Größere Versicherer gewähren tendenziell höhere Überschussbeteiligungen
Wie Altersvorsorgeverträge aus den Bereichen Klassik, Neue Klassik, Indexpolicen und Fondspolicen aktuell verzinst werden und welche Renditen die Kunden erwarten können, untersucht Assekurata in einer aktuellen Studie. Unter anderem kommt die Ratingagentur zu dem Ergebnis, dass das höhere Zinsniveau auch mit Unsicherheiten behaftet ist. Nach der Zinswende im Jahr 2022 haben sich die Kapitalmarktzinsen 2023 auf einem hohen Niveau eingependelt.
Weitere Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) auf mittlerweile 4,5 Prozent haben dazu beigetragen, dass die Zinsen am Kapitalmarkt deutlich gestiegen sind. Gleichzeitig ist die Inflationsrate auf Jahressicht nur leicht von 6,9 Prozent (2022) auf 5,9 Prozent (2023) gesunken. Im Januar dieses Jahres betrug die Veränderung des Verbraucherpreisindex aber nur noch 2,9 Prozent. Parallel zur Inflation sind seit Oktober 2023 auch die Zinsen an den Anleihemärkten wieder zurückgegangen.
„Das im Vergleich zu früheren Jahren erhöhte Zinsniveau wirkt positiv auf die aktuellen Überschussbeteiligungen der Lebensversicherer“, sagt Dr. Reiner Will, Geschäftsführer von Assekurata auf einer Pressekonferenz. „Trotz der aktuell unsicheren Zinsperspektive sind die Deklarationen für 2024 spürbar gestiegen.“
Im Neugeschäft gewähren die Lebensversicherer für klassische private Rentenversicherungen im Durchschnitt eine laufende Verzinsung von 2,46 Prozent (Vorjahr: 2,26 %). Die höchste Verzinsung liegt weiterhin bei 3,00 Prozent. Auch die Bestandstarife profitieren nach Angaben der Ratingagentur von den gestiegenen Kapitalmarktzinsen. Für einen Referenztarif der privaten Rentenversicherung mit Garantiezins 1,25 Prozent hätten 27 Unternehmen die laufende Verzinsung angehoben und neun Versicherer hielten sie konstant. Absenkungen gab es keine. Im Durchschnitt ist die laufende Verzinsung dieser Tarifgeneration um 30 Basispunkte auf 2,42 Prozent gestiegen, der höchste Einzelwert liegt aktuell bei 3,25 Prozent, wird berichtet.
Beziehe man alle klassischen Produktarten und Tarifgenerationen aus der Studie mit ein, so ist die laufende Verzinsung 2024 auf 2,77 Prozent (Vorjahr: 2,61 %) gestiegen. „Marktweit steigt damit die Überschussbeteiligung gegenüber dem Vorjahr stärker an als im Vorjahr“, erklärt Will. Größere Versicherer gewähren laut Untersuchung tendenziell etwas höhere Überschussbeteiligungen, was sich im größengewichteten Durchschnitt von 2,88 Prozent (Vorjahr: 2,73 %) ausdrückt.
Die deklarierte Gesamtverzinsung, die neben den laufenden Überschüssen auch Schlussüberschusskomponenten berücksichtigt, korrespondiert mit der Entwicklung bei der laufenden Verzinsung. Für den Mustervertrag einer privaten Rentenversicherung ist sie im Branchenschnitt auf 3,12 Prozent (Vorjahr: 2,83 %) angestiegen.
„Im Gegensatz zu früheren Jahren kommt bei den meisten Anbietern zum Vertragsende allerdings keine weitere Beteiligung an den Bewertungsreserven mehr hinzu“, berichtet Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. „Hier wirken sich die stillen Lasten der Zinsanlagen in den Büchern der Lebensversicherer unmittelbar aus, wodurch häufig keine zu verteilenden Bewertungsreserven mehr vorhanden sind.“
Vorteile bei Neuer Klassik
Neue klassische Tarife basieren, ähnlich wie klassische Versicherungen, auf einer konventionellen Überschusssystematik sowie dem Ausgleich im Kollektiv und der Zeit. Ein zentraler Unterschied liegt in der Ausgestaltung der Garantien, die im Vergleich zur klassischen Variante niedriger ausfallen und in der Regel endfällig gestaltet sind.
Die meisten Versicherer, die in den untersuchten Tarifen betrachtet wurden, verzichten laut Assekurata darauf, die vollständige Garantie der eingezahlten Beiträge zu gewähren (100 % Bruttobeitragsgarantie). Stattdessen enthalten die Tarife eine reduzierte Bruttobeitragsgarantie, die in der Regel bei etwa 90 Prozent liegt.
Die gestiegenen Zinsen am Kapitalmarkt hätten sich bei der Neuen Klassik ausgezahlt. Bis auf drei Anbieter haben alle die laufende Verzinsung für 2024 teilweise deutlich angehoben. Keine Gesellschaft hat die Deklaration abgesenkt.
Aktuell liegt die laufende Verzinsung der untersuchten Tarife bei durchschnittlich 2,58 Prozent (Vorjahr: 2,19 %) und die Gesamtverzinsung sogar bei 3,31 Prozent (2,89 %). „Damit liegen die Überschussbeteiligungen für neue klassische Tarife über den Werten der Klassik, was angesichts der geringeren Garantien schlüssig ist“, sagt Lars Heermann. „Allerdings fallen hier auch die Effektivkosten in den Produkten im Schnitt etwas höher aus als in der Klassik.“
Noch stärker haben die Lebensversicherer für das kürzer laufende Einmalbeitragsgeschäft auf die gestiegenen Zinsen reagiert. Hierzu hat Assekurata in der Untersuchung festgestellt, dass fast alle Studienteilnehmer bei Rentenversicherungen gegen Einmalbeitrag mit einer 12-jährigen Aufschubzeit mittlerweile dieselbe laufende Überschussbeteiligung gewähren wie bei längerfristigen Rentenversicherungen gegen wiederkehrenden Beitrag.
Dies sei in Zeiten des Niedrigzinsumfelds, als Einmalbeitragspolicen regelmäßig niedriger verzinst wurden, um einer Spekulation gegen den Bestand entgegenzuwirken, noch anders gewesen. Der Zinsanstieg wirke sich bei Einmalbeitragspolicen aktuell noch stärker aus als bei Versicherungen gegen laufenden Beitrag. „Offenbar verfolgen die Lebensversicherer das Ziel, im Zinswettbewerb gegenüber Banken weiterhin bestehen zu können“, glaubt Lars Heermann.
Autor: VW-Redaktion