„Potenzial für Versicherer im E-Sport ist eigentlich sehr gut“

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Neben Streamingdiensten gehört die Videospiele-Industrie zu den großen Gewinnern der Coronakrise. Für Versicherer lohnt sich der Einstieg als Sponsor in den E-Sport. Denn die junge Zielgruppe ist nicht nur gebildet, sondern offen für exklusive Produkte. VWheute sprach mit Carl Kuhn, Account Director E-Sports bei der Werbeagentur JvM/SPORTS, über das richtige Platzieren der Firmenmarke in der Gaming-Industrie.
VWheute: Können Sie aus jedem Unternehmen einen guten Sponsor im E-Sport machen oder eignen sich bestimmte Firmen gar nicht für diese Branche?
Carl Kuhn: Analog zum klassischen Sport ist nahezu jedes Unternehmen geeignet, man muss aber die richtige Kommunikation in Form von verbindenden Elementen finden. Je weiter das eigene Produkt vom sportlichen Geschehen entfernt ist, desto kreativer muss man das eigene Markenversprechen für die Fans inszenieren. Dass das Produkt eine Relevanz für junge Zielgruppen haben muss, versteht sich von selbst. Mit Rheumacreme könnte es schwierig werden.
VWheute: Wie schätzen Sie das Potenzial der Versicherer als Sponsor im E-Sport-Markt ein?
Carl Kuhn: Das Potenzial für Versicherer ist eigentlich sehr gut. Zum einen ist E-Sports noch nicht so überlaufen wie andere Disziplinen, sodass man eine gute Sichtbarkeit erzielen kann. Zum anderen erreicht man gerade hier junge, gut ausgebildete Menschen, die man über andere Kanäle schwer bekommt – und die sich in vielen Fällen gerade ihre ersten Gedanken zu Versicherungen machen. Die Anzahl der High-Potentials in der E-Sports-Community ist sehr hoch, die nötigen finanziellen Reserven gäbe es sogar! Man muss die eigene Marke aber natürlich aufmerksamkeitsstark und vor allem zielgruppenrelevant in dieses Umfeld transportieren, um zwischen Gaming-Tastaturen und Entertainment-Angeboten hervorzustechen.
VWheute: Die Sparkasse Wüstenrot ist ausgestiegen, weil finanzstarke Konzerne inzwischen als Sponsoren mitmischen. Wird man nur wahrgenommen im E-Sport, wenn man auch viel Geld fürs Marketing investiert?
Carl Kuhn: Nein, aber man muss zusätzlich zu den Rechten auch Geld in Aktivierung stecken, mindestens etwa noch mal denselben Wert. Es stimmt, dass mittlerweile mehr nonendemische Marken mitmischen und das Niveau der Aktivierungen und damit die Konkurrenz höher geworden ist. Von den Preisen im traditionellen Sport ist man allerdings noch weit entfernt und es ist letztlich eine Frage der Qualität und nicht der Quantität, ob etwas bei den Fans ankommt. Manchmal reicht auch ein Meme für den großen Effekt – wenn es das richtige ist.
VWheute: Die Wüstenrot beklagte zudem, dass es eine Tendenz zu mehr Ego-Shooter-Spielen gibt. Eignen sich Sportspiele für Sponsoren besser als Ego-Shooter?
Carl Kuhn: Das kommt auf die Zielsetzung an. Mehr Sichtbarkeit hat man bei MOBAs oder Shootern, da diese schlicht mehr geschaut werden als Sportsimulationen, die auch immer mit dem analogen Produkt konkurrieren. Auch bei den Core Games gibt es aber Alternativen, die z.B. green blood oder gar keine Shooter sind. Ferner würde ich aber auch mehr Marken ermutigen, sich das Shooter-Genre genauer anzuschauen. Es ist insbesondere in der DACH-Region sehr populär und wird von der Forschung auch längst nicht mehr als problematisch empfunden. Und von den Fans schon gar nicht. Wer also den Mut aufbringt, hat gerade als deutsche Marke ein großes Feld mit wenig Konkurrenz, das er bespielen kann.
VWheute: Wie nachhaltig ist der Gaming-Boom nach Corona?
Carl Kuhn: Der Boom hatte bereits vor Corona eingesetzt und wird sich sicherlich mindestens auf diesem Niveau fortsetzen. Es wachsen immer mehr junge Gamer nach, die sich für das Feld interessieren und die Mainstream-Aufmerksamkeit der letzten Wochen wird man auch nicht zurückrollen. Insbesondere Sportsimulationen haben natürlich zusätzlich vom Ausfall der zugrunde liegenden Sportarten profitiert. Wenn diese zurückkehren, wird das Interesse an den digitalen Vertretern bestimmt wieder etwas absinken, aber nicht unter das ursprüngliche Niveau.
Die Fragen stellte VWheute-Redakteur David Gorr.
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