Abrechungsbetrug in der PKV: Hohe Dunkelziffer, erheblicher Entwicklungsbedarf

Quelle: Bild von Bruno /Germany auf Pixabay

Den Krankenversicherern entsteht jedes Jahr ein Schaden durch Abrechungsbetrug von mindestens 500.000 Euro. Die meisten Unregelmäßigkeiten gibt es laut einer Analyse von PwC Deutschland im Pflegebereich. Ebenfalls erschreckend: Die Branche rechnet mit einer steigenden Dunkelziffer.

So berichten 53 Prozent der gesetzlichen Krankenkassen von mindestens 100 Betrugsfällen aus dem vergangenen Jahr mit einem Gesamtschaden von überwiegend (48 Prozent) mehr als 500.000 Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 meldete die Mehrheit (64 Prozent) lediglich bis zu zehn Betrugsdelikte, wobei 54 Prozent über Schäden von maximal 50.000 Euro berichteten.

Allerdings sind die privaten Krankenversicherer noch deutlich stärker von den Folgen durch manipulierte Abrechnungen, gefälschte Rezepte oder Behandlungen, die nur auf dem Papier stattfanden, betroffen. Bei 76 Prozent der befragten PKV-Unternehmen sind im vergangenen Jahr Gesamtschäden von mehr als 500.000 Euro entstanden (2012: 50 Prozent). Das sind zentrale Ergebnisse einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zum Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen, bei der sich 19 gesetzliche und 13 private Krankenversicherungen beteiligt haben.

Zudem gegen die Analysten davon aus, dass die Zahl der nicht entdeckten Straftaten weiter ansteigt: Die Dunkelziffer bewerten sowohl die gesetzlichen (GKV) als auch die privaten Krankenversicherungen (PKV) mit jeweils 84 Prozent als hoch oder sehr hoch (2012: 63 Prozent GKV, 62 Prozent PKV).

„Die große Zahl der aufgedeckten Betrugsfälle und die hohen Schadenssummen sind aus unserer Sicht darauf zurückzuführen, dass es den Krankenversicherungen heute weit besser als 2012 gelingt, Betrügereien aufzuklären. Da aber auch das Dunkelfeld weiter angestiegen ist, können sich die Krankenversicherer auf diesem Erfolg nicht ausruhen.“

Gunter Lescher, Partner im Bereich Forensic Services bei PwC Deutschland

Dabei könnte die Corona-Pandemie noch als weiterer Brandbeschleuniger wirken, so PwC weiter. „Wir gehen davon aus, dass COVID-19 sich zu einer Art Brandbeschleuniger entwickeln wird und den Abrechnungsbetrug noch weiter anheizt“, konstatiert unter Gunter Lescher, Partner im Bereich Forensic Services bei PwC Deutschland. „Digitale Technologien erweisen sich damit als Fluch und Segen zugleich, denn sie erleichtern Prävention und Aufklärung, ermöglichen vielfach aber auch erst den Betrug“, so Lescher weiter.

Bereits im August 2020 kam der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bereits zu mehr Betrugsversuchen haben. Grundsätzlich seien die Betrugsmuster zwar gleichgeblieben, vieles werde aber inzwischen durch das Internet provoziert. Dort informierten sich die Täter in Foren, wie sie beispielsweise Schadenanzeigen am besten formulierten. Es gebe Unternehmen, die „Fake-Verpackungen“ teurer Marken eigens für Betrügereien produzierten. Die deutschen Schaden- und Unfallversicherer schätzten, dass ihnen durch Versicherungsbetrug jährlich ein Schaden von rund fünf Mrd. Euro entsteht. Schätzungsweise sei jede zehnte Schadenmeldung dubios.

Private Krankenversicherer verfolgen Betrugsversuche konsequenter

Neben dem wirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe, der den Krankenversicherern entsteht, belasten die Betrügereien das Vertrauen der Patienten in die Gesundheitsversorgung, verteuern die Kosten von medizinischen Leistungen und verzerren den Wettbewerb, heißt es weiter. Bei der Ahndung von Abrechnungsbetrug setzen die Krankenversicherer laut PwC vor allem auf Regressforderungen. Den Erfolg von Strafanzeigen hingegen bewerten die Studienteilnehmer als vergleichsweise begrenzt.

Das Problem: Vor allem bei den gesetzlichen Krankenkassen habe die Bereitschaft, alle Hinweise zu verfolgen, spürbar nachgelassen und ist auf 53 Prozent gesunken (2012: 73 Prozent), während bei der PKV nahezu unverändert drei Viertel der Krankenkassen allen Hinweisen nachgehen. In der PKV setzen bereits 92 Prozent der Unternehmen klassische Datenanalysemethoden ein – diese Chance nutzen unter den gesetzlichen Krankenkassen nur 37 Prozent. Compliance-Management-Systeme zur Bekämpfung von Abrechnungsbetrug sind allerdings bei beiden Versicherungsarten bislang nur wenig verbreitet (GKV: elf Prozent, PKV: 46 Prozent).

„Bei der Bekämpfung von Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitswesen gibt es angesichts der hohen Dunkelziffer noch erheblichen Weiterentwicklungsbedarf“, bilanziert Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland. „Umso wichtiger ist es, mit einem ausgewogenen Ansatz zu reagieren: einem Betrugsmanagement, das in das unternehmensweite Compliance-Management-System integriert ist“, ergänzt Lescher.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Eine sehr schön geredete Aussage, wenn es darum geht das die PKV Anbieter stärker vom Betrug belastet sind als die GKV èn. Regelmäßig sehe ich Krankenakten aus beiden Bereichen und finde weit mehr unrichtige Diagnosen bei den gesetzlich Versicherten. Grund: Niemand kann das prüfen, wie zum Beispiel in der PKV, wenn die Rechnung an den Kunden geht. Man könnte polemisch sagen dass die Spezialisten von PwC Spezialisten für Marketing im Sinne der SPD sind. Die gelebte Realität ist nicht deckungsgleich und das System versorgt sich dadurch selbst. Unser Gesundheitsminister tätigte Anfang letzten Jahres einen fruchtlosen Versuch, das zu beenden und seitdem läuft es, eigentlich strafrechtlich zu verfolgen, unter den Augen der Verantwortlichen weiter. Staatliches versagen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

4 × 3 =