatorische Entwicklungen und verändertes Nachfrageverhalten der Kunden sind Treiber für Innovation.

Drei Faktoren dominieren dabei die Entwicklung:

  1. Die Zins- bzw. Kapitalmarktentwicklung, die unmittelbaren Einfluss auf die mögliche Rendite von Vorsorgeprodukten hat
  2. Die Diskussion über Produkteffizienz und Value for Money, in der sich verändertes Verbraucherverhalten und Regulatorik widerspiegeln
  3. Geopolitische Veränderungen, die zu einem Umdenken in der Ausrichtung der Anlagepolitik führen

Gesucht sind deshalb Lösungen, die mehrere Ziele verfolgen.

Zum einen geht es um Diversifikation: So kann es im gesamten Vorsorgekonzept sinnvoll sein, traditionellen Anlagenklassen wie Aktien oder Anleihen Investments beizumischen, die von diesen unabhängigen Renditen in Aussicht stellen. Aktien und Anleihen dominieren heute in der Kapitalmarktanbindung von Vorsorgeprodukten, sowohl bei Garantieprodukten wie auch bei fondsgebundenem Angebot. Zum anderen gilt es, die langfristige Perspektive von Vorsorgeprodukten positiv zu nutzen. Hier lässt sich beispielsweise die Illiquiditätsprämie langfristiger Anlagen nutzen, da Investments getätigt werden können, die Zugang zu einem bislang oftmals nur schwer zugänglichen Risiko-/ Renditeprofil ermöglichen. Dass alternative Kapitalanlagen wie Private Equity, Private Credit und Infrastruktur zumindest in der Vergangenheit attraktive Renditen erzielten, zeigt die unten stehende Grafik.

Investments in alternative Kapitalanlagen waren bislang fast ausschließlich institutionellen Investoren vorbehalten. Viele Versicherer tätigen für das konventionelle Sicherungsvermögen bereits seit Jahren Investitionen in alternative Kapitalanlagen. Somit konnten Versicherungsnehmer mittelbar an deren Performance partizipieren. Private-Markets-Policen bieten Versicherungsnehmern nun erstmals die Möglichkeit, direkt an der Performance von alternativen Investments zu partizipieren.

Grafik: Return/Risk-Profil verschiedener Anlageklassen von 2010 bis 2025
Quelle: BNPP

Versicherer erweitern aktuell ihr Produktangebot entsprechend und schaffen sich zugleich Differenzierungsmöglichkeiten vom Wettbewerb. Auch die EU forciert das Thema. So soll die Kleinanleger-Richtlinie (RIS) – allerdings unter restriktiven Bedingungen – mehr Optionen schaffen.

Umfrage bestätigt hohes Interesse

Dass alternative Investments sowie deren verhältnismäßig unabhängigen sowie langfristig positiven Renditen zu einem erhöhten Interesse an Private-Markets-Policen führen, zeigt auch das Ergebnis einer Befragung von Vorständen und Produktverantwortlichen deutscher Lebensversicherungsgesellschaften. Von aktuell rund 20 relevanten Anbietern gaben 11 ihre Einschätzungen zu Relevanz, Herausforderungen und Chancen ab. Damit deckt die Umfrage rund 45 Prozent des relevanten Marktes ab.

Viele Optionen zur Ausgestaltung schaffen Spielraum

Die Möglichkeiten zur Ausgestaltung von Private-Markets-Policen sind vielfältig. Haupt-Stellschrauben sind die genutzten Anlageklassen, die Umsetzungsform der Kapitalanlage und die Produktgestaltung im engeren Sinne, insbesondere die vertriebliche Positionierung über ratierliche Zahlungen oder Einmalbeiträge.

Bislang dominiert Private Equity im Angebot derartiger Policen, wobei Private Debt an Bedeutung gewinnt, zumal es im Hinblick auf mögliche Liquidität leichter handelbar ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ergibt sich aus dem hohen Bedarf an Infrastrukturinvestments. Diese zeichnen sich häufig durch langfristig prognostizierbare Erträge aus und decken zudem auch Möglichkeiten für ESG-kompatible Investments ab. So verweist Uwe Mahrt, CEO der Pangaea Life, beispielsweise auf den massiv forcierten Ausbau von Windkraft in Deutschland, welcher zudem eine Ausweitung der Energiespeicherkapazitäten notwendig macht.

Bei den Durchführungswegen ist zu unterscheiden, ob die Investments in den Bereich der Eigenanlagen fließen, interne Fonds oder Spezialfonds aufgelegt werden. Von wachsender Bedeutung ist auch das Segment der ELTIFs.

Ob Anbieter auf Einmalbeiträge oder laufende Beiträge fokussieren, hängt vor allem von der Vertriebsplanung ab. Einmalbeitragsprodukte erlauben eine gezieltere temporäre Steuerung der Konditionierung, insbesondere, wenn die Veränderungen im Angebot der jeweiligen Anlageklasse hoch und dementsprechend schwer kalkulierbar sind.

Abb.: Bevorzugte Beitragsformen von Private-Markets-Policen

Die Herausforderungen …

Die Herausforderungen bei den genannten alternativen Anlageklassen liegen im Wesentlichen in drei Bereichen:

  1. Liquiditäts- und Veräußerungsrisiken

Alternative Investments sind in der Regel nur außerbörslich und damit eingeschränkt handelbar. Die geringe Liquidität führt zu Veräußerungsrisiken, was die Flexibilität der Versicherungsprodukte einschränkt: Zuzahlungen oder Entnahmen sind oft nur eingeschränkt möglich, Rückkaufswerte werden zeitverzögert oder mit teils hohen Abschlägen versehen oder es entstehen Gebühren für die Bereitstellung und Steuerung von Liquidität.

  • Steuerung der Kapitalabrufe

Die zeitliche Festlegung sowie die Höhe des tatsächlichen Kapitalbedarfs für die einzelnen Ziel-Investments sind schwer planbar. Bei großem Vertriebserfolg lassen sich Gelder möglicherweise nicht schnell genug investieren. Umgekehrt können attraktive Investmentchancen verpasst werden, wenn sich nicht schnell genug ausreichend Beiträge sammeln, die nur kumuliert in alternative Investments investiert werden können. Beide Effekte wirken sich auf die Gesamtverzinsung der Tarife aus.

  • Zins- und Marktschwankungen

Steigende Zinsen können vor allem bei stark fremdkapitalfinanzierten Investments wie im Private Equity-Bereich die Renditen deutlich schmälern. Je nach Bewertungsansatz ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis sich Kapitalmarktschwankungen auf die Bewertung illiquider Investments und damit in den Standmitteilungen niederschlagen.

… lassen sich lösen

Eine mögliche Lösung bietet sich durch eine Aufteilung des Beitrags in klassische illiquide Anlagen und moderne Liquide Alternative Investments. Anstatt einen Teil des Kapitals der Policen in Geldmarktinstrumenten vorzuhalten, können diversifizierte Strategien mit zusätzlichen Performance-Chancen angebunden werden, die komplementäre Korrelationseigenschaften zu illiquiden alternativen Investments aufweisen. Der Fokus kann hier sowohl auf „Performance-Chance“ als auch auf „Absicherung“ spezifischer Risiken (wie Durations- oder Währungsrisiken) liegen, welche sich aus dem illiquiden Basisinvestment ergeben. Eine 20-prozentige Beimischung eines diversifizierten Portfolios unterschiedlicher Strategien kann Liquiditäts- und Veräußerungsrisiken bereits deutlich reduzieren, da die zugrunde liegenden Instrumente börsentäglich handelbar sind.

Auch die Herausforderungen der Kapitalabrufe lassen sich so lösen, da eingenommene Gelder zeitnah rentierlich investiert werden können. Umschichtungen vom liquiden zum nicht liquiden Teil sind dann bei Bedarf flexibel möglich.

Die Erschließung weiterer Anlageklassen für Versicherungsnehmer über illiquide sowie liquide Investments hinweg ist folglich möglich und erscheint in Anbetracht der auf Sicht schwer prognostizierbaren makroökonomischen Lage als intuitiver Bestandteil von Vorsorgeprodukten.

Aktueller Markt und erwartete Entwicklungen

Noch ist der Kreis der Anbieter von Private-Markets-Policen überschaubar. Aber das Interesse ist hoch. Rund die Hälfte der befragten Unternehmen hat Pläne für entsprechende Angebote.

Abb.: Einschätzung der Befragten zur künftigen Bedeutung von Private-Markets-Policen

Geringe Korrelation als Vorteil

Die Anbieter spezieller Fondspolicen sehen überwiegend mittlere bis hohe Relevanz von Angeboten mit alternativen Anlagen für die Altersvorsorge. Hintergrund ist vor allem die geringe Korrelation von Private Markets Investments zu traditionellen Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen bei gleichzeitig angestrebter geringerer Volatilität. 8 von 11 Anbietern sehen dies als wesentlichen Vorteil. Mehrheitlich beurteilen die Befragten auch die Renditechancen als attraktiv.

Abb.: Benannte Vorteile von Private Markets Policen

Fokus Private Equity

Bei den zugrunde liegenden Anlageklassen steht Private Equity im Vordergrund. 9 von 11 Anbietern nennen Private Equity als sehr relevant, gefolgt von je 6 Nennungen bei Private Debt und Infrastruktur.

Abb.: Nennungen zur Relevanz der Anlageklassen

Worin sehen Versicherer die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung bei Private Markets Investments ist nach einhelliger Meinung der Befragten naturgemäß das Liquiditätsrisiko. Üblicherweise wird von den Alternative Managern nur quartalsweise Liquidität gestellt, was bei der Handhabung im fondsgebundenen Geschäft für Herausforderungen sorgt. Zudem sind initiale „Lock-up Perioden“ von bis zu zwei Jahren marktüblich. Hier gilt es, für die in den Versicherungspolicen eingesetzten Spezialfonds oder ELTIFs kostengünstig und effizient zusätzliche Liquidität zu schaffen.

Abb.: Nennungen zu den Herausforderungen von Private Markets Investments

An zweiter Stelle folgen regulatorische Risiken. Hier ist auch die Politik gefordert, stabile und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Neben Liquidität und Regulatorik erfordert der Umgang mit Private Markets Investments eine hohe Expertise. Diese muss der Versicherer selbst intern aufbauen oder sich extern über Kooperationen mit erfahrenen Partnern in die Organisation holen.

Als weitere Herausforderung wird der Einfluss von Zinsen und Spreads auf die möglichen Renditen bzw. Exit Multiples gesehen, was wie zuvor beschrieben über Liquide Alternative Investments gezielt adressiert werden kann.

Bezüglich der Art des Angebots sehen die Vorsorgeexperten einen stärkeren Fokus auf laufenden Beiträgen. Gegenüber Einmalbeiträgen reflektieren diese die oftmals sehr langen Anlagehorizonte alternativer Investments und erlauben das regelmäßige und langfristige Besparen der Tarife.

Fokus auf Value for Money

Die Mehrheit der Befragten beurteilt die Kostenbelastung aktueller Angebote als moderat bis hoch. Wichtig sei hierbei, die Kostenbelastung gegenüber dem Versicherungsnehmer auf ein faires Niveau zu bringen, welches auch bei aktueller Kapitalmarktlage weiterhin attraktive Renditen ermöglicht. Hier sind neben den Versicherern insbesondere die Anbieter von alternativen Investments / ELTIFs gefragt, sowohl laufende Kosten wie etwaige erfolgsabhängige Gebühren wettbewerbsfähig zu gestalten.

Potenzial für mehr Angebote

Dass die noch junge Produktgattung Herausforderungen birgt, wissen auch die Anbieter. Dazu gehört insbesondere die Komplexität der Produkte, die in der Beratung gut vermittelt werden muss. Auch die transparente Darstellung der Wertentwicklung und die mögliche Nutzung in geförderten Produkten erfordern innovative Lösungen. Doch der Vertriebserfolg einiger aktueller Private Markets Policen spricht für sich.

Autoren: Christian Eck und Gian Luca Scognamiglio, Equity Insurance Solutions, BNP Paribas Niederlassung Deutschland