Wie Versicherer und Vermittler mit der Volkskrankheit Burnout umgehen

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Burnout wird in Deutschland zunehmend zu einer Volkskrankheit. Auch immer mehr Vermittler leiden unter dieser Krankheit. Die Versicherer reagieren mittlerweile mit Präventionskursen und erweitern ihre BU-Angebote für Kunden.

Lob vom Chef, gute Verkaufszahlen und zufriedene Kunden – das motiviert Vertriebler jedes Arbeitspensum durchzustehen. Doch nach jedem Höhenflug kommt die Landung. Für Verkäufer können die Absätze auch stagnieren, Kundenbeschwerden sich häufen und dann steigt der Druck von der Geschäftsleitung. Das alles führt noch lange nicht dazu, dass Vermittler „ausgebrannt“ sind. Solche Flauten gab es auch vor 20 Jahren. Mit der zunehmenden Technologisierung des Berufs müssen Verkäufer aber heute immer erreichbar sein, weil es auch die Online-Konkurrenz ist.

„Wir alle sind durch die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung heute durch Arbeit ganz anders als früher – weniger körperlich und mehr psychisch – belastet“, erklärt Katharina Heder, Marketingberaterin und
Dozentin. „Bei Maklern kommt die Dauerregulierung hinzu. Die fortlaufende Veränderung der Arbeit, die Anpassung an neue Anforderungen und der Anstieg von Bürokratie sind nur drei Stressoren, die täglich auf alle Marktteilnehmer einprasseln.“ Wenn ein Jungmakler einen Bestand von 3.000 Kunden übernimmt, dann muss er laut IDD seine Kunden einmal im Jahr über seine Verträge informieren und beraten.

Das Jahr hat 365 Tage minus zwölf Feiertage und angenommene 20 Tage Urlaub entspricht das neun Kunden am Tag. Hierbei sollen technische Lösungen her, wobei meist ältere Makler damit überfordert sind. Ebenso scheint Social Media für manche Vetriebler ein einfaches Tool zu sein, um Zielgruppen direkt anzusprechen. Für andere hingegen ist diese Online-Kundenjagd eine Belastung. Und das emotional größte Problem für Vermittler ist sicherlich die Suche nach einem Nachfolger für das unter Mühen aufgebaute Unternehmen oder Bestand. Schließlich liegt das Durchschnittsalter des Versicherungsvertreters zwischen 55 und 60, der Makler bei etwa 50 Jahren.

„Psychische Belastungen werden in Deutschland zunehmend zu einer unbehandelten Volkskrankheit.“

Alexander Vollert, Vorstandsvorsitzender der Axa Deutschland

2019 hat die WHO Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihren internationalen Katalog der Krankheiten auf den neuesten Stand gebracht. Dabei haben die Experten erstmals auch Burnout als Krankheit anerkannt. Die Diagnose „Burnout“ hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Auf der anderen Seite ist auch die Hemmschwelle, sich zu outen, gefallen. Beim VDVM oder BVK spricht man inzwischen offen über das Thema. Fast jeder dritte Fall einer Berufsunfähigkeit geht auf psychische Krankheiten wie Burnout, Depression & Co. zurück. Das zeigen mehrere Statistiken, wie zum Beispiel die des Analysehauses Morgen & Morgen oder Swiss Life Deutschland.

Mit der Corona-Pandemie und dem Lockdown wird sich die Situation noch weiter verschlimmern, erklärt Versicherungsmakler und BU-Experte Matthias Helberg in seinem Blog. So mache das Zu-Hause-Bleiben an sich zwar nicht ernsthaft und dauerhaft krank, auch wenn bei manchen sicherlich jetzt schon die Nerven blankliegen. „Vielmehr spüren viele von uns die ungewisse wirtschaftliche Zukunft bis zur puren Existenzangst“, betont der Versicherungsexperte. Es liegt für ihn auf der Hand, dass das wirklich krank machen kann, „vor allem, wenn man eher nicht zu den Optimisten gehört“.

Wer selbst nicht präventiv sich der Sache annimmt, kann auch die Seminare der Unternehmen zur Burnout-Prophylaxe besuchen. Alle großen Versicherer bieten Vorträge zum Thema Stressmanagement sowie Entspannungskurse an besonderen Gesundheitstagen. Axa bietet beispielsweise einen telefonischen Dienst, an den sich die Mitarbeiter bei psychischen Beschwerden wenden können. „Dabei handelt es sich um einen externen Anbieter, der uns lediglich in gewissen Abständen anonymisiert mitteilt, wie viele Mitarbeiter den Service in Anspruch nehmen und welche Themenfelder sie dabei ansprechen – damit wir auch im Unternehmen entsprechende Verbesserungen treffen können“, erklärt Deutschland-Chef Alexander Vollert.

Auch im Hinblick auf die Kunden steht die Prävention über alles. Schließlich will die Branche teure Leistungsfälle in der Berufsunfähigkeitsversicherung vermeiden. Seit März 2020 bietet die Gothaer ausgewählten Kunden die Teilnahme am Pilotprojekt ihres Feel-Programms an. Hierbei misst ein Sensoren-Armband Biosignale wie Hautleitwert, Schweiß, die Herzfrequenz und den Puls. Ein spezieller Algorithmus wertet diese Signale aus. Wird eine Stresssituation erkannt, gibt die dazugehörige App Tipps und Übungen an die Hand, die in solchen Stresssituationen helfen können. Zusätzlich trainieren die Teilnehmer den Auf- und Ausbau ihrer mentalen Stärke.

„Das Feel-Programm basiert auf den Ansätzen der kognitiven Verhaltenstherapie“, erklärt Maike Gruhn, Leiterin Innovation bei der Gothaer Leben. Der Kölner Versicherer hat nach Abschluss des Programms ein gutes Feedback erhalten, man überlege noch, ob das Projekt fortgesetzt werde. Die Allianz hat 2016 eine Anti-Burnout-Versicherung eingeführt. Der bKV-Baustein „VorsorgeExtra“ übernimmt bei beruflichem Stress, aber auch bei privaten Problemen, einmal im Jahr die Kosten für ein dreimonatiges Telefoncoaching. Auf Anfrage erklärt der Versicherer, dass die Nutzung des Services „PsychCoach“ durch die Versicherten sich in Zeiten der Pandemie „bisher noch nicht verändert“ habe.

Autor: David Gorr

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Februar-Ausgabe des E-Vertriebsmagazins Der Vermittler.

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