Jungmaklerin MissFinanz im Exklusiv-Interview: „Incentive-Parties sind eher ein Männer-Ding“

Katharina Karageorgos ist ­zertifizierte Geldlehrerin, Gründerin von MissFinanz, HowToMakler & Fairmögenskompass

Katharina Karageorgos ist erst seit April Maklerin und hat als „MissFinanz“ bereits gute Chancen, auf der DKM den Jungmakler-Award zu gewinnen. Im Exklusiv-Interview spricht sie über Bürokratie und Digitalisierung in der Branche, die Nachfrage nach grünen Produkten und ihre Erfahrungen im Strukturvertrieb bei der Telis Finanz AG.

VWheute: Sie sind für den Jungmakler-Award auf der DKM nominiert. Wie kam es dazu?

Katharina Karageorgos: Ich bin erst seit April Maklerin und habe mich in dieser Zeit auch nicht dafür interessiert, irgendwelche Awards in der Branche zu gewinnen. Im Grunde bewirbt man sich beim Jungmakler-Award selbst, aber ich wurde tatsächlich vom Veranstalter angeschrieben, ob ich nicht Lust hätte daran teilzunehmen. Nun habe ich es bis ins Finale geschafft und damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Es war richtig cool in der Vorauswahl die ganzen Menschen dort kennenzulernen und sich mit neuen Kollegen aus der Branche zu vernetzen. Vielleicht schaffe ich es ja aufs Treppchen.

VWheute: Wie sind Sie eigentlich in der Finanzbranche gelandet?

Katharina Karageorgos: Es war ein recht typischer Einstieg in den Strukturvertrieb. Nach einem privaten Schicksalsschlag habe ich meine Ausbildung als Fitnesstrainerin abgebrochen und habe die Firma meiner Mutter weitergeführt. Das wollte ich nicht für immer machen. Mein damaliger bester Freund hat bei der Telis Finanz gearbeitet und mir vorgeschlagen, ob ich nicht einfach vorbeikommen will und mir das Konzept mal anschauen möchte.

VWheute: Und wie fanden Sie das Konzept?

Katharina Karageorgos: Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in der Finanzdienstleistung meinen Platz finde. Ich fand das Konzept super, jedoch habe ich mich nie mit den Beratungsleitfäden identifiziert und habe meinem besten Freund, der dann auch meine Führungskraft wurde, von Anfang an gesagt, dass ich auf meine Art und Weise beraten möchte und mich auch verstärkt auf Frauen als Kunden konzentrieren möchte.

VWheute: Das lief zwei Jahre erfolgreich und dann?

Katharina Karageorgos: Ich habe mir gedacht, wenn ich sowieso die ganze Zeit meine Schiene fahre, warum soll ich dann die Hälfte meines Umsatzes abgeben. Insofern war es eine logische Schlussfolgerung, dass ich 2021 gekündigt habe. Zudem wird man im Strukturvertrieb in eine Rolle gepresst und man muss einfach die Werte von diesem Unternehmen nach außen vertreten, aber ich konnte mich nie mit Telis und den Kollegen dort zu 100 Prozent identifizieren.

VWheute: Die ganzen negativen Geschichten von Aussteigern aus dem Strukturvertrieb – sei es um Provisionsgier oder ­Telefonpartys – können Sie also bestätigen?

Katharina Karageorgos: Im Grunde geht’s immer darum, Geld zu verdienen, egal ob im Maklergeschäft oder im Strukturvertrieb. Die Frage ist, mit welcher intrinsischen Motivation man das macht. Helfe ich dem Kunden oder denke ich dabei nur an meine eigene Tasche. Und da trennt sich die Spreu vom Weizen extrem im Strukturvertrieb. Es gibt natürlich Berater im Strukturvertrieb, die mit reinem Herzen arbeiten und wo der Kunde an erster Stelle steht, aber das ist meiner Erfahrung nach nicht die Mehrheit. Und bei meinem Einstieg habe ich ohnehin auf meinen besten Freund vertraut und habe somit das System, das
Anfertigen von Listen oder die Telefonpartys am Anfang nicht hinterfragt.

VWheute: Und wie hat Ihre Führungskraft bzw. Ihr bester Freund auf Ihren Weggang reagiert?

Katharina Karageorgos: Er gehört nicht mehr zu meinen Freunden. Er hat mir dann das Leben schwer gemacht, meine Kunden kontaktiert und schlecht über mich geredet. Der Großteil meiner Kunden wollte weiterhin von mir beraten werden.

VWheute: Hatten Sie in der ganzen Zeit mal daran gedacht, in die Ausschließlichkeit zu gehen?

Katharina Karageorgos: Als ich noch bei der Telis war und noch gar nicht an eine Kündigung dachte, erhielt ich Ausschließlichkeitsangebote von drei Versicherern. Das war der erste Moment, wo ich verstanden habe, dass ich einen hohen Marktwert habe und die Leute es draußen mitbekommen, dass ich erfolgreich bin. Bei der Telis habe ich diese Wertschätzung nie gespürt, es gab auch nie ein Lob vom Vorstand, dass ich gute Arbeit leiste.

MissFinanz will vor allem Frauen zeigen, dass finanzielle Un­abhängigkeit mit Leichtigkeit und Köpfchen easy erreichbar ist.

VWheute: Lob und Wertschätzung verspüren manche in Form von Incentive-Veranstaltungen.

Katharina Karageorgos: Ja, ich war auch auf Incentive-Partys, aber ich denke, dass das eher ein Männer-Ding ist und nur männliche Berater befriedigt. Für Frauen ist das eher peinlich. Mir war das oftmals sehr unangenehm.

VWheute: Clark-Vorstand Marco Adelt bezeichnete kürzlich die Branche als „hochgradig sexistisch“. Auf einer Vertriebsmesse sehe man nach wie vor Hostessen und dicke Autos.

Katharina Karageorgos: Genauso ist es auch. Nur Frauen können das verstehen, weil Männer einfach nicht die gleichen Erfahrungen durchmachen wie Frauen. Ich habe so viele negative Geschichten gehört, wie Männer mit weiblichen Beratern aus unterschiedlichen Strukturvertrieben umgehen. Das ist einfach peinlich und schlimm.

VWheute: Also hindert das negative Image mehr Frauen für den Vertrieb zu begeistern?

Katharina Karageorgos: Das Image ist getreu dem Motto „Sex, Drugs and Rock‘n‘Roll“. Das ist auf vielen Veranstaltungen Daily Business und damit habe ich einfach ein großes Problem, weil das nicht unserem Jobprofil entspricht, was wir eigentlich den ganzen Tag machen und dass wir für den Kunden da sind. Wir hatten tatsächlich einen bei uns im Büro, der sich (angelehnt an Leonardo DiCaprio) Wolf of Leipzig nannte. Kein Witz.

VWheute: Inzwischen sind Sie Maklerin und treten unter der Marke „MissFinanz“ auf. Welches Konzept steckt dahinter?

Katharina Karageorgos: Im Grunde besteht mein Geschäftskonzept aus zwei Hauptschwerpunkten. Der eine Part besteht darin, Berater aus dem Strukturvertrieb in die Maklerschaft zu bringen. Der zweite Part ist, dass ich selber mit meiner Marke „Miss­Finanz“ überwiegend Frauen berate. Als Maklerin kann ich mir nun meine Kooperationspartner selbst aussuchen, von denen ich weiß, dass sie auch zu den Kunden passen. Ich habe in meinem Team Frauen, die beispielsweise jeweils den Bereich Investment, bAV, Finanzierungen oder Immobilien betreuen.

VWheute: Frauen beraten Frauen – das Konzept kopieren viele.

Katharina Karageorgos: Als ich 2020 meine Marke „MissFinanz“ gegründet habe, war der Markt tatsächlich noch nicht so überflutet mit weiblichen Beraterinnen, die sich auch auf die Kundengruppe „Frauen“ konzentrieren. Heute sieht es ein wenig anders aus. Aber ich bin da relativ entspannt und selbstbewusst und weiß, was ich und mein Team können. Es wird immer Menschen geben, die mich und meine Geschäftsidee und meine Art und Weise der Beratung gut finden und es gibt sicherlich auch Menschen, die sich mit anderen Beraterinnen besser verstehen. Der Markt ist so riesig, mit so vielen Kunden, die noch eine Beratung brauchen.

VWheute: Erhalten Ihre Kundinnen tatsächlich eine Beratung von Ihnen persönlich? Viele bekannte Makler oder Maklerinnen sind nur noch auf Messen und Veranstaltungen am Netzwerken und promoten sich selbst, sodass man sich als Außenstehender fragt, ob sie noch Zeit für ihr Kerngeschäft haben.

Katharina Karageorgos: Bei Neukunden mache ich eventuell das Erstgespräch, aber aus Effizienzgründen gebe ich sie dann weiter an meine Mitarbeiterinnen, die ja fachlich hervorragend ausgebildet sind ab und wir haben diesbezüglich eine Provisionsteilung vereinbart. Einige wenige Kunden betreue und berate ich aber noch selbst.

VWheute: Was würden Sie bei der Anlage einem Kunden empfehlen?

Katharina Karageorgos: Bei uns geht es darum, ein komplettes Vermögenskonzept auf die Beine zu stellen. Wir schauen darauf, was der Kunde aktuell für Verträge und Absicherungen hat und ob diese optimal auf ihn zugeschnitten sind. Was ich bevorzuge, sind fondsgebundene Rentenversicherungen auf ETF-Basis ohne Garantie – das ist der beste Weg, um die höchste Rendite zu erzielen. Dann kommt es natürlich darauf an, was die Kunden für einen Anlagehorizont haben und welchen Wunsch sie sich mit einer bestimmten Summe erfüllen wollen. Es ist alles sehr individuell.

VWheute: Und wie wichtig ist für Ihre Kundinnen das Thema Nachhaltigkeit?

Katharina Karageorgos: Das ist ein Riesenthema, das kommt immer mehr und das finde ich auch gut, wenn man die Rendite mit dem Thema Nachhaltigkeit verbinden möchte. Aber das passt nicht zu jedem. Wir haben sehr viele Kundinnen, die recht frisch im Arbeitsleben sind und diese Klientel interessiert sich stark für Nachhaltigkeit und sie sprechen das Thema von sich aus an. Aber wir haben auch Kundinnen, die selbstständig sind und gerade etwas aufbauen und diese Gruppe will ihr Geld vermehren, ganz egal, woher die Rendite kommt. Deswegen kann man das auch nicht über einen Kamm scheren.

VWheute: Würden Sie Ihrer Erfahrung nach sagen, dass den Bürgern grundlegendes Wissen über Finanzen und Versicherungen fehlt?

Katharina Karageorgos: Zu meiner Telis-Zeit habe ich 2020 eine Ausbildung zur „Geldlehrerin“ gemacht. Ich darf damit quasi das Fach „Geld“ an Schulen unterrichten. Aufgrund der Pandemie konnte ich es damals nicht umsetzen und heute fehlt mir dazu leider die Zeit. Einerseits gibt es Kunden, die kommen in die Beratung mit einem gewissen Grundwissen, wo man als Berater nicht von null anfangen muss. Andererseits gibt es auch Kunden, bei denen man etwas ausholen und erklären muss, warum eine Absicherung sinnvoll ist und damit dauert die Beratung etwas länger. Aber das Thema finanzielle Bildung ist ein extrem wichtiger Punkt. Ich merke, dass sich immer mehr Menschen damit beschäftigen wollen, weil bestimmte Themen wie die Inflation sie dazu bringen.

VWheute: Und wie sehen Sie die Zukunft der persönlichen Beratung? Werden Chatbots die Arbeit übernehmen?

Katharina Karageorgos: Ich bin ein absoluter Fan der Digitalisierung, aber ich glaube nicht, dass ein Chatbot langfristig einen Berater ersetzen kann. Ich merke das in den Gesprächen mit Kunden, denen die persönliche Beratung extrem wichtig ist und sicherlich auch immer sein wird. Geld und Finanzen sind ja auch ein sehr sensibles Thema.

VWheute: Weg von der Kundensicht, hin zu den Problemen der Makler. Viele beklagen die zunehmende Regulierung.

Katharina Karageorgos: Es ist in der Tat viel Bürokratie, aber ich bin der festen Überzeugung, dass man das alles packen kann, wenn man im Hintergrund alles automatisiert. Dazu gibt es viele digitale Helfer. Das ganze Dokumentationsthema klingt immer sehr anstrengend, aber ich finde es nicht so dramatisch. Man kommt einfach nicht drumherum, wenn man in der Branche erfolgreich sein will.

Die Fragen stellte David Gorr.

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