Verwaltung von Riesterverträgen: Wie Versicherer Kosten sparen

Fotos: Wir sind klein/Pixabay
Immer mehr Versicherer ziehen sich aus dem Riester-Neugeschäft zurück und verwalten lediglich die Altbestände. Das kostet Geld, bringt wenig Erträge und bindet Ressourcen, die an anderer Stelle dringend benötigt werden. Zusätzlich steigen die Komplexität und der Beratungsaufwand durch Neuregelungen, wie beispielsweise im Zulageverfahren. Viele Anbieter suchen nach Lösungen, um Prozesse effizient zu
gestalten und Kosten zu senken. Kann Outsourcing Abhilfe schaffen?
Das Interesse an der Riester-Rente schwindet. Ebenso die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge, wie Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zeigen. Vor wenigen Jahren gab es noch rund 16,5 Millionen Verträge in Deutschland. Mittlerweile sind es nur noch 15,6 Millionen. Auch gibt es kaum noch Anbieter mit Neugeschäft. Grund war unter anderem die Absenkung des Höchstrechnungszinses von 0,9 auf 0,25 Prozent zum Stichtag 1. Januar 2022.
Das Bundesfinanzministerium hat zuletzt bestätigt, dass der Höchstrechnungszins für neu abgeschlossene Verträge im Bereich der Lebensversicherungen zum Jahresbeginn 2025 von derzeit 0,25 Prozent auf 1,0 Prozent steigen soll. Ob diese Maßnahme der in Verruf geratenen Riester-Rente zu neuer Beliebtheit verhilft, bleibt abzuwarten.
Herausforderungen bei der Verwaltung von Riester-Verträgen
Auf bestehende Riester-Verträge hat die Einstellung des Neugeschäfts zumindest keine Auswirkungen. Die Verträge gilt es weiterhin zu bearbeiten, die Kunden weiter zu betreuen – und zwar auf Lebenszeit. Ob Beitragsänderungen, hinzukommende oder wegfallende Kinderzulagen oder Veränderungen am Familienstand, die Anbieter müssen innerhalb der bestehenden Verträge laufend Daten an die Lebenssituationen der Versicherten anpassen. Anpassungen, die den Vertragsverlauf und damit auch den Vertragswert beeinflussen, verursachen viele manuelle Bearbeitungsschritte und binden Ressourcen. Gleichzeitig wird es für die Branche zunehmend herausfordernd, qualifiziertes Fachpersonal für die Verwaltung der Riester-Rente zu finden, die als wenig attraktiv und perspektivlos gilt.
Schmerzpunkte in der Praxis sind darüber hinaus die jährlichen Updates der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Die Prozesse im Bestandssystem und insbesondere die Schnittstellen zwischen Bestandssystemen und Systemen zur Zulagenverwaltung müssen immer wieder angepasst werden. Fortlaufende Nachschulungen der Sachbearbeiter sowie hoher IT-Aufwand sind die Folge und bedeuten zusätzliche Kosten.
Zusätzlich steigen Komplexität und Beratungsaufwand. So können Immobilienbesitzer seit dem 1. Januar 2024 für bestimmte energetische Sanierungsmaßnahmen neuerdings auch ihr Riester-Erspartes einsetzen. Dies führt nicht nur zu vermehrtem Beratungs- und Arbeitsaufkommen, sondern auch zu steigender Komplexität der Folgeprozesse, etwa beim Übergang in die Auszahlungsphase oder bei der Abwicklung des Vertrages im Todesfall.
Zudem veröffentlichte die von der Regierung ins Leben gerufene „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ im Juli 2023 ihren Abschlussbericht. Darin schlägt sie vor, private Altersvorsorge-Depots (zum Beispiel mit ETF-Sparplan) ohne Garantieversprechen als neuen offiziellen Weg der Vorsorge zuzulassen und diese ebenfalls staatlich zu fördern. Es ist davon auszugehen, dass viele Kunden sich für einen Anbieterwechsel in das neue Depot entscheiden und es in der Folge auch vermehrt zu Rückfragen zum eigenen Vertrag kommt.
Zulageverfahren: Anbieter müssen altes und neues Verfahren bedienen
Daneben kündigte die ZfA mit ihrer Aussage „Keine Zulagenrückforderungen ab 2025“ an, das Zulageverfahren ab dem Beitragsjahr 2024 grundlegend zu ändern. Bislang wird die Zulage ohne gesonderte Prüfung auf Basis der Angaben aus dem Zulagenantrag gewährt. Erst im Rahmen eines nachträglichen Datenabgleichs werden die Angaben des Zulageberechtigten überprüft. Besteht nach der Prüfung kein Anspruch auf Zulagen, fordert der Anbieter die Zulage zurück. Der Betroffene wird über die Rückforderung durch die vom Anbieter ausgestellte Bescheinigung nach § 92 EStG informiert. Bestehen Einwände gegen die Rückforderung, kann der Betroffene über seinen Anbieter einen Antrag auf Festsetzung der Zulage stellen. Erst dann erstellt die ZfA einen Festsetzungsbescheid.
Zukünftig will die ZfA alle Tatbestände für die Zulagengewährung bereits vor der Auszahlung der Zulagen prüfen. Weicht die ermittelte Zulage von der beantragten Zulage ab, erhält der Zulageberechtigte von Amts wegen einen Festsetzungsbescheid. Die ZfA will so frühen Rechtsfrieden schaffen, stellt die Anbieter aber erneut vor eine große Herausforderung: Der Zulageberechtigte erhält – wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt – ein Schreiben direkt von der ZfA. Der Kunde wird mit großer Wahrscheinlichkeit an seinen Anbieter herantreten, um eine Fehleranalyse zu erhalten und eine zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten. Der Zulagenantrag kann jetzt jedoch nicht mehr durch den Anbieter geändert werden, sondern der Zulageberechtigte muss selbstständig gegenüber der ZfA Einspruch gegen den Festsetzungsbescheid erheben.
Außerdem kann – sofern nicht bereits eine Festsetzung von Amts wegen erfolgt ist – eine Zulage künftig auch auf Antrag des Zulageberechtigten ohne die Einbindung seines Anbieters festgesetzt werden. Der Zulageberechtigte kann den Antrag schriftlich oder elektronisch innerhalb eines Jahres direkt an die ZfA richten. Die Frist beginnt mit der Erteilung der Bescheinigung nach § 92 EStG, die die Ermittlungsergebnisse für das Beitragsjahr enthält, für das eine Festsetzung der Zulage erfolgen soll. Ein solcher Antrag durch den Zulageberechtigten kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn er vergessen hat, eine Kinderzulage zu beantragen. Dies kann dann im Rahmen des Einspruchs gegen den Zulagenbescheid noch nachgeholt werden.
Folgendes Beispiel gibt Einblick in die Komplexität des geänderten Prozesses:
Kunde A beantragt für zwei Kinder die Kinderzulage. Er bekommt diese aber nur für ein Kind gewährt und die ZfA leitet gemäß dem neuen Verfahren direkt das Festsetzungsverfahren ein.
Kunde B beantragt für ein Kind die Kinderzulage, hat aber Anspruch auf die Kinderzulage für zwei Kinder. In diesem Fall bleibt es beim alten Verfahren und der Kunde kann nach dem Erhalt der Bescheinigung nach § 92 EStG innerhalb von zwölf Monaten das zweite Kind im Rahmen des Festsetzungsverfahrens nachmelden.
Kunde A stellt innerhalb von zwölf Monaten nach dem Erhalt der Bescheinigung nach §92 EStG fest, dass er sein drittes Kind im Zulagenantrag versehentlich nicht angegeben hat. Da sich dieser Kunde nun jedoch außerhalb der Frist für einen Einspruch gegen den Festsetzungsbescheid der ZfA befindet, hat er gemäß dem neuen Verfahren nicht mehr das Recht, sein vergessenes Kind nachzumelden.
Wie genau die ZfA hier die beiden Verfahren miteinander verknüpfen wird, um solche Ungerechtigkeiten zu unterbinden, wie das Übergangsverfahren aussehen soll und welche weiteren Folgen dies für die Versicherungen mit sich bringt, ist noch unklar. Die Anbieter werden das alte und das neue Verfahren parallel bedienen müssen. Zu erwarten sind in jedem Fall steigende Komplexität, mehr Kundenrückfragen und im Rückschluss längere Bearbeitungszeiten und Mehrbelastung der Versicherungsmitarbeitenden. Und schon jetzt steht fest, dass mit dem nächsten Release der ZfA im Oktober 2024 im Zuge dieser Umstellung zumindest ein neuer Datensatz eingeführt wird.
Mit Outsourcing Prozesse optimieren und Kosten sparen
Um einer erhöhten Nachfrage vorzubeugen, schlägt der Business-Process-Outsourcing-(BPO)-Spezialist SPS vor, schon bei Eingang des Ermittlungsergebnisses die Ablehnungs- beziehungsweise Kürzungsgründe aus den Datensätzen auszulesen und auszuwerten. Er will proaktiv auf den Kunden zugehen, bevor die ZfA das Festsetzungsverfahren überhaupt einleiten kann. Erfahrene BPO-Dienstleister sind in der Lage, solch einen Prozess nahtlos in ihre bestehenden Riester-Modelle zu integrieren und die notwendige Expertise bereitzustellen. Auf diese Weise lassen sich Fehler im Zulagenantrag frühzeitig erkennen und korrigieren und ein positives Ermittlungsergebnis erzielen. Als angenehmer Nebeneffekt ergibt sich neben der Erhöhung der Zulagen im Bestand eine Verbesserung der Datenqualität.
Generell lohnt sich die Überlegung, alle Prozesse rund um die Verwaltung der Riester-Verträge an einen Business-Process-Outsourcer zu übergeben. Die abnehmenden Riester-Bestände sowie die regelmäßigen Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen führen dazu, dass die Verwaltungskosten der Riester-Verträge kontinuierlich steigen. Outsourcer verfügen über digitalisierte Geschäftsmodelle zur effizienten Abwicklung von Bearbeitungsprozessen, die bereits langjährig erprobt sind und sich je nach Anforderung schnell erweitern oder anpassen lassen. Sie können den gesamten Prozess der Abwicklung rund um die Riester-Rente End-to-End abwickeln: Vom Eingang oder der Anpassung des Riester-Vertrags über die Kommunikation mit den entsprechenden Zulagenstellen bis hin zum fertigen Dokument, das an den Versicherungskunden geht.
Die vollumfängliche Prozessabwicklung führt zu kürzeren Reaktions- und Bearbeitungszeiten, wodurch das Riester-Geschäft weniger kostenintensiv wird. Nicht nur, dass Kunden schnelle Bearbeitungszeiten ihrer Anliegen begrüßen. Durch das Auslagern der administrativen Prozesse können sich Sachbearbeiter auf die individuellen Fragen ihrer Kunden konzentrieren und ihnen als kompetente Partner für ihre Altersvorsorge zur Seite stehen.
Autor: Christian Ott, Director Global Solution Design Insurance bei SPS