hepster-CPO Hornung: „Eingebettete Versicherungslösungen werden Marktanteile umverteilen“

Alexander Hornung, Mitgründer und CPO von Hepster.

Embedded-Insurance-Lösungen (EI) bieten Anbietern und Kunden zahllose Möglichkeiten. So können mittels Datenflüssen die Schadenmeldung und -regulierung effizient gestaltet werden, erklärt Alexander Hornung, Mitgründer und CPO von hepster. Die EI-Option wird den Versicherungsmarkt verschieben, ist er sich sicher. Warum er, wie offenbar jedes Insurtech, nach Österreich gegangen ist, warum hepster erst verhältnismäßig spät in die Tierkranken eingestiegen ist und was er plant, erklärt er im ausführlichen Gespräch.

VWheute: Jeder Versicherer legt aktuell eine Tierkrankenversicherung (TKV) auf. Ist hepster am Puls der Zeit oder spät dran; warum ist Ihr Angebot besser als das der Mitbewerber?

Alexander Hornung: In deutschen Haushalten leben derzeit etwa 10,7 Millionen Hunde und 15,7 Millionen Katzen. Doch nicht einmal 10 Prozent der Tierhalter versichern ihre Haustiere. Doch es hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Hund und Katze sind längst nicht mehr nur Nutztiere, Hofwächter oder Mäusefänger – sie sind feste Familienmitglieder und geliebte Freunde, für die die Menschen bereit sind, entsprechendes Geld auszugeben.

Seit etwas mehr als einem Monat bieten auch wir bei hepster nun eine umfängliche Katzenkrankenversicherung und eine kostengünstige Katzen-OP-Versicherung. Weitere Tierkrankenversicherungen, zum Beispiel für Hunde und Pferde, werden folgen. Grundsätzlich könnte man sagen, dass wir damit schon etwas spät dran sind – unser Ansatz ist es jedoch, Versicherungsprodukte nach den Bedarfen und Trends unserer B2B-Partner zu entwickeln. Die Katzenversicherungen sind zwar über unseren Onlineshop sowie über Vergleichsportale wie CHECK24 buchbar, der Fokus liegt jedoch auf der Integration in die Geschäftsprozesse bestehender und neuer Partner.

Bei der Produktentwicklung war es uns wichtig, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Dafür haben wir im Vorfeld viel recherchiert und nachgefragt. So wurde schnell deutlich, dass wir Katzenhaltern einen Versicherungsschutz unabhängig von der Rasse oder Vorerkrankungen ermöglichen wollen. Unsere Versicherungen bieten den klaren Vorteil, dass trotz einer bestehenden Vorerkrankung die Katze problemlos versichert werden kann. Wir lehnen keine Katze ab. Einzig die jeweilige Vorerkrankung und dazugehörige Behandlungen sind von der Leistung ausgeschlossen.

Kunden profitieren darüber hinaus von einer direkten Abrechnung mit dem Tierarzt oder der Tierklinik und haben gleichzeitig freie Tierarzt- und Klinikwahl. Selbst die Inanspruchnahme sogenannter Telemedizin, d.h. eines digitalen Tierarztes per Videochat fast rund um die Uhr, ist inbegriffen. Ein weiterer entscheidender Vorteil: Der Versicherungsbeitrag bleibt auch mit steigendem Katzenalter stabil. Entscheidend hierfür ist das Eintrittsalter bei Versicherungsabschluss. Wer somit ein Kitten im Alter von zwölf Wochen mit der hepster Krankenversicherung absichert, profitiert während der gesamten Versicherungslaufzeit von einem gleichbleibenden, kalkulierbaren und günstigen Beitrag.

Die hepster Katzenversicherungen gibt es gewohnt flexibel in verschiedenen Tarifen, sodass Tierhalter den gewünschten Schutz individuell für ihre Katze wählen können.

VWheute: Bieten Sie die TKV im Rahmen der bei hepster beliebten „Embedded Insurance (EI)“ an. Wie sehen Sie die Entwicklung bei den „eingebetteten“ Produkten branchenweit und bei sich?

Alexander Hornung: Wie bereits eingangs erwähnt, liegt unser Fokus immer auf der Entwicklung von Versicherungsprodukten für bestehende und neue Partner sowie der Integration bzw. Einbettung in ihre Geschäftsprozesse. Auch bei den Tierkrankenversicherungen verfolgen wir diesen Ansatz und sehen hier die große Chance für ein perfektes Aufeinandertreffen der Bedarfsbefriedigung von Partnern und Kunden.

Bezahlbare, relevante und personalisierte Versicherungsprodukte, die mittels Daten und Technologie nahtlos und unkompliziert von Nicht-Versicherungsunternehmen direkt an die Endkunden verkauft werden können – so lautet eine Definition von „Embedded Insurance“ bzw. „eingebetteten Versicherungen“. Für uns ist dieser Ansatz definitiv die wichtigste Entwicklung der letzten und auch kommenden Jahre – in Deutschland und darüber hinaus. Simon Torrance spricht in seinem beachtenswerten Artikel von einem 3-Billionen-Dollar-Markt.

Im Grunde genommen sind eingebettete Versicherungen für uns ein alter Hut und von Beginn an Kern unseres Geschäftsmodells. Wir sind 2016 mit hepster an den Start gegangen, um die Versicherungsbranche mit „Add-On-Versicherungen“ – wie wir sie damals nannten – aufzumischen. Mit unserem API-gesteuerten Ökosystem sowie unseren digitalen und serviceorientierten Lösungen können wir es Unternehmen aller Branchen ermöglichen, bedarfsorientierte und individuelle Versicherungen in ihre Angebote zu integrieren.

Seit 2017 konnten wir so bereits über 1.000 Partner und mehr als 100.000 Kunden mit über 300 maßgeschneiderten Versicherungsprodukten von uns überzeugen und sind mittlerweile ein wichtiger Akteur auf dem europäischen Versicherungsmarkt.

Wir sind überzeugt, dass eingebettete Versicherungslösungen das schaffen werden, wovon viele Insurtechs seit Jahren sprechen: Marktanteile in der Versicherungsbranche umzuverteilen. Es bleibt nur noch die Frage, wer sie sich am Ende sichert.

VWheute: Ist EI Ihr Ansatz, um sich langfristig am Markt zu platzieren, welche Möglichkeiten und Risiken sehen Sie dabei?

Alexander Hornung: Kurz und knapp gesagt: Ja.

Immer mehr Unternehmen legen großen Wert darauf, nicht nur die allgemeine Kundenzufriedenheit zu steigern, sondern auch die oft komplexen Bedürfnisse ihrer Kunden durch passgenaue Lösungen zu erfüllen. Zusatz-Services wie passende Versicherungsangebote treffen genau dieses Kundenbedürfnis innerhalb der Customer Journey, schaffen zusätzliche Einnahmequellen für Unternehmen und erhöhen gleichzeitig das Vertrauen in die jeweilige Marke.

Mit unserem vollintegrativen Ansatz der Embedded-Insurance-Lösungen bieten wir somit neue Vertriebsmöglichkeiten und Lösungen für Händler, Hersteller und Service-Anbieter insbesondere in den Bereichen Mobilität, SmartHome und IoT, aber auch für Versicherungsunternehmen und weitere Insurtechs.

Gleichzeitig bietet eine moderne IT-Infrastruktur zukünftig die Chance, die Datenanalyse und Risikoberechnung zu verbessern, sodass die Versicherungsprodukte kontinuierlich optimiert, neu kalkuliert und immer besser an die Bedürfnisse der Endkunden angepasst werden können.

Versicherungsunternehmen müssen sich jedoch bewusst sein, dass sich der Kontakt zum Kunden durch das eingebettete Angebot beim Partner verändert. Das Risiko: Marken treten vor den Consumer Brands in den Hintergrund und verlieren Awareness. Hier gilt es durch gute Produkte und vor allem exzellenten Service zu überzeugen. Die Chance, zukünftigen Generationen genau die Art von Versicherungen anbieten zu können, die ihrem Konsumentenverhalten entspricht und auf diese Art signifikante Marktanteile zu generieren, sollte diesen Rückgang an Brand Awareness aus unserer Sicht jedoch mehr als wettmachen.

Hinzu kommen die Möglichkeiten, mittels der Datenflüsse nicht nur die Buchung, sondern vor allem die Schadenmeldung und -regulierung bis ins letzte Detail effizient gestalten zu können. Keine „One size fits all“-Policen mehr, in deren Kohorte die breite Masse für die hohen Schadenkosten aufkommen muss.

VWheute: Ein weiterer Trend bei Insurtechs ist derzeit die Expansion – speziell Österreich. Ihr Platz direkt am Meer prädestiniert Sie doch für solche Pläne.

Alexander Hornung: Deutschland ist das „Land der Versicherten“, dennoch sieht man eine steigende Nachfrage in anderen (europäischen) Ländern. Daher sind wir bereits im Jahr 2020 trotz Corona den Weg nach Österreich gegangen und haben dabei von unserem Embedded-Insurance-Ansatz profitiert.

Wir konnten seitdem eine Vielzahl an neuen Kooperationspartnern von unseren Versicherungsleistungen überzeugen. Zu den Partnern zählen unter anderem Bründl Sports, Bikepalast, Bikequadrat, E-Bike Premium und Fitstore24. Bestehende Kooperationen, wie mit Greenstorm Mobility, wurden zudem neu fokussiert und entsprechend den Kundenbedürfnissen optimiert.

Gleichzeitig erweitern wir stetig unseren Vertrieb in Richtung Makler: Erst kürzlich konnten wir die Kooperation mit dem digitalen Versicherungsmanager Clark in Österreich bekannt geben. Bereits seit Frühjahr 2020 können die hepster-Produkte über die Spektrum Versicherungsmanagement AG gebucht werden. Nun folgt eine Anbindung der Maklergruppierung der Safe7.

Als letzten Schritt werden wir noch in diesem Jahr über unseren Onlineshop unsere Versicherungen direkt für den österreichischen Endkunden anbieten. Dieser Vertriebskanal bleibt Bestandteil unserer strategischen Ausrichtung, um neue Produkte und Features in Echtzeit testen und anschließend für unsere Partner und ihre (österreichischen) Kunden kontinuierlich optimieren zu können.

VWheute: Einige Insurtechs bekommen Millionen hinterhergeworfen, andere gehen den Weg alles Irdischen. Wie schaut es bei hepster aus und wie bewerten Sie die Entwicklungen am deutschen Insurtech-Markt?

Alexander Hornung: Die Versicherungsbranche steckt mitten in ihrer digitalen Transformation. Für tradierte Versicherer, aber vor allem für Insurtechs ergeben sich neue Formen der Zusammenarbeit und Kundengewinnung, aber auch der Prozessoptimierung.

Daher ist es nicht unerwartet, dass die Investments in Insurtechs seit Jahren steigen. Hierbei ist jedoch auch ersichtlich, dass mitunter verschiedene Ansätze im Versicherungsvertrieb auftreten. Am Ende haben sich einige Marktbegleiter verkalkuliert im Hinblick auf die Skalierbarkeit ihrer Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit ihren Unit Economics. Gerade der Direktvertrieb konnte sich als Geschäftsmodell bei den Insurtechs und Neoversicherern bis dato nicht durchsetzen.

Wir selbst haben zu jedem Zeitpunkt großen Wert und Fokus auf Effizienz im Umgang mit Ressourcen gelegt (legen müssen, wenn man ehrlich ist), das macht uns heute für Investoren sehr attraktiv. Der „Weg alles Irdischen“, wie Sie es treffend formuliert haben, war für uns am Ende also genau der Richtige. Wir werden weiter unsere Strategie des Plattform-Geschäftsmodelles verfolgen und skalieren.

VWheute: Was planen Sie in naher und nicht ganz so naher Zukunft – VWheute können Sie es verraten.

Alexander Hornung: Wir denken die gesamte Customer Journey durch Embedded Insurance neu und sichern Risiken bereits ab, bevor sie überhaupt entstehen. Dafür nutzen wir sämtliche Synergien der bestehenden Wertschöpfungsketten und optimieren sie durch unsere digitalen Prozesse. Alle Anforderungen und Kundenwünsche der Zielgruppe werden somit nicht nur berücksichtigt, sondern ganzheitlich inkludiert.

Die Zukunft verspricht so einiges für hepster im Speziellen und die Versicherungsbranche im Allgemeinen. Wir bereiten momentan den Eintritt in einige neue Märkte in Europa vor, um mittel- bis langfristig unsere Position als Vorreiter im Bereich „Embedded Insurance“ europaweit zu festigen. Wir können hier bereits viele Erkenntnisse aus dem Markteintritt in Österreich ziehen.

Zudem arbeiten wir kontinuierlich am Ausbau und der Weiterentwicklung unserer eigenen Plattform, um entlang der gesamten Customer Journey sowohl für unsere Partner als auch unsere Kunden reibungslose Abläufe zu ermöglichen. Das betrifft auch unser Partnerportal, das neue wichtige Features erhalten wird, die vor allem Themen wie Schadenabwicklung, Reporting oder Abrechnung betreffen. Digitale Services spielen dabei eine zentrale Rolle, um diese Prozesse schlank und effizient und dennoch kundenorientiert zu gestalten.

Auch technische Anbindungsmöglichkeiten in andere Plattformen stehen auf der Agenda, um die Zusammenarbeit mit neuen Partnern und die Einbettung der Versicherungsprodukte noch einfacher zu ermöglichen. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der technischen Schnittstellen schaffen wir gleichermaßen eine Skalierbarkeit aller Prozesse.

Ein paar neue Produkte wird es im kommenden Jahr natürlich für unsere Partner auch geben 😉 Hierbei setzen wir weiter auf unsere Stärken: individuelle Versicherungsbausteine, flexibel kombinierbare Leistungen sowie die Integration und den Ausbau von relevanten Features und Services.

Die Fragen stellte Maximilian Volz