Mehr Abschlüsse durch KI-Recherche-Assistenz

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Ein Vertriebsmitarbeiter hat einen potenziellen Industriekunden am Telefon, der eine spezielle Frage stellt. Für die Beantwortung muss man das Gespräch unterbrechen und andere Experten kontaktieren, die wiederum im Urlaub oder ausgelastet sind. Ein potenzieller Abschluss ist somit in Gefahr. Eine interne KI-Recherche-Assistenz kann für Entlastung, mehr Effizienz und mehr Abschlüsse sorgen.

Ein Vertriebsmitarbeiter hat beispielsweise einen potenziellen Industriekunden am Telefon, der großes Interesse an einer Gewerbegebäudeversicherung zeigt. Doch bevor es zum Abschluss kommt, stellt der Unternehmensvertreter eine spezielle Frage, auf die der Vertriebler noch keine Antwort hat. Der häufige Ablauf: Der Versicherungsmitarbeiter verspricht die Klärung der Frage und einen Rückruf. Dafür muss er jedoch das verheißungsvolle Gespräch unterbrechen, um die Experten im Innendienst zu kontaktieren. Sind sie gerade im Urlaub, in der Pause oder schlicht überlastet, es kann dauern, bis der Vertriebsmitarbeiter die benötigten Informationen an den potenziellen Kunden weitergeben kann – etwa zur genauen Definition von Nebengebäuden in den Versicherungstarifen.

Wenn es schlecht läuft, schließt dieser beim Wettbewerber ab oder vertagt das Thema. Hier kommt moderne KI-Recherche-Assistenz ins Spiel. Sie hilft, indem sie die spezifischen Fragen für den Mitarbeiter analysiert, mit einer Vielzahl von Dokumenten und dokumentiertem Wissen abgleicht und eine exakte Antwort liefert. Keine Warteschleifen, keine Rückrufe – und somit potenziell mehr Abschlüsse.

KI-Recherche-Assistenz greift auf das gesamte Versicherungswissen zu

Heutige KI-Technologie ermöglicht derartige Recherche-Assistenz. Die Qualität hängt vom Zugriff auf möglichst viele verschiedene und relevante Daten ab. Eine von Sopra-Steria-Versicherungsexperten entwickelte KI-Assistenz greift hierfür auf eine Plattformarchitektur zurück. Sie ermöglicht, unternehmensspezifische Daten anonym zu verwenden, eigene Tools zur Identifizierung der richtigen Antworten ohne Halluzination zu erweitern, ein besseres Verständnis mittels selbststrukturierender Datenbanken zu erlangen und entsprechende Antworten strukturiert, als Wissen zu dokumentieren. Der Bot ist verknüpft mit zahlreichen Policen, Dokumenten, Bedingungswerken und Historien auf dem Server oder in der Cloud des Versicherungsunternehmens.

Die KI-Assistenz spart somit Unternehmen und besonders dem Außendienst Zeit und Kosten, da die vielen manuellen Rechercheaufgaben wegfallen. Die Plattform wurde in dem konkreten Fall auf Basis einer Architektur entwickelt, die es ermöglicht, Large Language Models (LLMs) beliebig auszutauschen und Versicherungsspezifika gezielt zuzuführen, ohne die Gefahr, dass unternehmensspezifische Daten zum Training der LLMs genutzt werden. Der KI-Assistent kann somit Auskunft geben, ob beispielsweise bei der Hausratversicherung eines Versicherungsnehmers Fahrräder gegen Diebstahl mitversichert sind, wie Nebengebäude definiert werden, welche Ausschlusskriterien Bestandteil einer Police sind oder auch welche Cross-/Upselling-Potenziale bei der Peergroup eines Kunden häufig erfolgreich platziert werden. Dabei werden ggf. angegebene personenbezogene Daten anonymisiert: Aus Frau Mustermann, 41 Jahre, mit zwei Kindern macht der Assistent beispielsweise eine 40- bis 45-jährige Frau mit zwei Kindern. Die Lösung lässt sich innerhalb von zwei bis drei Monaten in eine Versicherungsarchitektur integrieren und rentiert sich bereits nach rund zwölf Monaten.

Sachbearbeitung entlasten

Vertriebsunterstützung ist ein zentrales Anwendungsgebiet für KI-Assistenten, doch das Tool kann auch viele andere Bereiche entlasten. Dazu zählt die Sachbearbeitung. Sie ist teuer und das Automatisierungspotenzial ist groß. Zudem leidet die Versicherungsbranche besonders stark unter dem Fachkräftemangel. Bis zu 30 Prozent der Mitarbeitenden stehen in den kommenden fünf bis zehn Jahren nicht mehr zur Verfügung – damit verlieren die Versicherer neben Arbeitskraft auch Fachwissen und Erfahrung.

Diese Lücke können KI-Recherche-Assistenten füllen. Die heutige und künftige Lösungsgeneration übernimmt die Suche nach Antworten auf spezifische Kundenanfragen und nach individuellen Tarifen. Darüber hinaus können die Lösungen das Wissensmanagement und die Einarbeitung neuer Kollegen unterstützen. Wenn etwa ein unerfahrener Mitarbeiter in der Sachbearbeitung eine Schadenmeldung erhält, liefert der KI-Assistent die dazu passenden Arbeitsanweisungen. Die Mitarbeitenden müssen nicht mehr alle Arbeitsschritte genau im Kopf haben, sie fragen im Zweifelsfall einfach die Künstliche Intelligenz. So erhalten sie gerade bei Standardfragen schnelle, fundierte Antworten und müssen nicht jedes Mal darauf warten, ob ein Kollege Zeit hat.

Die Assistenz-Lösungen können darüber hinaus darauf trainiert werden, Dokumente nach einem vorgegebenen Muster automatisiert und schnell zu analysieren. Bei einem Krankenversicherer kann das ein OP-Bericht sein, bei dem die KI-Assistenz die Arztrechnung mit der umfangreichen Gebührenverordnung abgleicht. Das erspart den Mitarbeitenden die Mühe, die vielen Seiten der Verordnung zu durchforsten oder entsprechende Gesellschaftsärzte zu kontaktieren. Ähnlich läuft es bei Kfz-Versicherungen, für die der KI-Assistent die in Rechnung gestellten Verrechnungssätze der Partnerwerkstätten mit den zuvor vereinbarten Sätzen abgleicht. Die Lösung hilft auch im Input Management und erweist ihr Potenzial besonders in den Bereichen, wo klassische OCR-Lösungen an ihr Limit gelangen. So können Erkennungsquoten durch die Verbindung von OCR und dieser KI-Plattform enorm gesteigert werden.

KI erkennt kritische Kundensituationen

Richtig trainiert und eingesetzt, können Assistenz-Lösungen auch vorausschauend agieren und potenzielle Konflikte mit Kunden entschärfen. Wenn beispielsweise ein Kunde mit seiner hinterlegten Telefonnummer anruft, startet ein digitaler Assistent sofort eine Analyse der Kundenhistorie und sucht wichtige Informationen heraus, die dem Mitarbeiter helfen, besseren Kundenservice zu leisten. Es würde beispielsweise die Nachricht auftauchen, dass der anrufende Kunde vor wenigen Tagen eine Beschwerde beim Vorstand eingereicht hat oder das Haustier des Versicherten vorgestern Geburtstag hatte.

Mithilfe der Daten zum Vertragsbestand des Kunden kann der Mitarbeiter seine Kommunikation entsprechend anpassen. Auf diese Weise befähigt KI den Versicherungsmitarbeiter, empathischer und kundenorientierter zu handeln. Mit passenden Informationen zum Umfeld des Kunden lässt sich gleich beim Gesprächs- oder Chateinstieg eine Atmosphäre schaffen, die Kundenkenntnis vermittelt und sich positiv auf Kundenzufriedenheit und damit Kundenbindung auswirkt.

Fazit

Der Einsatz klassischer Bots ist in der Versicherungsbranche nicht neu. Die heutige KI-Technologie ermöglicht allerdings einen Durchbruch auf dem Gebiet unterstützender Assistenz-Lösungen. Speziell generative künstliche Intelligenz kann helfen, Vertrieb und Kundenservice deutlich effizienter zu gestalten und Mitarbeitenden messbar Arbeit abzunehmen. Versicherer sorgen für eine durchgängig gute bis sehr gute Qualität, indem viele Antworten oder Informationen von KI-Assistenten erstellt oder vorbereitet werden.

Die Verknüpfung von Informationen hilft, kritische Kundensituationen zu erkennen und zu entschärfen, und die Technologie ist in der Lage, aus Kundenkontakten Vertriebspotenzial herauszulesen und im besten Fall zu Abschlüssen zu gelangen. All das natürlich nur mit der entsprechenden Spezifikation bzgl. Versicherungswissen und unter Einhaltung aller Compliance-Vorschriften sowie in einer kontrollierbaren und nachvollziehbaren Umgebung.

Autoren: Thorsten Voith von Voithenberg ist Head of Insurance bei Sopra Steria Next Deutschland. Maximilian Woldt ist Client Unit Partner des Bereichs Insurance bei Sopra Steria Next Deutschland.

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