Chinesisches Fintech „Wassertropfen“ geht an die New Yorker Börse

Alte Rentner von einem Lokaltheater in der ostchinesischen Stadt Suzhou. Shuidi will auch finanzschwachen Rentnern bei schweren Erkrankungen unter Armen greifen. Quelle: hy

Obwohl manche US-Politiker politisch auf Distanz zu China gehen, wollen chinesische Unternehmen in den wirtschaftlichen Beziehungen weiter an den USA kleben bleiben. Ein Beispiel liefert jetzt ein chinesisches Start-up namens Shuidi. Mitte April hat das Unternehmen aus Peking der US-Finanzaufsicht SEC den Antrag auf Notierung an der New York Börse eingereicht.

Mit dem Börsengang wollen die Jungunternehmer etwa 100 Mio. US-Dollar einsammeln. Das Konsortium besteht ebenfalls aus großen US-amerikanischen Finanzinstituten wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und Merrill Lynch. Das Unternehmen Shuidi – auf Deutsch Wassertropfen – wurde in 2016 gegründet. „Wassertropfen“ deutet im Chinesisch die alte Wendung „Wassertropfen können Steine löchern“ an. Gerade mit diesen Gedanken von Hartnäckigkeit hat man zuerst mit zwei Geschäftseinheiten Shuidichou (Wassertropfen Sammeln) für Spendenbeschaffung und Shuidi Huzhu (Wassertropfen Einanderhilfe) für gegenseitige Hilfe für Dread Disease-Behandlung angefangen.

Shuidichou ist eine Spendenplattform mit dem Zweck, armen Leuten bei teuren medizinischen Behandlungen von schweren Krankheiten finanziell unter die Arme zu greifen. Auf der Shuidi-Plattform konnten Bedürftige oder deren Helfer Aufrufe für Spenden für medizinische Behandlungen veröffentlichen. Nach eigenen Angaben von Shuidi sollen seit der Gründung bis zum Ende 2020 ca. 340 Mio. Menschen insgesamt 37 Mrd. Yuan Spenden (umgerechnet ca. 4,7 Mrd. Euro) zur Verfügung gestellt haben, die 1,7 Mio. finanziell schwachen Schwerkranken zugutegekommen sein sollen.

Shuidi Huzhu hat bis zum März 2020 knapp über 100 Mio. Mitglieder. Mit umgerechnet 1,15 Euro konnte man schon Mitglied werden. Je nach der Höhe des Beitrags konnte in Fall von einer Dread Disease eine Leistung bis zu 38.000 Euro gewährt werden. Bislang sollen 223 Mio. Euro an 16.000 Familien als Unterstützung für Behandlung von Schwerkrankheiten ausgezahlt worden sein. Im März 2021 hat Shuidi erklärt, diese Geschäftseinheit einzustellen. Die bestehenden Mitglieder sollen beitragsfrei noch für ein Jahr mit bis zu 64.000 Euro im Bedarfsfall unterstützt werden können. Als Grund nennt man, dass dieses Geschäft zu der bestehenden Versicherungsvermittlung nicht passe.

In der Tat hat Shuidi noch eine Plattform für Versicherungsvermittlung namens Shuidi Bao (Wassertropfen Versicherung), die in 2017 gegründet wurde. Derzeit arbeitet Shuidi Bao mit 62 Versicherern zusammen. Dabei geht es nicht um ein normales Vermittlungsgeschäft, sondern vielmehr um Vermittlung von extra für die Kunden von Shuidi entwickelten Kranken- und Lebensversicherungen.

Shuidi hat sich auf die Fahne geschrieben, die am besten geeigneten Versicherungsangebote für seine Kunden herzuholen. Das Geschäft wächst rasant. Im Jahr 2018 wurden an 1,70 Millionen Kunden Versicherungspolicen vermittelt. In 2020  waren es bereits 19 Millionen Kunden. Das Provisionsvolumen aus dem Neugeschäft steigt von 123 Mio. Euro im Jahr 2018 auf 1,78 Mrd. Euro im Jahr 2020.

Die Entwicklungsstrategie von Shuidi erweist sich als clever. Man macht sich zuerst gute Namen durch das als gemeinnütziges Sozialengagement geprägte Geschäft für Spendensammeln. Erst dann stieg man in das Versicherungsgeschäft ein, das sich im Gegensatz zu anderen gewöhnlichen, ja ideenarmen Versicherungsmaklern schnell in die Höhe katapultiert. 

Seit seiner Gründung konnte Shuidi immer wieder in mehreren Finanzierungsrunden verschiedene Investoren für sich gewinnen. Zuletzt haben Internetgigant Tencent, Swiss Re und die mächtige staatliche Fondsgesellschaft China Capital Investment Group Geld in Shuidi gesteckt. Mit dem Geld, das Shuidi in New York einsammeln will, möchte das Unternehmen die Geschäfte von Gesundheit und Krankenversicherung erweitern. Zwar fällt das erwartete Kapital von 100 Mio. Dollar eher bescheiden aus, doch kann dahinter wieder das gleiche Konzept stehen: Zuerst einen Namen machen, dann irgendwann eine neue größere Offensive angehen.

Autor: Heng Yan

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