Zurich-Personalvorstand Schöpe: „100 Prozent Homeoffice möchten wir nicht“

Zurich-Personalchef Uwe Schöpe im ARD-Morgenmagazin. Bildquelle: ARD/Morgenmagazin/ Screenshot

Uwe Schöpe, Personalvorstand der Zurich, spricht im ARD-Morgenmagazin über den Umgang mit dem Homeoffice, Freiheiten fürs Personal und Vorschriften, an denen man nicht zwanghaft klebt. An Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der einen Rechtsanspruch auf die Arbeit von zu Hause prüft, sendet der Manager eine unmissverständliche Botschaft.

Wollen Chefs die Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro, um stärker ihre Macht zu spüren? Mit dieser Frage startet das rund dreiminütige Gespräch im ARD-Morgenmagazin. Auslöser ist eine im Herbst letzten Jahres publizierte KPMG-Umfrage unter den CEOs der größten Unternehmen der Welt, die der Homeoffice-Regelung nicht das beste Zeugnis ausstellt. Demnach gehen 68 Prozent der deutschen Top-Entscheider davon aus, dass ihre Angestellten innerhalb der nächsten drei Jahre wieder Vollzeit ins Büro zurückkehren werden. International glauben dies 64 Prozent der befragten CEOs. Nur jeder vierte Befragte kann sich hingegen weiterhin hybride Arbeitsmodelle vorstellen. Nur drei Prozent glauben dauerhaft und ausschließlich an das Homeoffice. Um eine möglichst hohe Präsenz am Arbeitsplatz zu erreichen, können sich drei von vier deutschen CEOs (77 Prozent) vorstellen, Mitarbeitende zu befördern oder ihnen mehr Gehalt zu bezahlen, wenn sie häufiger ins Büro kommen.

Schöpe bilanziert: „Wir sind alles Menschen und da gibt es solche und solche.“ Nach Corona habe man gelernt, dass die Ausgestaltungen sehr individuell sein können. „Es gibt Chefs, die mit dem Homeoffice gut umgehen können, den Mitarbeitern Freiheiten geben und das Team ist trotzdem produktiv, andere benötigen etwas Anleitung, um dahinzukommen.“

Der Personalchef der Zurich sucht für sein Unternehmen die gesunde Mitte. Eine Abschaffung der Arbeit von zu Hause kommt für ihn ebenso wenig infrage wie die Abschaffung von Büroanwesenheit. „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es immer Büros geben muss“, sagt Schöpe. „Wir sind soziale Wesen und brauchen den Austausch untereinander.“

Allerdings gebe es auch bei der Zurich Jobs, in denen man am Platz sein müsse. „Hier können wir keine Kompromisse machen“, erklärt der Zurich-Mann. Grundsätzlich sei man um „größtmögliche Freiheit“ bemüht. Seit dem Jahreswechsel dürfen Mitarbeiter der Zurich Gruppe Deutschland zum Beispiel an bis zu 20 Arbeitstagen pro Jahr in allen EU-Ländern, der Schweiz, Island und Liechtenstein arbeiten. Zuvor war die Regelung zum Arbeiten im Ausland im Rahmen eines Pilotprojektes in ausgewählten europäischen Ländern an bis zu zehn Tagen möglich.

Kein Bürozwang

Offiziell schreibt der Versicherer eine Anwesenheit von 50 Prozent in den Büros vor. Schöpe betont, dass es sich hierbei um Leitplanken handelt, die in der Praxis nicht so umgesetzt werden. Das Personal sei durchschnittlich weniger vor Ort.  „Gelebt wird es so, wie es in der Praxis wirklich funktioniert.“ Das bedeutet Abstimmung zwischen den Chefs und den Mitarbeitern. Bei Bedarf müsse das Personal reinkommen. „Dann darf man nicht sagen, dass man zum Friseur muss.“ Es gebe allerdings keinen Zwang zum Büro. Man habe gelernt, sich zu arrangieren und damit umzugehen.

Wie weit die tatsächliche Anwesenheit vom Richtwert der 50 Prozent im Monatsschnitt abweicht, ist nicht bekannt. „Da wir die Anwesenheiten nicht kontrollieren/erfassen, gibt es dazu keine konkreten Zahlen“, berichtet das Unternehmen auf Anfrage von VWheute. An Tagen mit hohem Schneeaufkommen und Schulschließungen wie gegenwärtig könne der Wert abweichen. Hier komme den Mitarbeitern die flexible Lösung zugute.

Treffen an der Kaffeemaschine oder im Betriebsrestaurant wichtig

Eine Homeoffice-Regelung zu hundert Prozent lehnt Schöpe ab. „Das möchten wir nicht“, sagt der seit 2020 amtierende Personalvorstand des Kölner Versicherers. „Wenn ich jemanden immer nur virtuell sehe, ist das nicht vergleichbar mit realen Treffen. Als soziale Wesen brauchen wir den Austausch an der Kaffeemaschine oder im Betriebsrestaurant, wo zum Teil private, aber auch dienstliche Dinge besprochen werden. Das macht den Erfolg eines Unternehmens aus.“

Für Aufsehen sorgte kürzlich die Ankündigung des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck, einen Rechtsanspruch auf das Homeoffice zu prüfen. Damit solle der Fachkräftemangel bekämpft und Älteren, Zugewanderten oder Geringverdienenden höhere Anreize zum Arbeiten geschaffen werden. Ein entsprechender Entwurf befinde sich bereits in Abstimmung mit den anderen Ministerien.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lehnt den Ansatz ab und bezeichnet den Vorstoß als „völlig“ aus der Zeit gefallen. Ein gesetzlicher Anspruch auf mobile Arbeit würde die Wirklichkeit in den Betrieben schlicht ignorieren, heißt es aus Berlin. Auch Zurich-Manager Schöpe hat kein Verständnis für den politischen Vorstoß. Die Regierung solle sich um die „wirtschaftspolitisch wichtigen Dinge“ kümmern. Die Frage, wie man mit dem Homeoffice umgehe, müsse den Arbeitgebern im Zusammenspiel mit Arbeitnehmern überlassen werden. „Wir sind alle daran interessiert, die besten Leute zu finden“, sagt Schöpe. „Dazu brauchen wir keine Regierung. Das kriegen wir allein gelöst.“

Autor: Michael Stanczyk

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