„An Versicherer werden hochkomplexe regulatorische Anforderungen gestellt, auch in der Kapitalanlage“

Warum sind die Lebensversicherer Fondsmuffel und welche Spezifika gelten für sie in deren Anlageverhalten? Entsprechende Antworten darauf hat Kristina Mentzel, Leiterin Vertrieb Deutschland bei Wealthcap, im Gespräch mit VWheute.
VWheute: In jeder Studie zu institutionellen Anlegern dasselbe Bild: Die Niedrigzinsen belasten, die Antwort ist Betongold. Wie lange kann am Immobilienknopf noch gedreht werden, bevor er abfällt?
Kristina Mentzel: Nach unserer Erhebung sind Immobilien ein Teil der Antwort, die insgesamt aus einem diversifizierten, risikoadjustierten und zukunftsorientierten Portfolio bestehen sollte. Real Assets allgemein und Immobilien im Besonderen sollten nach unseren Untersuchungen ein Teil davon sein. Der Spread zu einer Zinsalternative ist, trotz hoher Nachfrage nach Immobilien, auch weiter hoch.
VWheute: Anlagechancen bieten die „Megatrends“ Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Demografie? Das ist sicher richtig aber sehr allgemein, was bedeutet das konkret?
Kristina Mentzel: Wir haben fast 500 institutionelle Investoren befragt, von welchen Trends ihr Investmentportfolio ihres Erachtens am meisten profitieren kann. Die jeweiligen Investments müssen zur individuellen Strategie und der Asset Allocation des Investors passen.
Ein Beispiel: Im Bereich der Immobilieninvestments beobachten wir eine wachsende Nachfrage nach ESG-konformen Assets. Das reicht von Solarpanels zur Stromversorgung auf Logistikhallen bis zu Bürogebäuden, die vollständig aus nachhaltigen Materialien wie Holz bestehen. Digitalisierung kann, um beim Beispiel der Büroimmobilie zu bleiben, im Objekt selbst durch smarte Lösungen zum Energieverbrauch beginnen, aber auch die Mieter selbst umfassen, die ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell in diesem Bereich abdecken. Von Demografie können Investoren im Immobilienbereich beispielsweise durch Investments in Gesundheitsimmobilien profitieren. Das ließe sich für andere Assetklassen fortsetzen und kann schlussendlich in einer elaborierten Investmententscheidung münden.
VWheute: Welche Vorteile bieten Fondsstrukturen gegenüber Direktinvestments in welchen Bereichen?
Kristina Mentzel: Vorteile bieten sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette: von der Auswahl und dem Ankauf der Assets, über das Management der Immobilie und der Mieter bis zum renditeoptimierten Exit. Viele größere institutionelle Investoren können diese komplexer werdenden Aufgaben inhouse abdecken, andere möchten diese Ressourcen nicht im Unternehmen auf- oder ausbauen. Viele Investoren lagern dies aus Kosten- und Risikogründen bewusst an einen Real Asset- und Investmentmanager aus, der über einen langjährigen Track-Record im Investment-, Asset- und Portfoliomanagement verfügt.
Konkret bedeutet das beispielsweise, dass die Anforderungen an die Asset-Management-Kompetenz bei Bestandsgebäuden immer weiter steigt und auf dem eigenen Buch hohe Kosten erzeugen würde. Ebenso wird Mieter- und Vermietungsmanagement zunehmend kosten- und ressourcenintensiver.
Direktinvestments sind zudem häufig nicht in sich diversifiziert. Das betrifft Diversifikation sowohl über Assets als auch Mieter. Gerade bei Direktinvestments neigen institutionelle Investoren zum Home Bias, da sie vor Ort unter anderem natürlicherweise die Märkte am besten einschätzen können.
VWheute: Warum sind die Lebensversicherer Fondsmuffel?
Kristina Mentzel: Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Grundsätzlich haben auch Lebensversicherungen ihre Immobilienquoten zuletzt deutlich erhöht. Hinter dem Aufbau der letzten fünf Jahre steht ein Investitionsvolumen von fast 30 Mrd. Euro. Als volumenstärkste Kategorie in unserer Studie entspräche eine weitere Erhöhung dieser Quote um nur ein Prozent einem Volumen von weiteren zehn Mrd. Euro.
Unsere Untersuchung der Asset Allocation von Lebensversicherungen deutet auch nicht darauf hin, dass indirekte Investments über Fonds gescheut werden. 2020 befanden sich bei dieser Investorengruppe in Deutschland knapp 600 Mrd. Euro in direkten Kapitalanlagen. Mehr als 407 Mrd. Euro hingegen in Fondsanlagen.

Nach unserer Umfrage mit dem Marktforschungsinstitut Civey halten 56 Prozent Fondsstrukturen für ein geeignetes Resilienz-Instrument und investieren auch unter Diversifikationsaspekten in Mehranlegerfonds.
VWheute: Welche Spezifika haben Lebensversicherer bei ihrer Anlage?
Kristina Mentzel: An Versicherungen werden hochkomplexe regulatorische Anforderungen gestellt, auch in der Kapitalanlage. Hier steht insbesondere das Versicherungsaufsichtsgesetz im Fokus. Unter anderem spielt die Risikobewertung der jeweiligen Assetklasse eine wesentliche Rolle bei der Auswahl / Festlegung der Investmentstrategie und damit der Beteiligung. Vor allem volatile Assets stellen bei der Kapitalanlage eine Herausforderung für sie dar. Sachwerte passen daher grundsätzlich zur Investorengruppe.
Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.