Zurich gibt Baobab Starthilfe

Start-up mit großen Zielen: Baobab will Schäden verhindern und sich auf die Bedürfnisse der Kunden einstellen. Quelle: StockPhotos auf Pixabay

Der Markt für Cyberversicherungen ist in Deutschland derzeit alles andere als einfach: 2021 haben die Anbieter erstmals rote Zahlen in dieser Sparte geschrieben. Ausgerechnet jetzt steigt das Insurtech Baobab in den deutschen Cyberversicherungsmarkt ein – mit sehr ehrgeizigen Zielen. Zusätzliche Marktexpertise liefert Zurich.

So definiert sich das Start-up nach eigener Aussage als „das erste europäische Unternehmen, das Cyber-Versicherungen mit ganzheitlichen Cyber-Sicherheitsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen kombiniert und dabei helfen will, durch Cyberangriffe verursachte Schäden zu mindern“. Ein wesentlicher Bestandteil dabei sei es auch, „Schäden zu verhindern und sich auf die Bedürfnisse der Kunden einzustellen“, betonte CEO und Gründer Vincenz Klemm im Gespräch gegenüber VWheute. Dabei sei vor allem die Bewertung der Risiken für ein Unternehmenssystem für ein kleines Unternehmen eine fast unüberwindbare Herausforderung

Klemm selbst setzt sich jedenfalls ehrgeizige Ziele: „Wir wollen Marktführer in Deutschland werden“, lautet seine klare Zielsetzung. Weitere Märkte in Westeuropa sollen folgen. Das Zeitrahmen ist ebenfalls sportlich: Binnen sechs bis acht Jahren will Baobab mit einem entsprechend „justierten Produkt“ die Nummer eins auf dem deutschen Markt werden. Auch die beteiligten Investoren würden „diese Vision teilen“, gab sich der Unternehmensgründer entsprechend selbstbewusst.

Zudem ist Baobab eine Kooperation mit der Zurich eingegangen: so solle man gemeinsam Versicherungskapazitäten von bis zu fünf Mio. Euro für Unternehmen mit einem Umsatz von unter 100 Mio. Euro anbieten. Das Ziel: Die Expansion in ganz Europa.

„Wir bei Zurich sind überzeugt, dass Cyber-Sicherheit immer wichtiger wird, um den zunehmenden Bedrohungen begegnen zu können. Angemessene Cyber-Services können insbesondere kleineren Unternehmen helfen, ein solides Sicherheitsniveau zu erreichen. Wir sind zuversichtlich, dass die Kombination von Dienstleistungen und Versicherungen, die Baobab anbietet, KMU-Kunden in die Lage versetzt, ihre Vermögenswerte vor Cyber-Bedrohungen zu schützen und freuen uns auf die Zusammenarbeit.“

Jutta Berger, Head of Financial Lines and Cyber Underwriting bei Zurich Deutschland

Die namhafte Konkurrenz von Allianz, Axa, Hiscox und Co. bereitet dem Unternehmensgründer jedenfalls keine Kopfschmerzen. So fehle den bisherigen Anbietern nicht nur die entsprechende „Cybersicherheits-DNA“, sie würden das Produkt außerdem zu sehr aus der Versicherer-Brille betrachten. „Unsere Mission ist es, Kunden vor bestehenden und neu entstehenden Cyber-Bedrohungen zu schützen und Versicherungsmakler in die Lage zu versetzen, ihre Kunden kompetent über Cyber-Risiken zu beraten, sodass Unternehmen nicht mit kryptischen Schwachstellen-Codes allein gelassen werden, sondern stattdessen handlungsfähige Schritte zur Verbesserung ihrer Cyber-Sicherheit erhalten“, betont Klemm.

„Wir haben ein modernes Cyber-Versicherungsprodukt entwickelt, das auf die spezifischen Risiken und Bedürfnisse von KMU zugeschnitten ist. Als ganzheitliche Lösung deckt es alle Aspekte des Cyber-Risikomanagements ab, indem es eine kostenlose Risikoidentifizierung und -bewertung, eine kontinuierliche Überwachung, eine solide Deckung und Dienstleistungen zur Risikoprävention bietet. Unsere Kunden sind damit bestens gerüstet, um mit der sich ständig verändernden Bedrohungslandschaft im Bereich der Cybersicherheit umzugehen.“

Anton Foth, Baobab Insurance Mitgründer und Geschäftsführer (CTO)

Bereits Anfang 2022 hatte Baobab insgesamt 3,5 Mio. Euro an neuem Risikokapital eingesammelt. Abgesehen von Venture-Capital-Fonds Project A, La Famiglia und den Zeitgold-Gründern mit Discovery Ventures beteiligen sich beispielsweise die Clark-Gründer Christopher Oster und Marco Adelt, Comtravo-CEO Michael Riegel und Fondsmanager Jan Beckers als Angels an Baobab. Das Jungunternehmen wurde 2020 von Vincenz Klemm (ehemals Mitgründer der Versicherungsplattform Gabi, die letztes Jahr für 320 Mio. US-Dollar verkauft wurde) und Anton Foth (früher bei BCG Digital Ventures und Coya AG) gegründet.

„Wir wollen ganzheitlich das Risiko von Cyberattacken für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa mindern. Versicherbare Verluste, die durch Cyberkriminalität entstanden sind, haben sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt. Die deutsche Wirtschaft allein verliert jedes Jahr 220 Mrd. Euro als Folge von Cyberangriffen. Die größte Herausforderung für KMUs ist, Cyberrisiken nicht genau einschätzen zu können. Baobab versichert Unternehmen deshalb nicht nur gegen diese Risiken, sondern bietet gleichzeitig Schutz- und Monitoringmaßnahmen, um Angriffen vorzubeugen“, kommentierte Klemm im Januar anlässlich der neuen Finanzierungsrunde.

Der Bedarf scheint zumindest vorhanden zu sein: Über die Hälfte der weltweiten Unternehmen können ihre Cybergefahr nicht richtig einschätzen. Damit sind sie in guter Gesellschaft, denn auch den Versicherern fehlt beim Thema Cyber der Durchblick; immerhin steigen die Preise.

Stolze 54 Prozent der Unternehmen weltweit sind mit dem Reifegrad ihrer Bewertungsfähigkeiten für Cyberrisiken unzufrieden, zeigt eine Untersuchung von Trend Micro, einem der „weltweit führenden Anbieter von Cybersicherheitslösungen“.

Mit der Unwissenheit erhöht sich die Gefahr, Opfer von Ransomware, Phishing und anderen Bedrohungen zu werden. Die Befragten geben außerdem an, dass komplexe technische Systeme und ein „mangelndes Bewusstsein von Führungskräften“ das Problem verschärfen.  Das ist bemerkenswert, denn es wurden laut Studie insgesamt 6.297 „IT- und Business-Entscheider“ in 29 Ländern befragt.

Dass die Branche im letzten Jahr laut einer Analyse des GDV deutlich in die Verlustzone gerutscht ist, schreckt Klemm jedenfalls nicht ab. Ganz im Gegenteil: Gerade jetzt sei der „richtige Zeitpunkt“, um in den deutschen Markt einzusteigen.

Der Name des Unternehmens sei zudem eine Anspielung auf den berühmten Baobab-Baum, der auch als „Baum des Lebens“ bekannt ist. Er sei eine der widerstandsfähigsten Pflanzen der Erde und könne bis zu 3.000 Jahre alt werden. „Baobab hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Kunden so widerstandsfähig und langlebig zu machen wie der berühmte Baum“, heißt es beim Start-up. Ob es selbst allerdings ebenso viel Widerstandsfähigkeit gegen die Widrigkeiten des Marktes besitzt, wird sich noch erweisen.

Autor: VW-Redaktion

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