Kapitalkosten stressen Sachversicherer

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Die Sachversicherungsbranche passt sich schnell an die neue Ära höherer Zinsen an, die durch die stärkste Straffung der Geldpolitik seit den 1980er-Jahren eingeleitet wurde. Das Swiss Re Institute spricht für 2023 von einem Übergangsjahr, in dem sich die Profitabilität der Branche weltweit verbessert. Die Preise werden an die erhöhten Risiken angepasst.

Zudem sorgen die gestiegenen Portefeuille-Renditen für höhere Nettokapitalerträge. Trotz besserer Profitabilitätsaussichten dürfte laut Sigma-Studie „Raising the bar – non-life insurance in a higher risk, higher return world“ die Profitabilität der Sachversicherer 2023 hinter den gestiegenen Kapitalkosten zurückbleiben. Die Experten gehen davon aus, dass 2024 von einem weiteren Anstieg der Prämien und von Kapazitätsengpässen bestimmt sein wird.

Trotz besserer Profitabilitätsaussichten erwartet das Swiss Re Institute im Nichtleben-Versicherungsgeschäft einen anhaltenden Nachfrageüberhang, sodass die aktuellen Marktbedingungen mit steigenden Preisen andauern dürften, insbesondere in der Sachkatastrophen-Versicherung. Die Nachfrage nach Versicherungsschutz nimmt bereits seit 2017 zu, bedingt durch die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen sowie durch die Inflation, die zu höheren Wiederbeschaffungswerten führt. 

Um die Deckungslücken bei Versicherungsschäden zu schließen, muss das Kapital der Branche schneller wachsen. Das Swiss Re Institute schätzt, dass beispielsweise in den USA das Kapital der Sach- und Haftpflichtversicherer in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 5 Prozent jährlich gewachsen ist. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Versicherungsschutz gegen Naturkatastrophenrisiken um durchschnittlich 7 Prozent pro Jahr gestiegen.

Weltweit hat der Wert der nicht gedeckten Risiken in den vergangenen fünf Jahren stetig zugenommen. Swiss Re beziffert weltweiten Deckungslücken in der Naturkatastrophen-, Ernte-, Todesfall- und Krankenversicherung für 2022, ausgedrückt in Prämienäquivalenten, auf insgesamt 1,8 Bio. US-Dollar.

„Im gegenwärtigen Umfeld, in dem Kapital knapp ist, können Rückversicherer Erstversicherern ermöglichen, Neugeschäft effizienter zu zeichnen und Sicherheit für bestehende Verbindlichkeiten zu schaffen“, erklärt Gianfranco Lot, Chief Underwriting Officer P&C Reinsurance von Swiss Re. „(…) Das gestiegene Risikoumfeld erfordert häufigere Anpassungen der Zeichnungsmodalitäten. Entscheidend wird deshalb sein, dass die gesamte Branche besonderen Wert legt auf die Qualität des Portefeuilles, auf Margen und auf vertragliche Klarheit.“

Die Versicherungswirtschaft reagiert sensibel auf das Zinsniveau, weil die Hebelwirkung des Fremdkapitals und die Duration in ihrem Geschäftsmodell eine wichtige Rolle spielen. Sowohl die niedrigen Zinsen in den zehn Jahren vor und während der Covid-19-Pandemie als auch die aktuell höheren Zinsen haben grundlegende Auswirkungen auf die Profitabilität und das Risikomanagement von Versicherern.

Bis zur Auszahlung von Versicherungsleistungen investieren Versicherer die Mittel aus dem Versicherungsgeschäft in eine breite Palette von Wertpapieren, insbesondere in festverzinsliche Anlagen mit längeren Laufzeiten. Daher führen höhere Zinsen zu einer höheren Profitabilität der Branche.

Autor: VW-Redaktion