Case Study: Wie die Basler ihr Transformationsprojekt stemmt

Ricarda Mertens, Product Owner Policy Center bei der Basler Deutschland (links) und Justyna Mekler, Managing Consultant bei Sollers. Quelle: Sollers

„Sukzessive Ablösung des Altsystems“ – diese Worte lassen Versicherungsvorstände vor Schreck erstarren.  Wie die Basler mithilfe des  IT-Spezialisten Sollers beim Transformationsprojekt letztlich alle Digitalkliffe umschiffte, erklären Ricarda Mertens, Product Owner Policy Center bei der Basler Deutschland, und Justyna Mekler, Managing Consultant bei Sollers.

VWheute: Frau Mertens, wann wussten Sie, dass die Einführung eines neuen Kernsystems ansteht und wie kommuniziert man das gegenüber dem Vorstand?

Ricarda Mertens: Die Einführung eines neuen Kernsystems war eine Unternehmensentscheidung, welche vom Vorstand vollumfänglich vertreten wurde. Da die Einführung eines neuen Kernsystems eines der höchst priorisierten Projekte im Projektportfolio darstellt, ist das Involvement und das Engagement bei allen Beteiligten im Unternehmen enorm hoch.

VWheute: Was wird umgebaut, in welchem Zeitraum, was soll erreicht werden – ich denke da an Schnittstellen- oder Plattformökonomie-Optionen, welches Budget steht zur Verfügung?

Ricarda Mertens: Bei dem IT-Transformationsprojekt handelt es sich um eine sukzessive Ablösung unseres Altsystems. Die sukzessive Ablösung basiert auf unseren Produkten im Standardtarifgeschäft, welche schrittweise in das neue Kernsystem überführt werden. Das bedeutet, dass alle Prozesse, welche für das Versicherungsgeschäft notwendig sind, mit der Systemeinführung sichergestellt werden müssen. Dazu zählt unter anderem die Anbindung an die benötigten Schnittstellen nach außen sowie an die bestehenden Umsysteme innerhalb der Basler Versicherungen, die Migration der Altbestände und letztendlich die Abschaltung des Altsystems. Dabei ist die gesamte IT-Transformation eine erhebliche strategische Investition. Diese ermöglicht uns in Zukunft, effizient aufgestellt zu sein.

VWheute: Frau Mekler, wann wird Sollers bei einem solchen Projekt optimalerweise hinzugezogen, bereits bei der Analyse des Ist-Zustandes? Wann war es bei der Basler so weit?

Justyna Mekler: Wir begleiten Unternehmen oft schon in einer sehr frühen Phase, wenn es darum geht herauszufinden, welches Kernsystem am besten zu dem Unternehmen passt. Analysefirmen ranken einzelne Kernsysteme, doch das hilft wenig, wenn es darum geht zu bestimmen, ob ein bestimmtes System wirklich zu den Zielen des Versicherers passt. Bei der Basler hat Sollers das Transformationsprojekt bereits in der Findungsphase, dem sogenannten Proof-of-Concept, unterstützt.

VWheute: Was steht im Vordergrund, das machbare oder das optimale Ergebnis? Wie wurde letztlich entschieden, worauf liegt der Fokus?

Ricarda Mertens: Eines der wichtigsten Ziele ist die Transformation bzw. die Vereinfachung von Produkten und Prozessen. Hierbei sollen für das Unternehmen optimale Ergebnisse erreicht werden, mit dem Ziel, Kundenbedürfnisse vollumfänglich zu erfüllen und End-to-End-Prozesse zu gewährleisten.

Justyna Mekler: Ich stimme Ricarda hier zu. In Transformationsprojekten ist es wichtig zu verstehen, wie man das Unternehmen verändern möchte. Die Ziele des K2-Projektes sind sehr ambitioniert. Nach dem Go-live im September sieht man bereits, wie sich in der Kfz-Versicherung Produkt und Prozesse durch das neue Kernsystem verändern. Das zeigt: Man kann beides erreichen.  

VWheute: Was waren oder sind die größten Herausforderungen, was war einfacher als gedacht?

Ricarda Mertens: Wir lösen unser Altsystem sukzessive ab und optimieren unsere Produkte und Prozesse. Somit entsteht nach erfolgreicher Einführung für jedes Produkt sowohl eine technische als auch eine organisatorische Veränderung. In der Umsetzung unseres Vorhabens stehen wir vor folgenden Herausforderungen: Umgang mit agiler Arbeitsweise sowohl im Projekt als auch im Betrieb, kontinuierliche Umsetzung der neuen End-to-End-Prozesse innerhalb der Guidewiresuite, Sicherstellung der Projektziele in Bezug auf Scope, Zeit und Qualität.

Justyna Mekler: Ergänzend würde ich gerne noch hinzufügen, dass eine der technischen Herausforderungen während des ersten Releases vor allem die Deutschland-spezifischen Funktionalitäten war, beispielsweise die elektronische Versicherungsbestätigung und Versicherungswechselbescheinigung. Diese durch den GDV vorgegebenen Funktionalitäten sind komplex und schwer zu vereinfachen. Die Anbindung externer Systeme, wie beispielsweise an die für das Maklergeschäft wichtige BiPro-Schnittstelle konnten teilweise durch den von Guidewire gestellten Country Layer wiederverwendet werden.

VWheute: Wie schafft man es, dass das System nicht nur ein paar Jahre top ist, sondern auch auf Jahre an Gegebenheiten angepasst werden kann, die vielleicht aktuell noch gar nicht absehbar sind?

Ricarda Mekler: Ein Kernsystem begleitet einen Versicherer über einen langen Zeitraum. Darum sind moderne Kernsysteme modular aufgebaut. Einzelne Bestandteile können separat voneinander aktualisiert werden, je nachdem, wo der Bedarf am größten ist.

VWheute: Wie sieht Ihre Vorstellung für eine Top-IT bei einem Versicherer aus, wie nah dran ist die Basler nach dem Umbau?

Ricarda Mekler: Die Transformation, welche die Basler unternimmt, ist sehr umfangreich und wird das Unternehmen verändern. Die Basler gehört schon jetzt zu den Vorreitern auf dem deutschen Markt. Eine gute IT ist so flexibel aufgestellt, dass einzelne Komponenten problemlos modernisiert und angepasst werden können. Zudem sollte es eine hohe Konnektivität aufweisen.

VWheute: Ist Ihr System mit dem Ihres großen Schweizer Bruders kompatibel, war das eine Voraussetzung?

Ricarda Mertens: Sowohl die Konzernmutter in Basel als auch das zur Gruppe gehörende Insurtech Friday nutzen Guidewire. Durch den Einsatz der Guidewiresuite im Gesamtunternehmen werden Erfahrungswerte ausgetauscht und das Potenzial auf Synergien stetig geprüft und dementsprechend umgesetzt.

VWheute: Wann können wir mit dem Ergebnis rechnen, was erwartet Kunden und Vermittler?

Justyna Mekler: In jeder Projektphase implementiert die Basler alle Guidewiremodule. Das bedeutet die Einführung von Policy-, Claim- und Billingcenter als auch die Nutzung von Contact Manager und Data Hub. In der ersten Projektphase haben wir die Kfz-Versicherung innerhalb von zwei Jahren umgesetzt. Angesichts der Komplexität des Kfz-Geschäfts ist das ein sehr guter Erfolg.

Ricarda Mertens: Mit diesem Ansatz haben wir in der ersten Projektphase, in der es um die Implementierung von Kfz ging, wichtige Grundlagen geschaffen, auf welche wir in den darauffolgenden Phasen aufbauen können. Wir sind bereits mit Phase 2, der Implementierung der Privathaftpflicht, gestartet. In den Phasen drei bis fünf erfolgt die Implementierung für die Sachversicherungen wie Hausrat, Wohngebäude und Glasversicherung, folgend Unfall sowie das Standardtarifgeschäft in Gewerbe.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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