Wie Versicherer Künstliche Intelligenz zur Kundenansprache nutzen können

Niklas Mrutzek. Quelle: privat

Künstliche Intelligenz (KI) wird in vielen Branchen und Unternehmen zunehmend Standard in Deutschland. Laut einer aktuellen Studie des Verbands BITKOM ist im letzten Jahr die Akzeptanz und das Vertrauen in Algorithmen stetig gestiegen. Auch die Versicherungsbranche erhofft sich dadurch Kostenreduzierung und Erhöhung der Customer Satisfaction. Bisher werden die neuen Möglichkeiten jedoch eher begrenzt eingesetzt. So nutzen aktuell etwa nur sechs Prozent der Versicherer KI, um mit ihren Kunden ins Gespräch zu kommen. Von Niklas Mrutzek.

Dabei sind Chatbots und digitalisierte Datenverarbeitung nur die Spitze des Eisbergs – wenn wir hier überhaupt von echter „künstlicher Intelligenz“ reden können. Telematrik-Tarife dagegen sind ein vielversprechender Ansatz. Doch was wäre, wenn man KI schon einsetzen könnte, bevor man einen Kunden überhaupt gewonnen hat?

Algorithmen sind heute bereits in der Lage, diejenigen Zielgruppen zu errechnen, die mit höchster Wahrscheinlichkeit von einem bestimmten Angebot angezogen werden. Und vor allem dem Versicherer die bestmögliche Rendite verschaffen. Während bspw. bei Risikolebensversicherungen bisher primär Faktoren wie rauchen und physische Inaktivität/Übergewicht eingepreist werden, können Algorithmen die durchschnittliche Lebenserwartung anhand vieler anderer Umstände berechnen.

Sollten Versicherer den Typus Mensch ansprechen, der sich gerne in Gefahr begibt, ein unstetes Leben führt, eine gesundheitsgefährdende Work-Life-Balance führt und sich von der Gesellschaft distanziert? Oder ist eher der achtsame Typ Mensch gefragt, der sich gesund ernährt, ausreichend schläft und sich mit fürsorglichen Freunden umgibt? Eine amerikanische Studie hat herausgefunden, dass Typ 2 mehr als 30 Prozent weniger risikobehaftet ist als Typ 1.

Auf Basis eines psychografischen Modells lassen sich verschiedenste Risikofaktoren in der Lebensführung von Zielgruppen erkennen. Eine KI kann Zielgruppen psychometrisch segmentieren und dadurch Über- und Unterrepräsentanzen von Risikofaktoren in den verschiedenen Segmenten berechnen. Dies erlaubt eine optimale persönlichkeitsgerechte Budgetierung der Marketingkanäle, da diese gemäß des Risikos priorisiert werden kann.

Zum Autor: Niklas Mrutzek ist Gründer und Geschäftsführer des KI-Entwicklerstudios ERASON. Mit der Künstlichen Intelligenz Ailon bietet ERASON werbetreibenden Unternehmen bisher ungesehene Erkenntnisse über ihre Ziel- und Kundengruppen. Ailon analysiert tagtäglich tausende von Nachrichtenartikeln, Wissensdatenbanken, Statistiken und öffentliche ausgewählte Social-Media-Datenbanken, um Marken- und Themenzusammenhänge innerhalb von Gesellschaften zu analysieren. Und berechnet damit sieben Millionen fiktive Personen mit über 70.000 Merkmalen.

Die optimale, risikoarme Zielgruppe verhält sich bspw. folgendermaßen: Sie ist schulisch und akademisch überdurchschnittlich gebildet, wohnt primär suburban in den alten Bundesländern und hört gerne Jan Delay. Sie ist auffällig kulturinteressiert und engagiert sich in vielfältigen Organisationen wie dem NABU, Plan International und dem WWF. Veganismus und Vegetarismus sind rund 20 Prozent mehr als in der Population vertreten, genauso wie Radfahren mit rund 40 Prozent. Vor allem Gaming, Instagram und Influencer spielen in dieser Zielgruppe keine Rolle.

Algorithmen können aber noch mehr: nämlich den speziellen Medienkonsum der Zielgruppe bestimmen. Untersuchungen, die wir durchgeführt haben, haben ergeben, dass die Zielgruppe des Typs 2 sich überwiegend über Magazine wie SPIEGEL oder Zeit informieren. Fernsehen ist dagegen ein weniger beliebtes Medium, vor allem Sender wie ProSieben sollten im Media-Mix gemieden werden.

Fazit: Künstliche Intelligenz kann zahlreiche unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Versicherungen sollten jedoch anfangen, KI bereits vor der Neukundenakquise einzubinden. Also bspw. bereits in der Auswahl der Kommunikationskanäle. Dies verhindert zum einen unnötige Werbeausgaben, zum anderen kann die Schadenmeldungsquote drastisch reduziert werden.

Autor: Niklas Mrutzek

Ein Kommentar

  • Auferlegter, aufgezwungener Standard. Am besten könnte man es messen, wenn man dem Kunden die Wahl ließe, möchtest du einen Automaten oder einen Menschen bei der Hilfestellung Deiner Belange. Vergleichen könnte man es auch mit einem Häftling. Der Anstaltsleiter sagt unser Häftling fühlt sich sehr wohl und kommt gerne in das Gefängnis. Die Realität sieht oft anders aus. Sehnt sich jedoch die Branche nach KI fehlt es womöglich an Fachkräften. Oder man möchte den Human als Fachkraft aus dem Wirkungsbereich vieler unterentwickelter Führungsoffiziere raushalten um den körperlichen und geistigen Verfall des Mitarbeiters durch fragwürdige Entscheidungen der Vorstands und Führungsebene entgegenzuwirken.

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