Peter Wesselhoeft: „Kunden haben kein Verständnis mehr für Preiserhöhungen“

Peter Wesselhoeft. Quelle: GGW Holding

„Corona dürfte nach meiner Einschätzung keine wesentlichen Auswirkungen auf den Bedingungsumfang der einzelnen Industrieversicherungssparten haben“, konstatiert Peter Wesselhoeft. Im Exklusiv-Interview mit dem E-Vertriebsmagazin Der Vermittler skizziert der Gesellschafter der Gossler, Gobert & Wolters Holding GmbH die Zukunftsszenarien für die Industrieversicherung.

VWheute: In den vergangenen zwei Jahren sind die Preise in der Industrieversicherung stark gestiegen. Haben Kunden dafür Verständnis?

Peter Wesselhoeft: Anfangs ja. Mittlerweile nicht mehr, da der gegenwärtige Preiszyklus zumindest in der industriellen Sachversicherung mittlerweile schon vier und nicht erst zwei Jahre anhält. Und der Aufwärtsdruck auf die Prämien verstärkt sich kontinuierlich, war insbesondere 2020 massiv. Zur Sachversicherung gesellen sich jetzt auch die Sparten D&O und Cyber. In beiden Sparten herrschte bis vor zwei Jahren noch ein intensiver Preis- und Bedingungswettbewerb.

Diese Preiserhöhungen treffen auf eine – auch durch, oft aber schon vor Corona – häufig stark angespannte Ertragslage der Unternehmen, konterkarieren ihre Bemühungen ihre Kostenseite unter Kontrolle zu bekommen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die verfügbaren Kapazitäten in immer mehr Wirtschaftssparten zunehmend austrocknen, Deckungsschutz immer schwerer und/oder nur mit großen
Selbstbeteiligungen verfügbar ist.

Für uns Makler ist die Situation außerordentlich anspruchsvoll, da das Verhalten der Versicherer regelmäßig als willkürlich empfunden wird. Hier hilft nur eine größtmögliche Transparenz, um das Vertrauen aufrechtzuerhalten und zumindest ein begrenztes Verständnis für die Marktsituation zu erreichen. Mittel- und langfristig tun sich die Versicherer aber mit diesem Verhalten keinen Gefallen, denn die Kundenloyalität geht spürbar zurück.

VWheute: Welche Auswirkungen hat Corona auf die Versicherungsbedingungen?

Peter Wesselhoeft: Corona dürfte nach meiner Einschätzung mit Ausnahme der Betriebsschließungs- und der D&O-Versicherung keine wesentlichen Auswirkungen auf den Bedingungsumfang der einzelnen Industrieversicherungssparten haben. In D&O sehen wir vermehrt sogenannte Covid-Ausschlussklauseln. Die Auswirkungen auf das Underwriting-Verhalten der Versicherer insbesondere in der D&O-Versicherung, aber auch in der Rechtsschutz-Versicherung sind beträchtlich.

„Zwar ist die Versicherungsvermittlung weiter Kern unserer Tätigkeit. In den Vordergrund getreten sind immer stärker die Beratungsaufgaben.“

Peter Wesselhoeft, Gesellschafter der Gossler, Gobert & Wolters Holding GmbH

VWheute: Welche Sparten haben großes Potenzial in der Zukunft?

Peter Wesselhoeft: Das größte Potenzial liegt meines Erachtens klar im Bereich der Cyber-Versicherung. Die rapide zunehmende Digitalisierung in allen Bereichen der Wirtschaft – das Schlagwort Industrie 4.0 steht dafür nur beispielhaft – generiert neue Risiken und damit den Bedarf. Die in 2020 auch aufgrund der Corona-Krise sprunghaft angestiegenen Homeoffice-Tätigkeiten in praktisch allen Wirtschaftsbereichen vergrößern diesen massiv.

Zwar steigen die Anstrengungen der Unternehmen in IT-Sicherheit, Mitarbeitersensibilisierung und Notfallplanung schnell, trotzdem können diese Maßnahmen nie abschließend sicherstellen, dass Cyber-Vorfälle nicht doch möglich sind. Die entsprechend verbleibende risikomanagementtechnische Lücke kann nur die Cyber-Versicherung schließen. Es ist schon richtig: Die Cyber-Versicherung ist die Feuerversicherung des 21. Jahrhunderts.

Hintergrund zur GGW Gruppe: Fusion mit Weitblick

Die Gossler, Gobert & Wolters Gruppe (GGW Gruppe) aus Hamburg und die Warweg Mittelstandsmakler GmbH aus Köln haben sich im Januar 2021 zusammengeschlossen. Zu Warweg gehören acht inhabergeführte Versicherungsmakler mit Fokus auf den Mittelstand. Das Unternehmen wurde 2020 von Tobias Warweg gegründet, der zuvor im Vorstand der HDI für den Maklervertrieb verantwortlich war.

Die inhabergeführte GGW Gruppe setzt sich aus zwölf Unternehmen zusammen. Zuletzt kam die F&K Versicherungsmakler GmbH hinzu. Die Gruppe betreut mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handel, Gewerbe sowie den rechts- und wirtschaftsberatenden Berufen. In Deutschland ist sie an zehn Standorten vertreten und agiert in weiteren 60 Ländern über ein internationales Netzwerk.

VWheute: Und welche Sparte ist chronisch defizitär?

Peter Wesselhoeft: Welche Sparte chronisch defizitär ist, lässt sich dagegen schwerer beantworten. Die Kfz-Versicherung insbesondere von Flotten ist hier grundsätzlich latent gefährdet. Regelmäßig große Prämienvolumen gepaart mit der hohen Transparenz und damit Wettbewerbsintensität in dieser Sparte verführen Underwriter immer wieder, dem Prinzip Hoffnung vor Vernunft stattzugeben. Abgesehen davon haben aggressiver Preis- und Bedingungswettbewerb bei steigenden Risiken in der D&O-Versicherung aufgrund des letzteren Kriteriums auch in der Cyber-Versicherung zu einem aus Versicherer-Sicht momentan unbefriedigenden Geschäftsverlauf
geführt.

Auch die Haftpflicht- sowie die Vermögensschaden-Haftpflichtsparten bieten aufgrund der weiter zunehmenden Verrechtlichung in allen Bereichen der Wirtschaft und den damit steigenden Anforderungen an Umfang und Qualität der Deckungen zweifelsohne zusätzliches Potenzial. Allerdings sind Deckungssummen-Kapazitäten in der Haftpflicht-Versicherung weiter günstig, der Wettbewerb intakt.

Deckungserweiterungen sind häufig ohne Mehrprämien im Markt realisierbar. Wir sehen allerdings zunehmend, dass defizitäres Geschäft stringent aufgegriffen wird bspw. im Bereich der Kfz-Zulieferer-Industrie. Einige Sparten (Chemie, Pharma, Medizinprodukte) sehen sich darüber hinaus vor Erteilung von Zeichnungszusagen zunehmend Anforderungen nach aufwendigen Risikoprüfungen bzw. Risikodialogen ausgesetzt.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur David Gorr.

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen März-Ausgabe des E-Vertriebsmagazins Der Vermittler.

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