BDA-Präsident Dulger: „Wir stehen mit unserem Arbeitszeitgesetz in einer Zeit von Telex und Wählscheibe“

Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger. Bildquelle: BDA, Christian Kruppa

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände spricht sich gegen eine Vier-Tage-Woche aus. Die Interessensvertreter sind überzeugt, dass in Deutschland mehr und flexibler gearbeitet werden müsse, um den Wohlstand zu erhalten. Verbandspräsident Rainer Dulger fordert Reformen bei Rente und Arbeitszeiten.

„Wenn jetzt die Babyboomer in Rente gehen, dann wechseln ungefähr vier Millionen Menschen ihren Status vom Beitragszahler zum Leistungsempfänger. Und dafür braucht man nicht studiert haben, um zu verstehen, dass, wenn man von mehr als 45 Millionen Erwerbstätigen in wenigen Jahren auf 40 Millionen oder gar auf 39 Millionen runterfährt, nicht nur in der Rentenkasse ein Loch entsteht“, warnt Dulger gegenüber der Deutschen Presse-Agentur DPA. „Dann müssen wir darüber reden, können wir das zukünftige Rentenniveau halten?“

Der BDA-Präsident wirft zudem die Frage auf, ob man das Renteneintrittsalter an die durchschnittliche Lebenserwartung könne. Darüber müssen wir ehrlich reden. In vielen anderen Ländern sei das längst üblich.

„Wir stehen mit unserem Arbeitszeitgesetz in einer Zeit von Telex und Wählscheibe“, erklärt Dulger weiter. „Es beschränkt sich auf die tägliche Arbeitszeit. Wir leben aber mittlerweile im digitalen Zeitalter und verfügen über ein modernes und flexibles europäisches Arbeitszeitgesetz.“ Arbeitgeber wünschten sich von der Bundesregierung die Umsetzung dieses Gesetzes auch in Deutschland mit einem zeitgemäßen Fokus auf die Wochenarbeitszeit.

Eine Vier-Tage Woche und „dann noch bei vollem Lohnausgleich“ sei das Gegenteil von dem, was man in Zeiten des Fachkräftemangels benötige. „Wir spüren alle, dass wir die Aufgaben nicht mehr bewältigt bekommen. (…) Wenn wir unseren Wohlstand in diesem Land erhalten wollen, müssten wir alle mehr arbeiten, aber auf jeden Fall nicht weniger.“

Auch Versicherer wie die Signal Iduna sehen die Vier-Tage-Woche und die damit zusammenhängende Produktivitäts-Rechnung allgemein kritisch, da „die Absenkung der Arbeitszeit um einen Wochentag, also um 7,6 Stunden, nichts anderes als eine zwanzigprozentige Gehaltserhöhung“ sei. Die Dortmunder glauben nicht, „dass die zwanzigprozentige Absenkung der Arbeitszeit keinen Einfluss auf die Produktivität hätte und die Mitarbeitenden in der verbleibenden Zeit um 20 Prozent produktiver wären.“ Man müsse dann die fehlenden Kapazitäten durch Neueinstellungen kompensieren, „was sich auf den Preis unserer Produkte auswirken würde. Das möchten wir unseren Kundinnen und Kunden nicht zumuten“, heißt es.

Stefan Sell, Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz, beobachtet, dass zwar viele Branchen im Laufe der Jahre immer produktiver geworden seien. Das reiche aber nicht, um 20 Prozent weniger Arbeitszeit bei gleichem Lohn abzudecken. Zudem glaubt er, dass eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit zu einem größeren Fachkräftemangel führt.

Autor: VW-Redaktion