Zielgruppe Beamte: Viele gehen in den Ruhestand, neue Anwärter eröffnen erhebliches Geschäftspotenzial

Jeder dritte Lehrer wird während seiner Laufbahn dienstunfähig (Quelle: RTL/Frank Dicks)

Derzeit gibt es in Deutschland gut 1,7 Millionen Beamte und Richter. Das ist keine sehr große, aber gut verdienende und daher sicher interessante Klientel. Interessant vor allem deshalb, weil sie aufgrund ihres Dienstverhältnisses einen besonderen Versicherungsbedarf hat, vor allem was Arbeitskraftabsicherung und Haftpflicht betrifft.

Beamte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. Eingesetzt werden sie – wie im Grundgesetz (Artikel 33 Absatz 4) vorgesehen – vor allem dort, wo hoheitsrechtliche Befugnisse ausgeübt werden, also immer dann, wenn der Staat im Interesse der Allgemeinheit in die Rechte Einzelner eingreifen muss, etwa bei der Polizei, im Justizvollzug oder in der Finanzverwaltung. Auch ihre Besoldung und Versorgung werden durch Gesetz festgelegt, sind also demokratisch entschieden und nicht verhandelbar. Beamte benötigen daher für ihre Arbeitskraftabsicherung keine normale Berufs-, sondern eine Dienstunfähigkeitsversicherung.

Und die ist in sehr vielen Fällen auch nötig. Denn aktuell wird beispielsweise jeder dritte Lehrer in seiner Laufbahn dienstunfähig. Laut Destatis wurden 16 Prozent aller im Jahr 2019 Neupensionierten wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Sie waren bei Eintritt in den Ruhestand durchschnittlich 56 Jahre und 11 Monate alt. Zudem sollten sich Beamte mit einer Diensthaftpflichtversicherung schützen. Dabei handelt es sich um eine berufliche Haftpflichtversicherung. Diese ist nötig, da der Dienstherr – also vor allem Bund, Länder und Gemeinden – die Haftung für Fehler, die dem Beamten im Dienst unterlaufen und für die sich daraus ergebenden Schäden nicht übernimmt, sondern auf den Beamten überträgt. Außerdem benötigen Beamte zusätzlich zu ihrer Beihilfe eine ergänzende private Krankenversicherung. In einigen Bundesländern ist es zwar auch möglich, Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung zu werden. Bei einem Wechsel in ein Bundesland ohne diese Möglichkeit steht man dann allerdings vor einem Problem.

„Beamte sind geradlinig, ehrlich und direkt“

Seit 2010 berät Makler Jens Kempf mit seiner Firma „Beamtenberater“ aus Bonn ausschließlich Beamte. Da er einer Beamtenfamilie entstammt und selbst Offizier war, lag die Entscheidung für ihn nahe. „Beamte sind in der Regel geradlinig, ehrlich und direkt“, erklärt er. „Wenn sie gut betreut werden, sind sie zudem loyal und nicht ständig auf der Suche nach billigeren Tarifen.“ Seine Neukunden bezieht er über Online-Dienste, auf denen sich Beamte über Versicherungen informieren und in die sie sich auf der Suche nach einem passenden Anbieter eintragen können. Über eintausend Beamte hat er auf diese Art in den letzten fünf Jahren beraten, sodass er sich für einen der erfahrensten Makler auf seinem Gebiet hält. Die Materie ist komplex und kann nach Kempfs Einschätzung nicht nebenbei erledigt werden. Zum einen gehören sowohl Beamtenanwärter als auch Beamte auf Probe und schließlich die Beamten auf Lebenszeit zu seinen Kunden.

Zudem unterscheiden sich die Regeln zum Teil von Bundesland zu Bundesland und haben etwa Lehrer einen anderen Absicherungsbedarf als Polizisten oder Beamte im Verwaltungsdienst. Vor allem die Dienstunfähigkeit hält er für wichtig. „Beamte, die in den letzten sechs Monaten mehr als drei Monate dienstuntauglich, etwa wegen Krankheit waren, müssen sich oftmals dem Amtsarzt vorstellen, der über eine Dienstfähigkeit entscheidet“, macht er deutlich. „Einige Versicherer halten sich an das Urteil des Arztes, sodass eine Dienstunfähigkeit wesentlich leichter durch den Versicherer anerkannt wird als eine klassische Berufsunfähigkeitsrente. Man spricht dann von einer echten DU-Klausel.“
Zudem plädiert er für eine Diensthaftpflichtversicherung. Wenn etwa ein Lehrer seine Aufsichtspflicht verletzt und seinen Schülern passiert etwas, so kann der Beamte dafür von seinem Dienstherrn in Regress genommen werden. In die Zukunft blickt Makler Jens Kempf optimistisch: Gerade gehen sehr viele Beamte der 1960er-Geburtsjahrgänge in Pension, sodass ein großer Bedarf an Nachwuchs besteht. Ihm werden also die Neukunden nicht ausgehen. „Wir bekommen immer mehr Anfragen“, fasst er zusammen. Nicht die schlechteste Situation.

Anwärter gut für den Einstieg

„Ich denke, wir stehen vor einer Verbeamtungswelle“, ist Dirk Gärtner sicher, Geschäftsführer der Berliner Beamtencircle Versicherungsmakler GmbH, die seit zwölf Jahren ausschließlich Beamte berät. „Berlin schreibt gerade in den Koalitionsvertrag, dass Lehrer wieder verbeamtet und auch die Polizei aufgestockt werden soll. Zudem stehen wir bundesweit vor einer Pensionierungswelle, sodass eine Menge Stellen neu besetzt werden müssen. Dies wird zu einer Zunahme der Beamten führen.“ Nach seiner Erfahrung steigt mit zunehmendem Alter das Bewusstsein für Absicherungen. Der junge Berufsanfänger mit Anfang 20 würde kaum ein Risiko sehen und nur das Nötigste versichern. Mit der Zeit ändere sich das aber. Vor allem bei Finanzierungen stellt sich die Frage nach Risikolebens- und dann auch nach Dienstunfähigkeitsversicherungen. Beamtenanwärter und Beamte auf Probe sind aus vertrieblicher Sicht gut für den Einstieg, da sich die Frage nach einer Krankenversicherung auf jeden Fall stellt.

Außerdem bestehe zu beiden Zeitpunkten noch keine Mindestversorgung bei Dienstunfähigkeit, eine hohe private Versorgung sei also sinnvoll. „Wir haben ein neues Büro direkt an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, wo jedes Jahr rund 850 Polizeibeamte für den gehobenen Dienst, Verwaltungsbeamte und Rechtsreferendare ausgebildet werden“, berichtet Gärtner. Auch über die eigene Homepage wird fleißig akquiriert, ab 2022 hoffentlich auch über einen Instagram-Account. Gerade am Anfang sind viele junge Beamte auch überfordert und fallen sehr oft noch auf „Sales Storys“ mancher Vertreter herein, kritisiert er. „Diese werden oftmals auch noch von den Gewerkschaften hofiert. Wir treffen dann häufig auf sehr schlechte Verträge, die einfach schnell abgeschlossen wurden“, so seine wenig schmeichelhafte Meinung.

Beamtentum wieder auf dem Vormarsch

Einig sind sich befragte Versicherer darin, dass Beamte eine vorwiegend treue Klientel sind, sicherheitsorientiert, interessant wegen ihres verhältnismäßig krisensicheren Jobs und schon in jungen Jahren versicherbar. Frank Braun, Bevollmächtigter öffentlicher Dienst der Huk-Coburg, sieht das Beamtentum wieder auf dem Vormarsch, nachdem es 20 Jahre lang Abbau und Verschiebungen in den Tarifbereich gegeben hat. In den letzten Jahren komme es aber wieder zu leichten Zuwächsen, insbesondere bei Polizei und Bundespolizei sowie durch Lehrerverbeamtungen. Vor allem demografiebedingt sei auch in den nächsten Jahren mit erheblichen Neueinstellungen zu rechnen. „Durch Reformen und Kürzungen in den letzten Jahren hat sich die gesetzliche Absicherung von Beamten sukzessive verschlechtert“, urteilt er. „Dies gilt für alle relevanten Bereiche wie Hinterbliebenenabsicherung, Altersbezüge und ganz besonders die Absicherung des Risikos der Dienstunfähigkeit.“ Hinzu kommen zunehmend gesellschaftliche Veränderungen wie eine vermehrte Teilzeitbeschäftigung bei Frauen und zunehmend auch bei Männern. All dies habe Auswirkungen auf die Versorgungssituation.

Auch die Debeka, HanseMerkur und die Axa sehen einen hohen Beratungsbedarf bei Beamten. Jeder Zweite fühlt sich in Versicherungs- und Vorsorge-Fragen tendenziell überfordert, schätzt aber die Bedeutung beider Themen richtig ein, ist zu erfahren.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der aktuellen Dezember-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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