Bundessozialgericht: Alle Leistungen aus Schweizer Pensionskassen müssen verbeitragt werden
Grenzgänger beziehen häufig auch Leistungen aus schweizerischen Pensionskassen. Daher ist die Frage nicht unerheblich, ob auch diese Leistungen voll der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen oder ob sogenannte überobligorische Leistungen beitragsfrei sind. Damit erhält das „Klage-Universum“ zur Verbeitragung von Betriebsrenten eine neue Facette.
Bekanntlich hatten ja auch Bezieher von Leistungen aus deutschen Einrichtungen vielfältige Klagen erhoben und letztlich politisch seit dem 1. Januar 2020 zumindest ein Abmilderung durch den neuen Freibetrag erreicht. Das BSG hatte sich nun mit dieser schweizerisch-deutschen Fallkonstellation zu befassen (BSG, Urteil vom 23. Februar 2021, Az.: B 12 KR 32/19 R, Terminbericht) und kam letztlich zum Schluss, dass sowohl obligatorische wie überobligatorische Leistungen aus Schweizer Pensionskassen voll zu verbeitragen sind.
Der Fall
Der Kläger bezieht neben seiner Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) seit 1. Juli 2012 u.a eine monatliche Rente aus einer schweizerischen Pensionskasse seines ehemaligen Arbeitgebers. Auf diese wurden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung bis zur Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt. Zuletzt wurde der halbe Beitragssatz zugrunde gelegt.
Der Rentner klagte darauf, dass die auf überobligatorischen Anteilen beruhenden Leistungen der schweizerischen Pensionskasse beitragsfrei zu lassen sind. Damit blieb er vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht erfolglos: Bei der Leistung der Pensionskasse – so argumentierten die Gerichte – handele es sich sowohl bezüglich der obligatorischen als auch der überobligatorischen Leistungsanteile um eine der Rente aus der GRV vergleichbare Rente aus dem Ausland. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, sei die Leistung jedenfalls als Versorgungsbezug zu verbeitragen.
Mit seiner Revision vor dem Bundessozialgericht rügt der Kläger eine Verletzung von § 228 Satz 2 SGB V. Bei seinem ehemaligen Arbeitgeber gebe es zwei Pensionskassen mit unterschiedlichen Versorgungsordnungen (Reglements). Rechtsgrundlage der überobligatorischen Leistungen der Pensionskasse 2 sei nicht das Schweizerische Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, sondern allein der Arbeitsvertrag, nach dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils Beiträge aufzubringen hätten. Diese seien steuerrechtlich nicht begünstigt. Insoweit handle es sich um eine private gewillkürte Altersvorsorge. Die Gleichsetzung von Obligatorium und Überobligatorium verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG.
Das Urteil des Bundessozialgerichts
Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen. Die Leistungen der schweizerischen Pensionskasse sind in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung auch insoweit beitragspflichtig, als sie auf überobligatorischen Anteilen beruhen. Sie sind entweder einer deutschen Rente oder einer deutschen betrieblichen Altersversorgung vergleichbar.
Zur Begründung verglichen die obersten Richter die Schweizer Leistung mit der deutschen Rentenversicherung und einer deutschen bAV und sahen vor allem die Vergleichbarkeit mit einer deutschen Betriebsrente gegeben und die wird nach § 229 SGB V voll der Beitragspflicht unterworfen:
Die Vergleichbarkeit einer ausländischen mit einer inländischen Sozialleistung setzt voraus, dass die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt – wie hier – den typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht. Die auf überobligatorischen Anteilen beruhenden Pensionsleistungen knüpfen an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze an, dienen als Lohnersatz der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und werden von einem „Sozialversicherungsträger“ für den Bereich der beruflichen Vorsorge erbracht. Auch deutsche Renten werden nach freiwilligen Beitragszahlungen sowie Steigerungsbeträgen aus Beiträgen der Höherversicherung nach altem Recht bemessen.
Allerdings liegt für Leistungsanteile im Rahmen einer vom Arbeitgeber organisierten Altersversorgung, die nicht auf einer gesetzlichen, sondern arbeits- oder tarifvertraglichen oder ähnlichen Verpflichtung zur Einbeziehung in die Altersvorsorge beruhen, ein Vergleich mit einer Rente der betrieblichen Altersversorgung näher. Voraussetzung hierfür ist, dass sie sich sowohl organisatorisch/institutionell als auch rechnerisch hinreichend deutlich von den nach gesetzlichen Vorschriften verpflichtenden Leistungsanteilen abgrenzen lassen. Darüber hinaus kommt es darauf an, dass die Leistungen dem Zweck der Altersvorsorge dienen und ein hinreichender Zusammenhang zur früheren Berufstätigkeit besteht.
Das ist hier der Fall. Der frühere Arbeitgeber des Klägers war organisatorisch und finanziell sowohl an der Einrichtung und Verwaltung der Pensionskasse beteiligt als auch an der Durchführung und Umsetzung der Altersversorgungsleistungen. Hinweise darauf, dass der berufliche Bezug bereits vor Beginn der Pensionskassenleistung gelöst wurde, bestehen nicht (Das ist dann der Fall, wenn nach einem Versicherungsnehmerwechsel auf den ehemaligen Arbeitnehmer von diesem die Beiträge getragen werden). Nicht erforderlich ist, dass die Pensionskasse allen Anforderungen einer Pensionskasse oder sonstigen Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung nach deutschem Betriebsrentenrecht entspricht. Die steuerrechtliche Beurteilung überobligatorischer Leistungsanteile führt zu keinem anderen Ergebnis.
Autor: VW-Redaktion
Das Bundessozialgericht hat mit seinem Urteil weit überzogen
Richtig und sozialgerecht ist, dass auch die Beiträge aus dem überobligatorischen Anteil zumindest zu 50% seitens einer Deutschen Krankenkasse geltend gemacht werden können
Das Bundessozialgericht hat nicht einem Vergleich der schweizer Pensionskassen mit der deutschen Riester Rente unterzogen, welche dem Statuten nach eher den gesetzlichen Vorgaben der Schweizer Gesetzgebung gleichkommen.
Darüberhinaus besteht eine Diskrepanz zu schweizer Bürger, welche als Pensionäre in Deutschland ansässig sind und vorher nie in deutsche Krankenkassen einbezahlt haben. Diese können weiterhin bei den günstigeren schweizer Krankenkassen versichert bleiben. Die Techniker Krankenkasse hatte gute Lobbysten beim Bundessozialgericht.