Vertrieb: Keine Angst vor Nettotarifen
Nettotarife führen bisher in der Lebensversicherung eher ein Schattendasein. Dabei schaffen Vermittler nach Aussage von Experten mit der Honorarvermittlung eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Wo hakt es? Der Fachkongress „Keine Angst vor Nettotarifen“ des Dienstleisters Nettowelt GmbH wollte gestern Aufschluss darüber geben.
Ziel von Nettopolicen im Lebensbereich ist es Kosten zu reduzieren und damit die Leistung von Altersvorsorgeprodukten zu erhöhen. Dazu tragen nach Auffassung von Michael Scheerer und Martin Zimes, beide Geschäftsführer der Nettowelt, nicht nur fehlende Abschlusskosten bei, sondern auch deutliche Reduzierungen in den Bereichen Verwaltungskosten, Stückkosten sowie Kapitalanlagekosten. Die zu erwartenden Auszahlungen würde im Vergleich zu Bruttotarifen so deutlich ausfallen, dass Kunden in der Mehrzahl gern bereit seien die anfallenden Honorare zu bezahlen, sind sie überzeugt.
Bei dem Vergleich einer Bruttopolice der AachenMünchener, bei der bereits 8.000 Euro für die Altersvorsorge angespart wurden, in die noch 20 Jahre lang monatlich 100 Euro eingezahlt werden und für die eine beispielhafte Marktrendite von sechs Prozent angenommen wird, mit einer gleichartigen Nettopolice ergibt sich demnach ein Unterschied in der Ablaufleistung nach Steuern in Höhe von gut 10.000 Euro. Ein Argument contra Nettopolicen betrifft die – mangelnde – Bereitschaft von Kunden ein Honorar zu zahlen. Doch wenn man einer Studie der Innofact AG von August 2019 Glauben schenkt, dann kannten zwar 73,7 Prozent der 1.000 Befragten zwischen 18 und 65 Jahren Nettopolicen gar nicht, zeigten sich aber – nach einer kurzen Erklärung des Nettoprinzips – zu 77 Prozent daran interessiert.
Sinnvolle Ergänzung des Geschäftsmodells
Daher könne die Honorarvermittlung – hier zahlt der Kunde im Unterschied zur Honorarberatung nur dann, wenn es zu einer Vermittlung kommt – eine sinnvolle Ergänzung des Geschäftsmodells vieler Makler seien, betonte Scheerer. „Makler müssen sich ja nicht entscheiden, ob sie ihren Kunden Brutto- oder Nettotarife anbieten, sondern können sich nach den Wünschen des Kunden richten. Er kann sogar ein und demselben Kunden Brutto- und Nettopolicen vermitteln“, erklärte er. Insofern gehe er keine Risiken ein. Auch Registrierungs- und Umsatzsteuerpflichten entstehen nicht. Die Chancen hingegen seien vielseitig. Zum einen könne man beim Kunden mit einer völlig neuen Verkaufsstory punkten, die noch dazu im Sinne des Verbraucherschutzes sei; die Empfehlungsbereitschaft sei entsprechend hoch. Die Vergütungshöhe könne man unabhängig vom Versicherer gestalten, auch was politische Entscheidungen betrifft – Stichwort Provisionsdeckel – habe man keine Probleme.
Versicherungsvergleiche, wie sie viele Kunden vor der Beratung initiieren, brauche man nicht scheuen, da auf Vergleichsportalen keine Nettotarife zu finden seien. Wer neu in die Nettovermittlung einsteigt, sollte sich nach Auffassung der Nettowelt-Geschäftsführer an einen Dienstleister wenden, da beispielsweise schon die Bereitstellung haftungssicherer Vermittlungs- und Betreuungsvereinbarungen nicht trivial sei. Zudem bekommen Makler dort Unterstützung u.a. in Form von Schulungen, bei der Tarifauswahl, im Verkaufsprozess, durch Bereitstellung von Vergleichsrechnern und einer Abwicklungsplattform. Diese Dienstleistungen bezahlt der Makler im Falle von Nettowelt entweder als konstanten Monatsbeitrag oder je Honorarvermittlung.
Kostendiskussion aktiv angehen
Für Alan Lehr, Geschäftsführer der Maklerfirma In Seven Group GmbH aus Ostfildern, halten Nettotarife nur Vorteile bereit – für ihn und auch für seine Kunden. Für seine Firma als Startup, das sich schnell und innovativ gibt, sind Nettotarife ein wichtiges Standbein. „Für Kunden ist das ein Ausdruck dafür, dass wir mit der Zeit gehen“, ist er sicher. Fragen oder Diskussionen um Honorarzahlungen sind für ihn Anlass, Kunden den Unterschied zwischen Brutto- und Nettoprodukten zu erläutern.
„Kunden wissen, dass jedes Produkt Initialkosten hat, auch Bruttopolicen – allerdings versteckte“, meinte er. Richtig erklärt, kommen nach seiner Auffassung Nettopolicen nicht nur für eine bestimmte – gut betuchte – Klientel in Frage, sondern für jeden Kunden. Man habe ein schlankes Beratungsgesprächsmodell entwickelt, an dem man sich orientiert. Die Beratungstiefe richte sich dann am konkreten Bedarf des Kunden aus. Entsprechend werde mit einem Grundhonorar gearbeitet – auch bei Betreuungsvereinbarungen –, das je nach Intensität der Kundenbeziehung angepasst wird.
Was das Betreuungshonorar bei Nettotarifen betrifft, das im Schnitt bei vier bis fünf Prozent der Beitragssumme liegt, ist das für Kunden nach seiner Auffassung deutlich günstiger als die hohen laufenden Verwaltungskosten, die bei Bruttoprodukten anfallen.
Autorin: Elke Pohl