Marktanalyse: „Große D&O-Player stehen vor einem Scherbenhaufen“

Michael Hendricks beklagt die Preiserhöhungen im D&O-Geschäft. Quelle: Hendricks GmbH

Für viele Versicherte ist der Start in den D&O-Versicherungsmarkt 2021 eher ungemütlich verlaufen: Bei den D&O-Vertragsverlängerungen haben die Anbieter beinahe unisono die Deckungssummen um durchschnittlich 40 Prozent gekürzt. Die entstandenen Lücken mussten aufgefüllt werden. Anfragen zur Mitversicherung oder Exzedenten-Lösungen wurden tausendfach in den Versicherungsmarkt geschickt. Eine Analyse von Michael Hendricks.

Die D&O-Underwriter konnten das nicht schaffen, die Reaktionen blieben zahlreich aus. Viele Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte mussten sich mit einem spürbar eingeschränkten Versicherungsschutz abfinden – bei gleichzeitig steigenden Versicherungsprämien. Corona-anfällige Unternehmen mussten darüber hinaus den Beweis antreten für Überlebens-Chancen. Soweit ihnen das nicht gelingen konnte, wurde ihnen der Versicherungsschutz versagt oder zumindest für den Fall der Insolvenz nicht weiter gewährt.

In einer beinahe über zwei Jahrzehnte andauernden Phase eines weichen Marktes haben sich die D&O-Versicherer von preisgetriebenen Versicherungsvermittlern in einen ruinösen Wettbewerb schicken lassen. Die „Schleuderpreise“ haben im Mittelstand das Preisniveau der privaten Haftpflichtversicherung erreicht und im Segment der großen deutschen Wirtschaft das Niveau der Bedarfsprämien in einem Maße unterschritten, dass die D&O-Sparte beinahe zum D&O-Haftungsfall für Vorstände und Aufsichtsräte der Versicherungsgesellschaften selbst werden könnte. Nun sind allerdings vielleicht gerade noch rechtzeitig alle Beteiligten zur Vernunft gelangt.

Die Versicherer haben ihre Kalkulationen überdacht. Die Vorstände und Geschäftsführer der versicherten Unternehmen haben erkannt, dass die Versicherungsprämien für den Betrieb der D&O-Sparte nicht ausreichen können und folglich erhöht werden müssen. Diese Erkenntnis ist allerdings auf Kundenseite schon vor vielen Jahren geäußert worden und die Versicherungsgesellschaften haben damals nicht reagiert.

„Die großen Player im D&O-Geschehen stehen mit nicht auskömmlichen Versicherungsprämien vor einem Scherbenhaufen.“

Michael Hendricks, Gründer der Hendricks GmbH

Der ungesunde Wettbewerb der Versicherungsgesellschaften untereinander hat den Erfindungsgeist so mancher D&O-Spezialisten auf Maklerseite angeregt. Wordings in Bestform sind die Pulverfässer in den Schadenabteilungen der D&O-Versicherungsgesellschaften. Dabei geht es nicht um den fragwürdigen Schnickschnack von Mietwagenkosten bei Verlust des Firmenfahrzeuges, um den Medikamentenversand und um bessere Essensversorgung in der U-Haft.

Es geht vielmehr um die Deckung von Berufshaftpflichtrisiken, Produkthaftungsszenarien, Betriebsunterbrechungen, durch Cyber-Attacken und vieles mehr, was grundsätzlich in die Zuständigkeit anderer Versicherungssparten gehört. Die Nachmeldefristen wurden vor 20 Jahren noch mit Zeiträumen von drei bis zu zwölf Monaten gewährt. Dies auch mit Verfallsklauseln, die besagten, dass die Nachmeldefrist nicht zur Anwendung gelangt, wenn der Versicherungsvertrag mit einem anderen D&O-Versicherer fortgesetzt wird.

Die Verantwortung für die aktuelle Lage liegt auch bei den Versicherungsgesellschaften, die mit großzügigen D&O-Versicherungsverträgen das Haftungsgeschehen in Gang gesetzt haben. Sie haben mit gut funktionierenden Versicherungsverträgen Abwehrkosten geleistet und Vermögensschäden ausgeglichen, soweit vorsätzliche Pflichtverletzungen nicht nachgewiesen werden konnten. Sie sollten deshalb auch in Zukunft einen tauglichen Versicherungsschutz bereithalten und damit den Akteuren in den Unternehmen persönliche Sicherheit bieten. Für eine angemessene Anpassung des Preisschildes wird jeder Verständnis haben.

Autor: Michael Hendricks, Gründer der Hendricks GmbH

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der neuen Mai-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

2 Kommentare

  • Erich Hartmann

    Wenn der Verfasser von „preisgetriebenen Versicherungsvermittlern“ spricht, hätte er deutlich machen sollen, dass „die“ (= alle) preisgetriebenen Makler – zu denen auch das Haus Hendricks gehörte – Auslöser des weichen Marktes waren.
    Soweit er berichtet, dass „Die Vorstände und Geschäftsführer der versicherten Unternehmen“ die mangelnde Auskömmlichkeit der Prämien erkannt hätten, mag dies ggf. zutreffen. Einer Erhöhung der Prämien oder einer Beschränkung des Deckungsumfangs – mit Blick auf die zu erwartenden Konsequenzen des extrem weichen Marktes – haben sie allerdings nicht zugestimmt.
    Mag dies an den eigenen Interessen oder an denen der Sie beratenden Makler gelegen haben, kann dahinstehen.
    Jedenfalls zeichnet Herr Hendricks ein sehr einseitig verzerrtes Bild.

  • Gregor Klingler

    Fakten zu erkennen und zu benennen, aber dennoch zu 100% die individuellen Kundeninteressen zu vertreten – und das sind nunmal die besten akut erzielbaren Konditionen – ist dem Hause Hendricks und jedem anderen Versicherungsmakler unbenommen! Die Versicherer wollen Geld verdienen, und die restliche Wirtschaft muss sich nicht in die Rolle des Bittstellers drängen lassen. Die Märkte werden das regeln.
    Beste Grüße GK

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