Allianz-Ökonom Subran zur Frankreich-Wahl: „Die Krise bringt leider das Schlechteste aus dem Leviathan-Staat hervor“

Frankreich hat einen neuen Staatspräsidenten. Quelle: Bild von ericniequist auf Pixabay

Frankreich hat gewählt und einen neuen Präsidenten: Das alte – und neue Staatsoberhaupt – Emmanuel Macron bleibt für weitere fünf Jahre im Amt. Politisch dürften die meisten Staats- und Regierungschefs wohl erleichtert über den Wahlausgang sein. Allianz-Chefökonom Ludovic Subran warnt allerdings vor den wirtschaftlichen Folgen des Wahlsieges.

„Die Krise bringt aus wirtschaftspolitischer Sicht im Moment leider das Schlechteste aus dem Leviathan-Staat hervor. Wir erleben in Frankreich gerade die Rückkehr des starken Staates, weg von der sozialen Marktwirtschaft hin zu einem paternalistischen Interventionismus, der längst überwunden zu sein schien“, konstatiert der Ökonom im Interview mit der Welt. „Das Problem ist, dass viele Bürger tatsächlich der Illusion anhängen, der Staat würde für sie alles regeln. Wenn sich dann nach den Wahlen herausstellt, dass das nicht so ist, droht eine Vertrauenskrise. Dann könnte es erneut zu großen sozialen Protesten kommen. Das Risiko ist ganz klar da“, warnt Subran.

„Die Krise bringt aus wirtschaftspolitischer Sicht im Moment leider das Schlechteste aus dem Leviathan-Staat hervor. Wir erleben in Frankreich gerade die Rückkehr des starken Staates, weg von der sozialen Marktwirtschaft hin zu einem paternalistischen Interventionismus, der längst überwunden zu sein schien.“

Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz

Zudem habe Frankreich „eine Magic-Money-Kampagne geführt, egal welchen Kandidaten Sie anschauen: Geld ist wie von Zauberhand geschaffen immer da und kann ausgegeben werden, um die Bürger vor der Unbill der Welt zu schützen. Egal ob es sich um die Pandemie oder den Krieg im Osten handelt. Verschuldungsregeln, Haushaltskontrolle, all das spielt keine Rolle.“

Außerdem finde im Nachbarland „nicht einmal eine Debatte darüber statt, auf welche Zukunfts-Investitionen man verzichten muss, wenn man das Geld mit vollen Händen für die Krisenabwehr ausgibt. Gleichzeitig hat sich Macron wie gesagt als wichtiger Gestalter für Europa etabliert. Die Saat, die er pflanzt, dürfte Deutschland auf Dauer nicht gefallen“, konstatiert der Chefvolkswirt der Allianz.

Ein Beispiel dafür sei der EU-Wiederaufbaufonds nach der Corona-Krise, die Macron ins Spiel gebracht habe. „Für Deutschland sind diese gemeinsamen EU-Schulden eine einmalige Ausnahme, für Frankreich sind sie ein Beginn. Es sollte in Deutschland daher niemanden überraschen, wenn der wiedergewählte Präsident Macron in naher Zukunft eine Änderung der europäischen Fiskalregeln vorschlagen wird. Ein klares Bekenntnis zu den Maastricht-Regeln, wie Macron es 2017 noch formuliert hat, habe ich in diesem Wahlkampf von ihm jedenfalls nicht mehr gehört“, warnt Subran.

Zu den prominentesten Wählern gehört übrigens auch Axa-Vorstandschef Thomas Buberl: Zum ersten Mal, seit er die französische Staatsbürgerschaft angenommen hat, gab er bei einer Wahl in Frankreich seine Stimme ab. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen sprach Buberl in einem Interview mit dem Handelsblatt von einem Wahlkampf, bei dem es schwer sei vorherzusagen, was genau passiere.

Marie Le Pen tritt ganz anders auf und konzentriert sich auf das Thema Kernkraft. Macron kann wegen des Krisenmanagements im Ukrainekonflikt kaum Wahlkampf machen.“ Es gebe Kandidaten wie Eric Zemmour, der erst viel Erfolg hatte und dann wieder in Umfragen abgefallen sei. Der Axa-Chef sieht Frankreich als eine tragende Säule in Europa. Das sei mit der Person von Emmanuel Macron verknüpft. „Europa wird noch auf viele Proben gestellt werden, in dem die EU unbedingt zur Einigkeit finden muss.“

Autor: VW-Redaktion

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