„Für uns Makler ist es aktuell anstrengend wie nie“

Beratung von Maklern gefragt wie nie.. Bildquelle: mohamed Hassan auf Pixabay

Die BDVM-Makler kommen gut durch die Corona-Krise und sind optimistisch für die weitere Entwicklung. 98 Prozent beurteilten bei der traditionellen Trendumfrage des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler e.V. ihre Geschäftslage in den ersten acht Monaten 2021 als „gut“ oder „befriedigend“, sagte Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand des Verbandes.

An der Umfrage beteiligten sich 232 (265) Makler – repräsentativ über alle Größenklassen hinweg. „Die Makler waren in der Corona-Situation so viel gefragt wie nie zuvor.“ Damit die Makler ihre Kunden entsprechend unterstützen konnten, habe der Verband unter anderem Webinare – etwa zur Kurzarbeit – angeboten. „Wir haben aber auch Glück gehabt, dass die staatlichen Maßnahmen viele Unternehmen aufgefangen habe und damit eine Insolvenzwelle im zunächst befürchtetem Ausmaß ausgeblieben ist“, so Jensen.

Grund für die positive Einschätzung waren unter anderem bei 68,5 (61,4) Prozent steigende Courtage-Einnahmen; vor allem in der Sachversicherung. 60 Prozent der Mitglieder meldeten hier gestiegene Courtageeinnahmen, 26 Prozent konstante und zehn Prozent schlechte. Letztere waren oftmals besonders stark in von der Pandemie betroffenen Spezialsegmenten (z.B. Eventversicherung) tätig. In der Lebens- sowie in der Krankenversicherung fielen die Courtagen hingegen bei 15 bzw. acht Prozent geringer und bei 37 bzw. 46 Prozent konstant aus. Jenssen nannte das Geschäft der Mitglieder „im Durchschnitt stabil, man ist aber weit davon entfernt, nicht zu wissen, wohin mit dem Geld“.

„Anstrengend wie nie“

Diese Aussage bezog sich auf Journalistenfragen, inwieweit die Makler von der Verhärtung im industriellen Markt profitieren. Thomas Haukje, Geschäftsführender Gesellschafter Nordwest Assekuranzmakler GmbH & Co. KG, berichtete in seiner Eigenschaft als BDVM-Präsident, dass die Sanierungswelle in diesem Segment unvermindert weiter gingen. „Seit mehr als drei Jahren wird zu jeder Prolongation ein neuer Akt im dunklen Sanierungstheater aufgeführt“, so Haukje. Das üblicherweise Ende September beendete Renewal sei immer noch nicht beendet – und keineswegs „sanft“, wie im Vorjahr nach den Klagen der Industrie versprochen. „Das Renewal läuft aber wieder sehr ruppig.“

„Für uns Makler ist es aktuell anstrengend wie nie. Die unterschiedlichsten Anforderungen der Versicherer zu kanalisieren, zu managen und die richtige Dosis zu finden, das gleicht oft dem Tango auf dem Drahtseil. Täglich müssen wir die Schippe von der Wand nehmen und nach Kapazitäten graben. Langsam wird es knapp in der Kapazitätsmine“, sagte Haukje.

Gleichwohl berichtete er auch, dass in den Sachsparten „endlich etwas Ruhe“ einzukehren scheine und die Forderungen nach höheren Prämien nicht mehr ganz so stark ausfielen. „Trotz Bernd läuft die Prolongation in den Sachsparten im Vergleich der letzten Jahre nicht mehr ganz so wild.“ Problematisch bliebe die Eindeckung von kritischen Risiken wie z.B. Recycling, Holz, Kunststoff, Galvanik oder Fleisch. In Haftpflicht zieht der Markt aber an und dies bei sinkenden Kapazitäten und steigenden Prämien vor allem für Risiken wie Automotive, Pharma, Chemie und US-Risiken.

Cyber- und D&O-Markt mit Problemen

„Der D&O Markt spielt weiterhin verrückt“, so Haukje. Ausstehende Großschäden wie Wirecard und Greensill hätten neben dem „VW-Schaden“ das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Einige Versicherer kürzten ihre Deckungssummen auf zehn (15) Millionen und verschlechterten die Bedingungen (z.B. die Streichung der zweifachen Maximierung, der Wiederauffüllungsklausel oder von Zusatzlimiten). Unverändert schwierig ist es den BDVM-Vorständen zufolge bei der Deckung von D&O- sowie von Cyber-Risiken. Bei Cyber zeigten sich die jahrelangen und umfangreichen Beratungen der Kunden durch die Makler endlich Früchte, und nun sind die Versicherer auf dem Rückzug – kollabierende Kapazitäten und explodierende Preise. Thomas Olaynig, Geschäftsführer der Marsh GmbH, sagte, dass die Cyber-Versicherungsprämien branchenunabhängig weiterhin um ca. 40 Prozent stiegen, was teilweise auch am niedrigen Niveau liege. Die geschätzte Schadenquote in Kontinentaleuropa habe 2020 circa 74 Prozent betragen, bei einigen Versicherern dürfte sie „deutlich über 100 Prozent liegen“. Auf einer Konferenz sei gar von 180 Prozent die Rede gewesen, so Olaynig. Der überwiegende Teil der Schäden beinhaltet Betriebsunterbrechungen und Wiederherstellungskosten aufgrund von Ransomware-Angriffen. Der BDVM plädiert für einheitliche Standards und Mindestanforderungen beim Cybermanagement, nach denen ein Risiko versicherbar ist und bleibt.

Bei der Umsetzung von ESG-Kriterien warnte der BDVM – wie übrigens auch der GVNW Gesamtverband der versicherungsnehmenden Wirtschaft e.V. vor einigen Wochen –, dass Zeichnungsrichtlinien schon strikter hinsichtlich der Dekarbonisierung der Wirtschaft seien als staatliche Vorgaben. „Hier müssen wir aufpassen, dass nicht komplette Industrien unter die Räder kommen“, so Haukje.

Hartmut Goebel von der GermanBroker.net AG sagte, dass belastbare Nachhaltigkeitsratings für Lebens- und Kompositversicherer als Corporate und Lieferanten bisher fehlten. „Nachhaltige Sach-HU-Produkte sind in Ansätzen bisher nur für Privatkunden erkennbar. Im gewerblichen Bereich fehlen sie praktisch vollständig. Hier dominieren weiterhin Bedingungsqualität, Zeichnungsbereitschaft und Preis, insbesondere bei mittelständischen Unternehmen“, so Goebel. Wissen und Interesse, das eigene Maklerunternehmen nachhaltig aufzustellen und eventuell auch zertifizieren zu lassen seien noch schwach ausgeprägt.

Weitere Themen des Pressegesprächs waren die Vergütungsthematik, zu dem Jenssen bekannte Positionen darstellte sowie die Entwicklung und Probleme in der betrieblichen Altersvorsorge mit dem „kläglichen“ Scheitern des Sozialpartner-Modells. Felix Hänsler, Niederlassungsleiter SÜDVERS Vorsorge GmbH schlug unter anderem vor, dass das SPM frei beraten werden dürfe. Wären moderne Produkte mit reduzierten, aber „vernünftigen“ Garantien möglich, könne man allen gerecht werde.

Autor: Monika Lier

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