„Viele private Anleger haben die niedrigeren Kurse genutzt, um ihre bestehenden Positionen auszubauen“

Bettina Bosch. Quelle: Fidelity

Die Corona-Krise hat in diesem Jahr die Aktienmärkte kräftig durcheinander gewirbelt. Was dies für die Anleger bedeutet und welche Rolle die Versicherer spielen, erläutert Bettina Bosch, Head of Fund Buyer Business bei Fidelity, im Exklusiv-Interview mit VWheute.

VWheute: Staatsanleihen zinslos, Immobilienmarkt vielfach überhitzt, Anlage in Alternative Anlagen nicht für jeden Privatkunden eine Alternative. Ist fonds- und speziell aktiensparen /derzeit) die einzige Alternative?

Bettina Bosch: Privatanleger sollten auf jeden Fall in Betracht ziehen, über Fonds zu sparen. Sie können ihre Kapitalanlage damit besser diversifizieren, etwa im Vergleich zur Investition in Einzeltitel. Über Fonds können sie ihre Risiken besser streuen und das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite in ihren Investments in ein sinnvolles Verhältnis bringen.

Bei Anlegern mit einem längeren Anlagehorizont bietet sich in der Tat eine höhere Allokation in Aktien an. Aktien sind zwar volatiler, d.h. die Kurse schlagen stärker aus, dafür besteht langfristig die Chance auf höhere Renditen. Das gilt gerade im Vergleich zu festverzinslichen Papieren ähnlicher Regionen. Für Privatanleger sind außerdem Fondsinvestitionen in Form eines Sparplanes interessant. Bei einem Sparplan investiert man konstant, egal wie der breite Markt sich gerade entwickelt und profitiert vom Durchschnittskosteneffekt.

VWheute: Spüren Sie eine zunehmende Risikobereitschaft bei den privaten Anlegern, profitieren Sie ggf. davon?

Bettina Bosch: Insbesondere im Frühjahr haben viele private Anleger die niedrigeren Kurse genutzt, um ihre bestehenden Positionen auszubauen. Aufgrund der starken Rally in den letzten Monaten konnten hier auch gute Gewinne erzielt werden. Seit einiger Zeit sehen wir wieder mehr Unsicherheiten im Markt. Das liegt an mehreren Faktoren, z.B. an den anstehenden US-Wahlen. Aber vor allem die Kombination aus ansteigenden Infektionszahlen, höherer Volatilität und den sehr hohen Indexständen, fördert die Zurückhaltung der Anleger. Viele positionieren sich eher neutral und warten, bis man die erwähnten Unsicherheitsfaktoren besser abschätzen kann.

VWheute: Führt die Niedrigzinsära zu einer Flucht der institutionellen Anleger in Aktien. Kann der Aktienmarkt dadurch überhitzen?

Bettina Bosch: Die globalen Volkswirtschaften mussten dieses Jahr einen starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der US-Aktienindex S&P 500 in Q2 2020 mit einem Plus von 20 Prozent sein bestes Quartal seit 1998 hinlegen konnte. Der technologielastige NASDAQ-Index stieg im 2. Quartal dieses Jahres sogar um 31 Prozent. Das ist das beste Quartalsergebnis seit 1999 – der Hochzeit des Technologie-Booms. Die Märkte konnten sich erholen, weil die Notenbanken immense Liquidität bereitstellen und im Zuge der Corona-Krise mittlerweile auch Staaten interventionistisch auftreten. Dadurch konnten die wirtschaftlichen Belastungen infolge der staatlichen „Lockdowns“ in vielen Ländern zum Teil kompensiert werden.

Nun hatten die Maßnahmen zur Eindämmung des ersten Ausbruchs in einigen Ländern zur Folge, dass die Wirtschaft nicht so schnell wieder hochgefahren wurde. Dadurch sind ohne Zweifel reale wirtschaftliche Schäden entstanden. Das betrifft insbesondere die Arbeitsmärkte. Aus diesem Grund erwarten wir, dass es an den Märkten erneut zu verstärkten Kursauschlägen kommen wird.

Im Hinblick auf die Niedrigzinsära sehen wir bei institutionellen Anlegern verschiedene Trends: Zum einen die Diversifikation weg von traditionellen Investments in alternative Assetklassen wie Real Assets und Private Equity. Des Weiteren werden mehr Aktienportfolien in Richtung Emerging Markets, Small Caps und Low-Volatility-Aktienstrategien allokiert.

Eine Region, die stetigen Zuwachs erfährt, ist Asien. Dort finden private wie institutionelle Anleger das größte Wirtschaftswachstum und eine großflächige Durchdringung mit neuen Technologien. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist Asien weiterhin in den weltweiten Aktienindizes unterrepräsentiert. Die Bevölkerung Asiens setzt immer stärker auf heimische Marken, während die dortigen Unternehmen international an Bedeutung gewinnen. Das verleiht dem Aktienmarkt Aufwind.

VWheute: Inwieweit arbeiten Sie mit Versicherungen zusammen?

Bettina Bosch: Bei Fidelity arbeiten wir eng und vertrauensvoll mit Versicherungen zusammen. Neben aktiv und passiv gemanagten Publikumsfonds bieten wir institutionelle Mandate, Spezialfonds und maßgeschneiderte Portfoliolösungen an, die alle Regionen, Branchen und Anlageklassen abdecken. Außerdem sind wir im aktiven Austausch mit Versicherungen zu strategischen Themen, wie der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Kapitalanlage.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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