Maklervertrieb 2028: Das sind die Erfolgsfaktoren in einem dynamischen Umfeld

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Der Maklerkanal durchläuft seit längerem einen massiven strukturellen Wandel. Dieser Trend wird sich fortsetzen und durch den technologischen Fortschritt noch beschleunigen. Die in den einzelnen Segmenten zu beobachtende Veränderung ist allerdings unterschiedlich hoch und erfordert auch von den Versicherern differenzierte Anpassungen. Im Rahmen der Studie NEXT Distribution 2028 hat Roland Berger gemeinsam mit dem Insurtech Hub München (ITHM) einen Blick in die Zukunft gewagt und erwartet folgende Entwicklung der Maklersegmente bis 2028.

Einzelmakler werden durch den immer komplexeren Versicherungsvertrieb zunehmend größeren Herausforderungen gegenüberstehen und daher die (Mehrwert)Dienste der Pools noch stärker nutzen. Auch werden in den kommenden Jahren viele Einzelmakler in Rente gehen und ihre Bestände zumindest teilweise an (digitale) Bestandskonsolidierer verkaufen. Der Marktanteil der Einzelmakler wird zurückgehen.

Pools und Verbünde haben erheblich in digitale Optimierung, Prozessunterstützung und technische Schnittstellen investiert. Diese Investitionen werden – auch aufgrund der teilweise durch PE-Gelder gefüllten Kassen – weiter steigen und in den Aufbau neuer digitaler Unterstützungsangebote für Makler sowie in die Erweiterung der Geschäftsmodelle fließen. Denkbar ist, dass Pools eigene Bestände aufbauen und diese sowohl digital als auch durch angebundene Makler servicieren. Pools könnten sich somit als Bestandskonsolidierer positionieren. Der Anteil der Pools wird weiter stark steigen. Allerdings ist innerhalb des Segments eine anhaltende Konsolidierung zu erwarten.

Finanzvertriebe/Independent Financial Advisors (IFAs) werden ihr Modell konsequent hybridisieren müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben und die Chancen der Digitalisierung für effizientere und effektivere Vertriebsprozesse zu nutzen. Auf diese Weise können sie sich im Wettbewerb um knappe Vertriebsressourcen bestmöglich positionieren. Finanzvertriebe dürften ihren Marktanteil weitgehend halten, werden aber verstärkt nach neuen Einnahmequellen suchen, z.B. durch eine vertikale Ausdehnung der Wertschöpfungskette.

Onlinemakler/Aggregatoren verdanken ihren Siegeszug primär der konsequenten Ausrichtung auf digitale Convenience und hohe Angebotstransparenz. Für langfristigen Erfolg müssen Onlinemakler ihre Prozesse konsequent und unter Einsatz von KI optimieren. Wenn es ihnen gelingt, auf diese Weise einen schwer aufholbaren Wettbewerbsvorteil zu erzielen, werden sie auch für die anstehenden Bestandsverkäufe optimal gewappnet sein, da sie diese günstiger servicieren und effektiver ausschöpfen können.

Das Segment dürfte weiter wachsen, solange eine nachhaltige Differenzierung gegenüber hybriden Modellen gelingt. Langfristig gilt jedoch auch hier das Gesetz der digitalen Märkte, nach dem in der Regel nur ein bis maximal drei Anbieter relevant bleiben.

Im Segment der Mittelstandsmakler gab es bereits in den vergangenen Jahren eine signifikante Konsolidierung, die jedoch nur selten zur notwendigen Vereinheitlichung von Strukturen und Systemen geführt hat. Bis 2028 lässt sich dies nur fortführen, wenn Strukturen und Systeme konsequent nachziehen, da andernfalls mit zu großen „Dissynergies of Scale“ zu rechnen ist. Erwartet wird eine stärkere horizontale Erweiterung der Wertschöpfungsketten (z.B. durch mehr Assekuradeur-Angebote) sowie eine Ausdehnung des Produktangebots über das Firmen- und Industriesegment hinaus in das Retail-Segment. Insgesamt ist von einer weiteren Marktkonsolidierung auszugehen. Durch den Fokus auf neue (Retail-)Kundensegmente wird zudem der Anteil der Mittelstandsmakler weiter steigen.

Um im Maklerkanal und seinen Segmenten erfolgreich zu sein, müssen sich Versicherer durch differenzierte Zusammenarbeit als optimales Pendant ihrer Vertriebspartner positionieren. Bislang verfolgten die einzelnen Segmente sehr unterschiedliche Erfolgsrezepte. So waren im Einzelmaklersegment die Endkundenmarke und die Maklerbetreuung zentrale Faktoren, während bei Pools digitale Schnittstellen und eine Price-Ranking-Optimierung als erfolgsentscheidend galten. Infolge der erwarteten Effizienz- und Effektivitätspotenziale durch die Digitalisierung des Maklerkanals werden künftig andere Faktoren relevant sein. Zwar können Versicherer weiter mit einem überlegenen Produkt- oder Preisangebot punkten; zusätzlich dürfte aber die Einbettung in die vom Vertriebspartner orchestrierte digitale Kundenreise ein wichtiger Wettbewerbsfaktor sein.

Einsatzmöglichkeiten von Avataren durch Maklerpools und die Auswirkungen auf Maklerversicherer. Bildquelle: Roland Berger

Pools bzw. IFAs könnten ihren Vertriebspartnern bis 2028 z.B. personalisierte Avatare bereitstellen, die auf die Portfolio-Versicherer und -Produkte trainiert sind und die Vertragsgestaltung zwischen Pool und Makler kennen. Der Avatar fungiert als Assistent und als Schnittstelle zum Pool; er kann zudem Fragen zur Anbindung und zur technischen Unterstützung klären. Aufgrund seiner Produktkenntnis dient der Avatar auch als Spiegelbild des Maklers beim Kunden und übernimmt unterstützende sowie vertriebliche Tätigkeiten. Der Makler wird dadurch effektiver und generiert mithilfe des Avatars zusätzliches Geschäft. Der Pool profitiert vom Mehrgeschäft über seine Plattform und reduziert den persönlichen Interaktionsbedarf mit den Maklern – eine klassische Win-win-Situation.

Versicherer können sich differenzieren, indem sie ihre Prozesse optimal auf die Interaktion mit den Avataren ausrichten oder sogar KI-Trainingsprogramme zu den eigenen Produkten für die Avatare bereitstellen. Produkte müssen schnell ins Relevant-Set des Avatars gelangen und dafür einfach und schnell anpassbar sein.

Versicherer sollten sich fragen, ob sie für die notwendigen Investitionen in den Maklerkanal bereit sind und in welchen Segmenten sie aktiv sein wollen – zumal hier andere Fähigkeiten und eine andere Positionierung des Unterstützungs- und Produktangebots gefordert sind als an anderer Stelle. Wichtige Antworten kann eine Detailanalyse der zu erwartenden Wachstumsfelder und der notwendigen Positionierung liefern. Da die Vertriebspartnerkonsolidierung Gewinner und Verlierer hervorbringen wird, sollten die Akteure frühzeitig auf die richtigen Karten (und Partner) setzen.

Weitere Perspektiven finden Sie in der Studie „NEXT Distribution 2028: Die Zukunft des Versicherungsvertriebs“, einem Gemeinschaftsprojekt von Roland Berger und dem Insurtech Hub München (ITHM).

Autoren: Claudia Fell, Head of Insurance DACH; Georg Henig, Head of Life & Health Insurance EMEA; beide bei Roland Berger