Wie arbeiten chinesische Versicherer unter der Corona-Epidemie?

Quelle: Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Nach dem Neujahrsfest und den Zwangsferien nehmen viele Unternehmen in China ab heute wieder ihre Arbeit auf. Die Pause setzte den Versicherer zu. Besuche bei Kunden, die normalerweise in der Zeit des Festes in großem Stil stattfinden, sind ausgefallen. Experten rechnen mit starkem Rückgang von Neugeschäft für den Monat Februar und sogar für das gesamte erste Quartal – auch wenn viele Abschlüsse online abliefen.

Das öffentliche Leben findet unter der Plage vom Corona-Virus in China nicht mehr statt. Das Geschäftsleben wird in die virtuelle Welt verlagert. Besonders die einheimischen Unternehmen, die auf dem Weg der Digitalisierung vorne sind und bisher viel auf das Online-Geschäft gesetzt haben, haben in der gegenwärtigen Krise deutlich Vorteile. Längst haben sie marktnahe Tätigkeiten auf WeChat, ein Pendant zu WhatsApp, verlagert. Beinahe alle einheimischen Versicherungsunternehmen haben ein so genanntes Public Account bei WeChat, um zumindest das als eine Kommunikationsplattform zu bedienen.

Die digital Fortgeschrittenen entwickeln dazu noch omnipotente Apps, die an WeChat adaptiert werden. Omnipotent bedeutet in diesem Fall, dass die Apps alle möglichen Funktionalitäten beherrschen, wie z.B. Kundenberatung, Abschließen von Verträgen, Vertragsverwaltung, Schadensregulierung oder Selfservice für die Kunden. Viele Unternehmen haben auch Apps, die zur Vertriebssteuerung dienen. Diese Apps dokumentieren bzw. steuern automatisch oder halbautomtisch die Aktivitäten von Vertriebsleuten. Wann die Vertriebsmänner oder -frauen z.B. am morgens anfangen zu arbeiten, welche Interaktivität man mit den Kunden gehabt hat, wie effektiv die Bemühungen der Vertriebsleute sind, wird erfasst, analysiert und auch die Feedbacks werden erzeugt. Bei den digital Fortgeschrittenen ist das Neugeschäft im Vergleich zur normalen Zeit zwar etwas reduziert, aber die Einbuße kann in Grenzen gehalten werden, berichten die Unternehmen.

Kontakt zu High-End-Kunden bricht für ausländische Versicherer weg

In Vergleich zu den einheimischen, die das Geschäft über WeChat meisterhaft beherrschen, sieht bei den ausländischen und ausländisch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen etwas düster aus. Der Grund liegt darin, dass diese Versicher, die sich meistens als Premium-Anbieter bezeichnen, seit jeher hauptsächlich nur auf persönliche Kontakte setzen. Sie belächelten sogar die einheimischen, die mit Einsatz von WeChat auch die Massenkunden der sozialen Unterschicht bedienen. Die Premium-Anbieter unterhalten die Kunden sonst gern in ganz nobel eingerichteten Salons, laden die potentiellen Kunden zum Weinseminar oder zur Teezeremonie ein. Wegen der Corona-Epidemie brechen die Kundenkontakte dieser Art über Nacht weg, die High-End-Kunden, die sonst gern auch zum Genuss ihres Statussymbols zu solchen Veranstaltungen kommen, sind plötzlich gar nicht mehr aufgreifbar. Eine Vertriebsmanagerin von MetLife in Peking berichtet von „ernsthaften Problemen“, weil man bisher immer maßgeschneiderte Produkte anbiete, die viel Beratungsaufwand erfordern und nicht für Online-Vertrieb geeignet sind.

Interner Betrieb ist nicht betroffen

Bei den meisten Versicherungsunternehmen kann zumindest ihr interner Betrieb problemlos aufrechterhalten werden, wenn auch fast ausschließlich in Form von Homeoffice und Remote-Arbeit. Bemerkenswert haben viele einheimische Notfallpläne, die sogar im Lauf der Zeit immer wieder geübt werden. Das soll die chinesische Finanzaufsicht CBRC in Vergangenheit angeordnet haben. So steht z.B. auf dem Notfallplan von Pacific Insurance in Schanghai die Einberufung einer „Kommandozentrale“ beim Eintreten von Notfällen vor. Nachdem die Regierung den Notstand aufgerufen hatte, wurde der Notfallplan bei Pacific sofort aktiviert. In nur wenigen Tagen konnte der IT-Betrieb für Remote-Arbeit für mehr als 8.000 Mitarbeiter der wichtigen Stellen aufgenommen werden, berichtet ein hoher Manager des Unternehmens. Bei der Tochtergesellschaft Pacific-Allianz Health Insurance, einem chinesisch-deutschen Gemeinschaftsunternehmen, läuft der Backoffice-Betrieb für Antragsbearbeitung, Leistungsregulierung und Kundenservice bestens, der von 150 zuhause arbeitenden Mitarbeitern aufrechterhalten wird, so aus dem Unternehmenskreis.

Ruhige Zeit zur Selbstoptimierung nutzen

Viele Unternehmen sehen in der Krise durchaus auch Chancen. Man will die derzeitige relativ betriebsruhige Zeit nutzen, um endlich die längst auf dem Papier stehenden Konzepte für internen Optimierungen umzusetzen, Strategien und Konzepte zu überarbeiten. Einige Unternehmen berichten, dass sie aus der Epidemie Lehre ziehen und Gedanken machen werden, wie krisenfeste Produkte und Serviceprozesse für die Zukunft ausgestaltet werden sollen. Die meisten Manager, mit denen VWheute in diesen Tagen gesprochen hat, sind zuversichtlich und der festen Überzeugung, dass nach der Krise die Produktion sprunghaft steigen wird und vieles aus der Erfahrung mit der Krise verbessert wird.

Autor: Heng Yan

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

vier × eins =