Drews: „Schon vor der Pandemie war die Digitalisierung für den Versicherungsvertrieb der Weg in die Zukunft“
„Flexibles Arbeiten bringt sehr viele Vorteile – nicht nur in Zeiten von Corona“, glaubt Markus Drews, CEO der Canada Life Assurance Europe. Im Exklusiv-Interview mit VWheute spricht der Versicherungsmanager über die Auswirkungen der Corona-Pandemie beim Lebensversicherer.
VWheute: Die vergangenen Monate wurden vor allem durch die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Versicherungsbranche geprägt. Wie haben sich die Folgen bislang bei der Canada Life Deutschland bemerkbar gemacht?
Markus Drews: Die Covid-19-Pandemie hat verständlicherweise bei vielen Kunden zu Fragen dazu geführt, wie sich die Krise auf ihre Altersvorsorge oder auch Absicherung der Arbeitskraft auswirken wird. Daher gab es natürlich eine stark gestiegene Anzahl von Anfragen von unseren Kunden und Geschäftspartnern. Ich denke, wir konnten gute Lösungen anbieten und starke Argumente einbringen: Dass sich unsere Altersvorsorge-Lösungen schon langfristig und durch mehrere Krisen hindurch sehr gut bewährt haben, beruhigt erheblich. Vielleicht auch deshalb konnten wir das erste Halbjahr erfolgreich abschließen – mit dem besten Neugeschäftsergebnis seit unserem Markteintritt in Deutschland vor 20 Jahren.
Natürlich haben sich die Auswirkungen der Pandemie auch in unserer Arbeitsweise bemerkbar gemacht. Nicht nur unsere Mitarbeiterschaft selbst ist fast vollständig ins Homeoffice umgezogen, auch Besuche bei unseren Geschäftspartnern sind vorerst kaum möglich. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Vertriebspartner stand und steht nach wie vor an erster Stelle. Unsere jahrelangen Erfahrungen in der internen Online-Kommunikation mit unseren Kollegen in Irland und Kanada haben uns bei der nun geforderten 100 Prozent Umstellung auf Online-Meetings und -Beratungen geholfen. So konnten wir uns schnell an die Situation anpassen.
VWheute: Marktbeobachter sprechen von einem neuen Digitalisierungsschub für den Versicherungsvertrieb: Wie sind Ihre Einschätzungen dazu?
Markus Drews: Ich denke: Schon vor der Pandemie war die Digitalisierung für den Versicherungsvertrieb der Weg in die Zukunft. Wir unterstützen diesen Ansatz schon lange – zum Beispiel durch Online Seminare mit externen Partnern, die hier zugkräftige Strategien aufzeigen und viele Tipps auf Lager haben. Allerdings stehe ich auch dazu, dass ich mir vor einem halben Jahr und ohne diesen traurigen Anlass der Pandemie nicht hätte vorstellen können, wie schnell und dynamisch diese Veränderung auch in unserem beratungsintensiven Geschäft vonstattengehen kann.
Aktuell hat sich die Relevanz der Digitalisierung fast schon potenziert: Der Einsatz digitaler Tools ist überlebenswichtig geworden, denn Kunden sind physisch nicht mehr erreichbar. Und gerade die Nähe zum Kunden ist doch die Stärke der Vermittler, die sich als Kümmerer und lebenslange Begleiter in Absicherungsfragen unentbehrlich machen. Diese Nähe zum Kunden müssen sie jetzt anders aufbauen und halten. Dafür müssen sich Vermittler mit neuen Tools vertraut machen – zum Beispiel mit Video-Beratung.
Deswegen haben wir gemeinsam mit JDC Vermittlern günstigen Zugang zu einem Video-Beratungstool geschaffen. Außerdem planen wir derzeit ganz aktuell gemeinsam mit einigen Maklerversicherern eine gemeinsame Weiterbildungsinitiative in Sachen Digitalisierung. Ich kann noch nicht viel mehr verraten, aber durch das Bündeln unserer Kräfte entsteht hier eine tolle Maßnahme zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit von Maklern.
VWheute: Viele Versicherungsunternehmen haben ihren Geschäftsbetrieb kurzfristig ins Homeoffice verlegt: Welche mittel- und langfristigen Folgen sehen Sie für agile Arbeitsmodelle?
Markus Drews: Auch hier rechne ich mit einem Schub. Denn flexibles Arbeiten bringt sehr viele Vorteile – nicht nur in Zeiten von Corona! Zum Beispiel fördert es die Nachhaltigkeit, weil man unglaublich viel Ressourcen einspart – Reisen und der Weg ins Office entfallen weitgehend. Und unter normalen Umständen können Mitarbeiter Arbeits-Modelle finden, die gut zu ihnen und ihrer Familien-Situation und ihrer individuellen Life-Balance passen.
Das ist auch der Grund, wieso wir das flexible Arbeiten bei Canada Life früh promotet haben. Und als die Pandemie kam, hat die Umstellung organisatorisch keine Probleme verursacht – und das bei rund 5.000 Mitarbeitern in Standorten in Deutschland, Irland und UK. Schließlich haben wir zeitweilig zu über 90 Prozent im Homeoffice gearbeitet. Natürlich haben wir unsere Mitarbeiter dabei intensiv unterstützt: Mit Hilfen für die Büroausstattung daheim, einer Unfallversicherung fürs Homeoffice, Flexibilisierung in den Arbeitszeiten bis hin zu externen Beratungsangeboten.
VWheute: Die Debatte um die Betriebsschließungsversicherungen hat in den vergangenen Monaten ebenfalls die Schlagzeilen dominiert: Verschiedene Versicherer haben bereits eine staatlich-private Versicherungslösung vorgeschlagen. Wie ist Ihre Einschätzung dazu?
Markus Drews: Mit Sicherheit werden betroffene Betriebe noch Unterstützung im großen Stil benötigen. Es ist sicher schwierig bis unmöglich, sich als einzelne Gesellschaft einem solchen brachialen Ereignis entgegenzustemmen. Deshalb denke ich, es ist absolut sinnvoll, wenn alle Beteiligten ihre Ideen und Kräfte bündeln.
VWheute: Werfen wir einen kurzen Blick auf das zweite Halbjahr 2020: Wie sind Ihre Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr und wo liegen aktuell Ihre Unternehmens- und Vertriebsziele?
Markus Drews: Angesichts der Pandemie wurden meine Erwartungen ans laufende Geschäftsjahr bislang mehr als übertroffen: Wir konnten unseren Wachstumskurs fortsetzen, sicher und stabil durch die bisherige Krise navigieren und parallel weiter an allen wichtigen Projekten für unsere Zukunft im deutschen Markt arbeiten. Natürlich muss man abwarten, wie sich die Lage nun weiter entwickelt. Zusammenfassend bin ich vorsichtig optimistisch, dass wir unsere wichtigsten Ziele für dieses Jahr erreichen können. Denn eins hat sich nicht geändert: Menschen brauchen weiterhin Vorsorge!
Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.
Lesen Sie mehr über Markus Drews im Profil in der aktuellen Ausgabe der Versicherungswirtschaft.