Thinksurance-Manager Mathias Berg und Jens Kollenda: „Wir beobachten einen Anstieg der Anzahl an Ausschreibungen“

Jens Kollenda, Leiter Sales Management (li.) und Mathias Berg, Chief Insurance Officer. Quelle: Thinksurance.

Ausschreibungen sind in der Versicherungswelt stets Thema; speziell im Gewerbe- und Industriegeschäft. Doch längst ist die analoge Zeit auch in diesem Bereich zu Ende gegangen. Die Ausschreibungszukunft will Thinksurance prägen. Wie das funktioniert, erklären Mathias Berg, Chief Insurance Officer, und Jens Kollenda, Leiter Sales Management, im Gespräch mit VWheute.

VWheute: Erklären Sie bitte, in welchem Rahmen Ausschreibungen heute verwendet werden und wie häufig?

Jens Kollenda: Da gibt es grundsätzlich verschiedene Situationen und Szenarien, wann Ausschreibungen eine Rolle spielen. Werfen wir zunächst mal einen Blick auf das Gewerbegeschäft: Dort kommt es zu Ausschreibungen, wenn Tarifrechner an ihre Grenzen kommen. Das ist etwa bei hohen Versicherungssummen oder komplexen Risikokombinationen der Fall. In einigen seltenen Fällen sind es aber auch die Makler selbst, die weitere Angebote anfordern – dies meist in Nischensparten und Spezialfällen. Im Industriegeschäft ist das anders. Hier sind Ausschreibungen gang und gäbe, denn die Risiken sind bereits von vorneherein so komplex, dass nur eine Ausschreibung infrage kommt. Beide Szenarien zusammengenommen, beobachten wir im Rahmen unserer Plattform, dass rund 30 Prozent der Vorgänge Ausschreibungen sind – Tendenz steigend.

VWheute: Wann, warum und wie werden Ausschreibungen genutzt?

Mathias Berg: Das Gewerbe- und Industriegeschäft ist nach wie vor ein Vertrauensgeschäft. Und insbesondere im Industriebereich braucht es die Erfahrung und Kompetenz von Maklern und Underwritern, ganz konkret etwa bei der Betriebsbesichtigung und bei der Berechnung der Prämie selbst. Während das früher ein langwieriger und teils papierintensiver Prozess war, unterstützen wir mit unserer Beratungsplattform mittlerweile ganzheitlich und digital. Denn als integrierter Baustein unseres Beratungstools bieten wir die sog. Ausschreibungsplattform an. Auf Basis unserer strukturierten, dynamischen und vollständigen Risikoerfassung werden die Ausschreibungen bei ausgewählten Versicherern platziert. Diese werden dann über die Anfrage informiert und können zügig ein passendes Angebot einreichen – ohne langwierige Rückfrageprozesse. Der Makler findet dieses dann in der Plattform und kann dann den Abschluss und die Dokumentation ebenfalls digital durchführen. Im ganzen Prozess unterstützt eine Künstliche Intelligenz, die dem Makler zum Beispiel dabei hilft, herauszufinden, bei welchen Versicherern die Anfrage richtig platziert ist. Insgesamt heben Makler und Versicherer mit einer solchen digitalen Herangehensweise an Ausschreibungen also enorme Effizienzpotenziale.

VWheute: Was ist Ihnen wichtig?

Jens Kollenda: Unsere Plattform fungiert als digitale Nahtstelle zwischen Maklern und Versicherern – eben auch bei den Ausschreibungen. Dabei sind uns zwei Dinge besonders wichtig: Einerseits die Qualität der Informationen aus der Risikoerfassung. Denn diese hilft insbesondere den Versicherern sehr, zügig passende Angebote abzugeben. Dieses Merkmal können wir zum Beispiel durch die Intelligenz des Systems sicherstellen, zum Beispiel optimieren wir die Risikoerfassung mithilfe neuer oder auch detaillierterer Fragen und spielen fallspezifische Fragen automatisch ein oder blenden irrelevante aus. Letzteres ist die bereits besprochene dynamische Risikoerfassung. Aber auch unser professioneller Backoffice-Service, den ich verantworte, stellt genau das sicher. Wir unterstützen Makler quasi darin, ein vollständiges Risikoprofil zu erarbeiten und übernehmen dann den Austausch mit den Versicherern.

Mathias Berg: Andererseits ist aber auch die Rückmeldequote der Versicherer mit adäquaten Angeboten entscheidend. Hier achtet zum Beispiel unser System darauf, dass Exitrisiken berücksichtigt werden. Wir gehen aber auch gezielt in den Austausch mit Versicherern und entwickeln gemeinsame Maßnahmen, um das sicherzustellen. So haben einige Versicherer zum Beispiel kürzlich ein besonderes Serviceversprechen abgegeben: Sie versprechen, dass Vermittler 65 Prozent der Rückmeldungen innerhalb von 24 Stunden und in 80 Prozent der Rückmeldungen innerhalb von 48 Stunden bekommen. Das ist eine Qualitätsoffensive, von der am Ende profitieren, Versicherer, Makler und Kunden.

VWheute: Was ist Ihnen wichtig, was wird benötigt, was darf nicht sein?

Jens Kollenda: Wichtig ist auf jeden Fall ein lernendes System, das dem Makler immer wieder ein Stück mehr hilft, reflektierte Entscheidungen zu treffen, etwa bei der Auswahl der Versicherer, bei denen er die Ausschreibung platzieren kann. Hier spielt natürlich unsere KI eine wichtige Rolle, die so in der Branche einmalig ist. Darüber hinaus ist natürlich die Qualität der Risikoinformationen entscheidend und dass alle am gleichen Strang ziehen. Deshalb entwickeln wir die Plattform kontinuierlich weiter und machen sie jeden Tag ein Stück besser.

Mathias Berg: Stichwort kontinuierliche Verbesserung: In diesem Zusammenhang ist übrigens unser Relaunch, den wir noch dieses Jahr auf der Agenda haben, spannend. Da wird sich noch einiges tun, sowohl was die Optik als auch Features betrifft. Logischerweise sind und bleiben wir auch im stetigen Austausch mit unseren Partnern, um zu schulen und Maßnahmen wie unsere Serviceoffensive zu entwickeln oder voranzutreiben.

VWheute: Nimmt die Bedeutung von Ausschreibungen zu; wenn ja, warum?

Jens Kollenda: Wie gesagt, wir beobachten einen Anstieg der Anzahl an Ausschreibungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen wächst die Anzahl der Nutzer auf unserer Plattform stetig, insbesondere im Industriebereich. Zum anderen hat auch Corona dem Ganzen noch einmal einen Schub verliehen, da sich wegen der Krise in einigen Bereichen noch einmal viel getan hat. Da gab es ganze Verschiebungen in den internen Prozessen und auch ganze Geschäftsbereiche haben sich verändert: Viele Unternehmen haben sich zum Beispiel neue Möglichkeiten gesucht, um das durch die Pandemie weggebrochene Geschäft zu kompensieren. Deshalb ist zum Beispiel die Anzahl der Mischbetriebe gestiegen – und damit verändern sich auch die Anforderungen an Vermittler. In der Konsequenz führt das nicht nur zu mehr Ausschreibungen, sondern auch zu einem anderen Selbstbild: vom Vermittler hin zum Risikomanager.

VWheute: Wie wird sich die Bedeutung entwickeln, auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung?

Mathias Berg: Derzeit sehen wir noch viele Potenziale in der gesamten Wertschöpfungskette von Ausschreibungen, wenn man das so sagen mag – insbesondere durch eine noch engere Verzahnung der Prozesse auf der Ausschreibungsplattform und den Prozessen der Versicherer. Denken wir beispielsweise im Industriebereich einfach einmal an eine digitale Betriebsbesichtigung. Es wird sich noch viel Spannendes bewegen – schauen wir nur einmal auf unser Kommunikationsmodul. Dort wird in Zukunft so etwas wie intelligente Verarbeitung der geschriebenen Nachrichten eine Rolle spielen. Die Ideen-Pipeline bei Thinksurance ist auf jeden Fall noch gut gefüllt.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.