Allianz gelingt es am besten, deutsche Kunden im Netz zu begeistern

Quelle: Bild von janeb13 auf Pixabay

Die Deutschlandeinheit des Versicherers verteidigt ihren Spitzenplatz als „klarer Sieger“ vor der Huk-Coburg, wie die zweite Auflage der Finnoscore-Studie in Zusammenarbeit mit V.E.R.S. Leipzig ergab. Bemerkenswert daran: Viele traditionelle Versicherer lassen ausgerechnet die Insurtechs in Sachen Digitalkompetenz blass aussehen.

Gemeinsam mit V.E.R.S. Leipzig haben die Analysten von Finnoscore zum zweiten Mal das digitale Kundenerlebnis bei 37 Anbietern aus Deutschland untersucht. Kernfrage: Welche Versicherer schaffen es, ihre Kunden im Netz zu begeistern? Klarer Sieger ist wie im Vorjahr die Allianz Deutschland, gefolgt von der Huk-Coburg. Cosmos Direkt steigt auf den dritten Platz auf und verdrängt den digitalen Versicherer Lemonade auf den fünften Platz. Zusätzlich zu den 37 hiesigen Anbietern wurden 102 Versicherungen aus insgesamt zwölf Ländern in Europa und Nordamerika untersucht.

Die Studienautoren bescheinigen den traditionellen Versicherern speziell für den deutschen Markt „eine hohe und gewachsene digitale Reife“. Neoversicherungen – so das Label der Analysten für die untersuchten digitalen Versicherer – verzeichneten hingegen „einen relativen Rückgang“. Von ihnen schaffte es nur Lemonade unter die Top 5 (siehe erste Grafik).

Quelle: Finnoscore Studie 2023 / Versicherungen

Zwei traditionelle Versicherer konnten sich im Ranking besonders stark hervortun: Die Gothaer und die Nürnberger. Beide hätten ihr digitales Nutzererlebnis in diesem Jahr am stärksten verbessert, heben die Autoren anerkennend hervor, was vor allem an den überzeugenden mobilen Services lag. Die Gothaer verbesserte sich um fünf Plätze, die Nürnberger Versicherung um drei Plätze (siehe zweite Grafik). Eine gegenläufige Entwicklung zeigt sich hingegen bei Getsafe und BNP Paribas (Cardif), die aufgrund niedriger Bewertungen in der Dimension Social Media und ausbaufähiger Omnichannel-Kommunikation ganze 16 beziehungsweise 14 Plätze einbüßen.

Vorneweg also die Allianz mit einem Gesamtscore von 7,08, was zum souveränen und erneuten Gesamtsieg reichte – jedoch etwas niedriger ausfiel als im Vorjahr (7,71). Das war jedoch in erster Linie dem neuen Studiendesign geschuldet, wie die Autoren erklären. So wurden einige Kriterien neu hinzugefügt oder neu gewichtet. Dadurch hätten sich alle Scorings etwas nach unten nivelliert, wie es heißt. Die zweitplatzierte Huk erreicht einen Gesamtscore von 6,53. Dahinter folgen Cosmos Direkt mit 6,18 sowie Axa (6,11) und Lemonade (6,03).

Strauchelnde Insurtechs

Die traditionellen Anbieter profilieren sich gegenüber digitalen Versicherern insbesondere in den Dimensionen Cybersicherheit und Omnichannel-Kommunikation, heißt es in der Studie. Hier glänze hauptsächlich die Allianz, die in beiden Dimensionen Spitzenwerte erzielte. Bemerkenswert sei, so die Autoren, dass traditionelle Versicherer die Neoversicherer im Vergleich zum Vorjahr auch in den Bereichen Innovation und soziale Verantwortung überholten. Die Neoversicherer schlagen die Traditionshäuser und die Direktversicherer nur in wenigen, für ihre Geschäftsmodelle zentralen Kategorien: Im Online-Vertrieb überzeugten die Insurtechs durch klare Preisinformationen und übersichtliche Kundenbewertungen, bei den mobilen Services wiederum mit intuitiven und übersichtlichen Funktionen in der App sowie einem nutzerfreundlichen Design.

Trotzdem: Überrascht hat es die Analysten schon, dass einige Neoversicherer ihrem hohen (Selbst-)Anspruch offenbar nur noch partiell gerecht werden. Auf breiter Front könnten Lemonade und Co. „nicht überall mithalten und verlieren wichtige Ränge“. Insgesamt 480 Kriterien in elf Kategorien wurden im Rahmen der Studie abgeklopft.

Quelle: Finnoscore Studie 2023 / Versicherungen

Speziell Allianz und Cosmos Direkt überzeugten die Tester durch Initiativen für soziale und ökologische Verantwortung. So punktet der Titelverteidiger etwa durch vielfältige Kundenbindungsprogramme. Die Huk erhält ein Sonderlob für ihre übersichtliche Website, die mit einer intuitiven Omnichannel-Kommunikation kombiniert sei. Heißt: Kunden können beispielsweise Datum und Uhrzeit für Kundengespräche genau auswählen. Zudem fallen die Coburger mit ihrer aktiven Social-Media-Präsenz positiv auf (siehe dritte Grafik). Cosmos Direkt erhielt wiederum Applaus für seinen „intuitiv zu navigierenden und übersichtlichen Online-Verkauf“.

In der Dimension der mobilen Services verzeichneten die deutschen Versicherer den größten Punktezuwachs: Im Schnitt erreichten sie im Vergleich zu Versicherern aus anderen Ländern eine überdurchschnittliche Punktzahl von 5,75. In der Kategorie Funktionsumfang (3,87) schwächeln viel Institute jedoch.

Quelle: Finnoscore Studie 2023 / Versicherungen

In der Gesamtbetrachtung bewiesen die Versicherer ihre digitale Kompetenz am deutlichsten mit ihren Websites. „Mit einer Bewertung von 7,30 haben sie in dieser Dimension Höchstnoten erreicht und sich vor allem durch eine exzellente Funktionalität auf den verschiedenen Geräten (9,21) ausgezeichnet“, so das Lob der Fachleute. Auch in der neu geschaffenen Dimension Cybersicherheit erzielen die deutschen Versicherer mit 6,83 eine überdurchschnittlich hohe Punktzahl – insbesondere traditionelle Versicherer, wie die Allianz, gelang es, ihre Sicherheitsmaßnahmen verständlich zu erklären.

Als enttäuschend stuften die Autoren jedoch die Omnichannel-Kommunikation der Branche ein. Diese lasse selbst im Jahr 2023 noch zu wünschen übrig – so ermöglichten nur rund die Hälfte der Versicherer eine Online-Beratung, wie zum Beispiel Livechat oder Videoberatung. Noch dürftiger aufgestellt zeigen sich die Unternehmen bei der Online-Terminvereinbarung, die nur 24 Prozent anbieten.

Besser sieht es bei den Nachhaltigkeitsstrategien aus: In dieser Rubrik zeichnen sich 70 Prozent durch sichtbare Innovationen und soziale Verantwortung aus – etwa, indem sie nachhaltige Produkte anbieten oder auf den Einfluss ihrer Mitarbeitenden setzen. 40 Prozent unter ihnen hätten durch Schulungen oder Freiwilligenarbeit auch sichtbare Verantwortung für soziale Themen in ihrer Region oder Community übernommen, heißt es.

Ausgerechnet: Online-Schadensmeldung „stark ausbaufähig“

Bei einer Kernleistung der Branche melden die Fachleute hingegen weiter Nachholbedarf an: Die Online-Schadensmeldung sei „stark ausbaufähig“, so die Kritik. Dieser besonders kritische Kundenprozess werde von den Gesellschaften im Schnitt „nur partiell gut bedient“. Demnach bieten zwar 62 Prozent die Schadensmeldung entweder auf der Hauptseite an oder nur einen Klick davon entfernt. Mehr als ein Drittel der Versicherer ermöglichten jedoch nur über Umwege einen Zugang zur Online-Schadensmeldung. Mehr noch: Bei über der Hälfte fehle ein benutzerfreundliches Formular, das es Kunden ermögliche, Belege und Dokumente im Falle von Schadensmeldungen direkt hochzuladen oder über einen Chat Schäden zu melden und somit Soforthilfe zu erhalten. Immerhin: Einige Versicherer, darunter auch der Digitalversicherer Lemonade, konnten laut der Autoren auch bei der Online-Schadensmeldung stark punkten.

„Digitalkompetenz zu proklamieren und diese auch tatsächlich zu leben, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Bandbreite an Anforderungen, die der ,Finnoscore Versicherungen‘ zur Analyse der Digital Customer Experience zugrunde legt, zeigt, wie differenziert dieses Kompetenzfeld zu betrachten ist“, kommentierte Prof. Dr. Fred Wagner, Professor für Versicherungsbetriebslehre an der Universität Leipzig, die Studienergebnisse.

Autor: VW-Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

drei × vier =