Papierkram an der Front: Welche Policen Zeitsoldaten brauchen

Erst die Theorie, dann die Praxis: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht auf ihrer Sommerreise in Stetten am kalten Markt beim Artilleriebataillon 295. Bevor es in die Grundausbildung geht, muss der Versicherungsschutz geklärt werden (Bildquelle: Bundeswehr/Julia Dahlmann)

Mit dem Ukraine-Krieg wird auch die Bundeswehr wieder auf Vordermann gebracht. Zeitsoldaten sind eine besondere Klientel, selbst in Friedenszeiten will kaum ein Versicherer diese in der BU absichern. Lediglich drei Anbieter bieten einen Deckungsschutz. Ein Überblick von Philipp Wenzel.

Die Beratung von Soldaten auf Zeit sollte nur ein echter Experte zu diesem Thema übernehmen. Selbstverständlich zum Selbstschutz, denn Soldaten sind bewaffnet und da könnten sich Fehler übel rächen. Aber auch, weil der Zeitsoldat einen sehr speziellen Bedarf hat, der so heute noch nicht mit den üblichen Produkten am Markt passgenau abgedeckt werden kann. Allerdings tut sich gerade was am Markt. Zu den beiden einzigen vernünftigen Anbietern am Markt hat sich jetzt ein dritter gesellt. Deshalb will ich diesen Artikel mal nutzen, um für mehr Passgenauigkeit zu werben. Vielleicht findet sich ja ein Versicherer, der hier einspringen will.

Aber von vorne: Soldaten will in der Berufsunfähigkeitsversicherung kaum ein Versicherer haben. Das leuchtet auch ein, denn die BU-Versicherung zahlt dann, wenn ich meinem Beruf, so wie ich ihn in gesunden Tagen ausgeübt habe, nicht mehr zu mindestens der Hälfte nachgehen kann. Ein Soldat muss körperlich topfit sein und psychisch einiges aushalten, da im schlimmsten Fall sein Leben in Gefahr ist und er auch bereit sein muss, zu töten.

Da der Beruf herausfordernd ist, liegt die besondere Altersgrenze hier beim 53. Lebensjahr. Der Berufssoldat ist ein Beamter und hat die gleichen Ansprüche. Da er aber die 40 Dienstjahre nur erreichen kann, wenn er mit 13 Soldat wird, erhöht sich sein Berechnungsprozentsatz um 12,55625 Prozent. So kann dann ein Berufssoldat, der mit 20 angefangen hat, mit 53 den Höchstsatz von 71,75 Prozent verdienen. Bei Zeitsoldaten ist die Versorgung anders. In meinen Augen ist diese Art der Versorgung sehr inspirierend und sollte so oder so ähnlich auch bei anderen Beamten und Angestellten angewandt werden.

Denn der Soldat auf Zeit bekommt sogenannte Übergangsgebührnisse. Geregelt ist das in §11 des Soldatenversorgungsgesetzes. Wenn ein Soldat zu dem Zeitpunkt der Dienstunfähigkeit vier bis fünf Jahre gedient hat, erhält er für zwölf Monate 75 Prozent seines letzten Soldes. Wer zwischen fünf und sechs Jahre gedient hat, hat Anspruch auf 18 Monate, bei sechs bis sieben Jahren sind es 24 Monate und ab zwölf Jahren sind es 60 Monate. Nun lassen sich viele Fälle denken, in denen der SaZ dienstunfähig ist, aber ohne große Probleme einer anderen Arbeit nachgehen kann. Dann braucht er die Rentenzahlung vielleicht nicht so dringend. Da ist es praktisch, dass die Rente auf Antrag auch als Einmalbeitrag ausgezahlt werden oder bis zu 2 Mal für bis zu 12 Monate aufgeschoben werden kann.

Diese Flexibilität finde ich schon mal sehr, sehr cool! Noch cooler ist, dass die 75 Prozent während einer Weiterbildung oder Umschulung um 25 Prozent erhöht werden. Und der SaZ, der sich auf zwölf Jahre verpflichtet, hat Anspruch auf einen sogenannten Eingliederungsschein, kurz: E-Schein. Mit diesem E-Schein hat der ehemalige SaZ Anspruch auf reservierte Plätze in einer Beamtenlaufbahn. Und wenn er diesen Weg wählt, bekommt er 100 Prozent seines letzten Soldes. Solange, bis er im neuen Amt mehr verdient. Aber maximal für zehn Jahre. Das ist schon ziemlich genial! Es bräuchte nur noch eine Absicherung bei Erwerbsminderung.

Passgenaue Produkte sind noch immer Mangelware

Die privaten Berufsunfähigkeitsversicherer haben diesen Bedarf noch nicht so richtig erkannt. Es gibt eigentlich nur drei Versicherer, die auf die Bedürfnisse des Zeitsoldaten ein bisschen eingehen: Continentale, Bayerische und DBV. Diese drei Versicherer haben schon mal erkannt, dass ein Soldat auf Zeit nur auf Zeit ein Soldat ist. Deshalb gibt es in diesen Tarifen eine Verlängerungsoption. Denn Soldaten kann ich in der Regel nur bis 55 versichern. Länger ist man kein einfacher Soldat. Danach geht es in die Beamtenlaufbahn oder sonst wohin. Dann wäre eine Absicherung bis 67 vielleicht sinnvoll. Daran haben nur drei Versicherer gedacht.

Was bisher keiner hat, ist eine Karenzzeit, die mit der Zeit wächst. Also nach fünf Jahren Laufzeit liegt sie bei zwölf Monaten, nach sechs Jahren dann bei 18 Monaten usw. Es wäre auch ok, man arbeitet mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit zehn Jahren Wartezeit. Denn die E-Schein-Regelung ist ja durchaus eine Alternative. Vorher gäbe es Leistung aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung mit einer wachsenden Karenzzeit. Das wäre ein passgenaues Produkt, das auch deutlich günstiger zu kalkulieren wäre. Eine DU-Klausel ist in meinen Augen nicht so wichtig, da hier die Leistungsfälle doch recht eindeutig ausfallen sollten.

Aber alle Anbieter einer Verlängerungsoption bieten auch die DU-Klausel an. Und sie bestätigen auch in den AVB, dass die Klausel auch für Soldaten gilt. Das ist sehr wichtig. Denn SaZ sind keine Beamten. Sie fallen unter das Soldatengesetz.

Bei wem der Rahmenvertrag der Bundeswehr gilt

Wichtig ist auch, dass Soldaten, die unter den § 63 des Soldatenversorgungsgesetzes fallen, nicht privat versichert werden können. Sie können nur über den Bundeswehrrahmenvertrag versichert werden. Den dürfen nur Rahmenvertragsbeauftragte vermitteln. Für alle anderen Soldaten hat der Rahmenvertrag überhaupt keine Relevanz. Denn auch der Rahmenvertrag schließt aktive Kampfhandlung grundsätzlich aus.

Unterm Strich ist die Versorgung durch den Bund bei Soldaten auf Zeit schon mal nicht schlecht. Ich finde sie sogar sehr bedarfsgerecht, da sie zu Umschulung und Weiterbildung animiert. Und da es derzeit keine Handvoll an Anbietern gibt, wäre es doch an sich leicht für einen Neueinstieger, sich hier zu platzieren, indem man die Lücken von Soldaten auf Zeit passgenau schließt und mit einer Kombination von BU- und EU-Versicherung und Karenzzeiten arbeitet. Wäre nicht so schwierig, finde ich.

Autor: Philip Wenzel, Chefredakteur Worksurance

Ein Kommentar

  • Severin Schmitz

    Das ist aktuell ein sehr wichtiges und auch sensibles Thema. Es ist für unsere Soldatinnen und Soldaten wichtig, dass sie sich bestmöglich absichern können, bevor sie in den Einsatz gehen, aber M. E. nach ist für die Beratung ein hohes Expertenwissen notwendig, wenn darum geht die bestmögliche Absicherung der jeweiligen Soldaten zu finden.

    Der Artikel hier ist grds. gut, aber ich finden folgenden Satz bedenklich „Denn auch der Rahmenvertrag schließt aktive Kampfhandlung grundsätzlich aus“, dies führt meiner Meinung nach eher zur Verunsicherung der Leser. Warum sollten sie sich denn dann überhaupt absichern? Soldaten werden für den Kampf ausgebildet und benötigt, das ist die Grundlage und jede Truppengattung wird an der Waffe ausgebildet.
    Wo die Absicherung des Rahmenvertrages aufhört, greift die Ausfallbürgschaft des Bundes. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch, dass die Soldatinnen und Soldaten zumindest eine private Absicherung getroffen haben.

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