100.000 Euro pro Person: Corona-Infizierte verklagen Ski-Ort Ischgl

Quelle: Hans / Pixabay

Einen ersten Muster-Prozess soll es zur Rolle des österreichischen Touristenorts Ischgl bei der Verbreitung des Coronavirus geben. Er werde Ende September erste Klagen von Opfern auf Schadenersatz und Anerkennung von Folgeschäden beim Landgericht Wien einbringen, kündigte der österreichische Verbraucherschützer Peter Kolba an. Auch deutsche Opfer können klagen.

„In einzelnen Fällen geht es um 100.000 Euro“, sagte Kolba. Darunter seien auch Fälle von Deutschen, die entweder durch die Erkrankung gestorben seien oder, wie im Fall eines Mannes aus dem Rheinland, nach langem Aufenthalt auf der Intensivstation mit Folgeschäden zu kämpfen hätten.

Laut Darstellung von Kolba haben die Verantwortlichen zu spät und nicht umfassend genug auf den Ausbruch der Coronakrise reagiert. Von dem für seine Après-Ski-Szene bekannten Ischgl aus sei das Virus in 45 Staaten ausgetragen worden. Mehr als 6.000 Tirol-Urlauber, davon viele Deutsche, haben sich inzwischen bei Kolba als Geschädigte gemeldet. Rund 1.000 Menschen haben sich laut dem Verein bereits dazu entschlossen, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anzuschließen.

Auch private Unternehmen können haftbar gemacht werden

Anwalt Hannes Wiesflecker erklärt die Folgen, falls die Behörden Informationen über Infizierte zurückgehalten haben. „Wenn dies zutrifft, dann wären zahlreiche Schäden durch das rechtswidrige Verhalten der jeweiligen Behörde verursacht. In diesem Fall kommt das Amtshaftungsgesetzzur Anwendung, welches Schadenersatzansprüche regelt, die durch Amtsträger in Ausübung ihrer Tätigkeit verursacht wurden.“ Eine allfällige Klage richte sich dann nicht gegen den Amtsträger als Person, sondern gegen die Institution, die er repräsentiert, also Bund, Land, Gemeinde etc.

Bei privaten Unternehmen ergebe sich die Rechtswidrigkeit aus der Verletzung der sogenannten Schutz- und Sorgfaltspflichten. Diese gelten immer, auch wenn sie nicht zwischen Kunden und Unternehmer ausdrücklich vereinbart sind, erklärt der Jurist. Hotelier und Lokalbetreiber müssen von sich aus alles unternehmen, um eine Gefährdung ihrer Gäste zu vermeiden, z. B. indem sie erkrankte Mitarbeiter nicht arbeiten lassen, Räume desinfizieren, unter Umständen sogar ihren Betrieb schließen und die Behörden mit wichtigen Informationen versorgen. Wiesflecker schreibt, dass den Unternehmen das rechtmäßige Verhalten „ohne Probleme“ möglich gewesen wäre. Die Meldung an die Behörde hätte erfolgen, der erkrankte Mitarbeiter nach Hause geschickt werden können.

Die Frist zur Erhebung einerKlage auf Schadenersatz beträgt drei Jahre, nachdem der Schaden und der Schädiger bekannt geworden sind. Nach 30 Jahren verjähren alle Ansprüche auf Schadenersatz. Sein Rat: „Insbesondere sollten alle Geschädigten ihre Ansprüche prüfen lassen, die in den Skigebieten Ischgl, Paznauntal, St. Anton am Arlberg, Sölden, Zillertal, Mayrhofen, Gerlos, Zell am Ziller und Aschau-Kaltenbach Urlaub gemacht haben. Schäden können wie schon ausgeführt nicht nur Schmerzensgeld aufgrund von Erkrankungen oder entgangenem Urlaub sein, sondern auch durch die Quarantäne verursachte Ausfälle bei Einkommen oder sonstige Kosten, die dadurch entstanden sind.“

Autor: VW-Redaktion

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