Laila Neuthor im Interview: „Wir sehen aktuell immer mehr Bestrebungen, die Risikoprüfung zu digitalisieren“

Laila Neuthor. Quelle: privat

Wie können BU- und Lebensversicherer ihre Prozesse weiter digitalisieren? VWheute sprach dazu mit Laila Neuthor, Chief Executive Officer & Co-Founder von we4 Impact über digitale Lösungsansätze für die Branche.

VWheute: Sie beraten Versicherer bei Fragen der Risiko- und Leistungsprüfung (RLP). Nennen Sie bitte ein, zwei Beispiele von Anfragen und ihren Lösungen.

Laila Neuthor: Ein Lebensversicherer wollte seine bereits in Teilen digitalisierte und automatisierte Risikoprüfung weiter verbessern. Das Ziel war, eine schrittweise Erhöhung des Anteils an automatisiert abgeschlossenen Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, ohne die Kosten zu erhöhen oder die Risikoqualität zu reduzieren.

Prinzipiell arbeiten wir immer parallel auf drei Ebenen: 1. der fachlich-inhaltlichen Ebene (also z.B. den konkreten med. Risikoannahmerichtlinien oder den digitalen Regeln in automatisierten UW-Tools) 2. der Prozessebene (also z.B. wie die digitalen und manuellen Prozesse in der Risikoprüfung gestaltet sind) und 3. der Kultur- und Organisationsebene (also wie ist z.B. die Innovations- oder Feedbackkultur und das „Mindset“, wie arbeiten die Teams miteinander, aber auch mit ihren Führungskräften und wie wird mit Veränderungen umgegangen, aber auch im Hinblick auf die Organisationsstruktur und das Know-how der Mitarbeitenden). Nachhaltige und messbare Veränderung passiert nur, wenn Sie alle drei Ebenen in Ihren Transformationsprozess einbeziehen.

Wir erarbeiten unsere Lösungen immer individuell und als gemeinsame Teamarbeit mit unseren Kunden und deren Mitarbeitenden. So auch in diesem Fall: Wir sind mit einem Visionsworkshop in das Projekt gestartet. Hier wurde ein übergeordnetes Ziel mit den Führungskräften festgelegt, welches in drei bis fünf Jahren erreicht werden soll. Dieses Ziel wurde gemeinsam mit einem Team an ausgewählten Mitarbeitenden, die das Projekt auch als „Change Agents“ begleiten, inhaltlich konkretisiert. Das ganze Projekt muss konkret auf diese Vision einzahlen. Im zweiten Schritt analysieren wir die Ausgangssituation.

Hier nehmen wir alle Antragsdaten, die wir bei unserem Kunden vorfinden, und identifizieren z.B. Prozessschleifen, häufige Prozessabbrüche und fehlende Standardisierungen in der Risikobewertung. Einfach ausgedrückt: wo ist der Prozess noch Manufaktur, wo hakt es im Zusammenspiel zwischen Vertrieb und Risikoprüfung und wo ist die Kundenorientierung im Prozess ausbaufähig.

Wichtig ist hier auch das Erfahrungswissen der Risikoprüferinnen und Risikoprüfer einzubinden. Häufig gibt es schon ein gutes Bauchgefühl „wo es hakt“ – ganz unabhängig von einer sauberen Datenanalyse. Basierend darauf erarbeiten wir Optionen, priorisieren und gehen gemeinsam mit den Mitarbeitenden der Kunden in die konkrete Umsetzung, z.B. die Neuentwicklung oder Überarbeitung von medizinischen Regeln im automatisierten UW-System. Dabei liegt ein Augenmerk auch immer darauf, wie die automatisierten Prozesse und die manuelle Risikoprüfung ineinandergreifen.

Der Erfolg eines derartigen Transformationsprojekts steht und fällt damit, ob die Organisation diesen Pfad – also z.B. die stetige Analyse und Verbesserung der Regeln im UW-System – nach Projektende auch ohne uns weitergehen kann. Dafür stellen wir die Organisationsstruktur neu auf, integrieren neue Aufgabengebiete (z.B. Datenanalysefunktionen oder auch Regelentwicklungsaufgaben) und sorgen dafür, dass die Mitarbeitenden dieses Know-how von uns on-the-project oder in Schulungen erlernen können. In diesem ganzen Prozess arbeiten wir als Teamentwickler eng mit allen Beteiligten zusammen, um agile Methoden in der Zusammenarbeit sowie eine neue Feedback- und Fehlerkultur zu entwickeln, die in Zukunft dann selbstgesteuerte Innovation und Weiterentwicklung fördert.

Im Ergebnis haben wir eine deutlich erhöhte Dunkelverarbeitungsquote erzielt, die Vertriebszufriedenheit durch geringere Durchlaufzeiten und verständlichere Fragelogiken erhöht und eine neue Kultur der Zusammenarbeit entwickelt, in der Mitarbeitende deutlich mehr Verantwortung für die weitere digitale Transformation übernehmen als zuvor. Ein anderes Beispiel ist die kontinuierliche Überarbeitung der internen Risikoannahmerichtlinien eines weiteren Lebensversicherers. Hier haben wir – wieder gemeinsam mit einem Team an ausgewählten Mitarbeitenden – schrittweise und datengetrieben die Annahmerichtlinien auf einen möglichst schleifenfreien und zügigen Risikoprüfungsvorgang hin optimiert.

In anderen Worten: die Anzahl der vom Kunden angeforderten Fragebögen und Hausarztberichte auf ein risikotechnisch sinnvolles Maß zu reduzieren und mehr direkte Risikoentscheidungen ermöglichen. Hier konnten wir – unter Berücksichtigung einer weiterhin hohen Risikoqualität – die Anzahl an Hausarztberichten deutlich reduzieren. Auch hier haben wir nicht nur die fachlichen Vorgaben gemeinsam  verbessert, sondern parallel den Mitarbeitenden die medizinischen Hintergründe der Veränderungen in Schulungen vermittelt. Dies führte zu einer inhaltlich getriebenen Akzeptanz der Veränderungen und einer schnellen und breiten Anwendung der neuen Annahmerichtlinien.

In gemeinsamen Abstimmungsmeetings mit Aktuariat und Vertrieb wurden die erarbeiteten Lösungen besprochen. Gleichzeitig wurden die Veränderungen kontinuierlich dem Vertrieb kommuniziert und die Risikoprüfung wird bei diesem Kunden als Innovationstreiber und „Möglichmacher“ positiv wahrgenommen. Zudem ist die Expertise des Projektteams sowohl fachlich als auch methodisch und in der Zusammenarbeit deutlich gewachsen – eine tolle Erfahrung! Selbst ohne uns kann der Versicherer nun viel besser seine Annahmerichtlinien pflegen – auch wenn wir weiterhin bei komplexeren Vorerkrankungen und in der strategischen Weiterentwicklung eng zusammenarbeiten.

VWheute: Was können Sie bei we4impact den Versicherern an Fähigkeiten bieten, die diese nicht selbst abdecken können – basierend auf Ihrem Background und den von Ihrem Partner Herr Filzmaier?

Laila Neuthor: Unsere Kunden spiegeln uns immer wieder zurück, dass unser übergreifender Beratungsansatz – also über fachliche Inhalte, Prozesse und Organisationsentwicklung – für sie den Unterschied macht.  Das können wir abdecken, weil wir neben unserem versicherungsmedizinischen Wissen auch versicherungsökonomisches Wissen und kaufmännisches Denken mitbringen. Und gerade in der „weichen“ Projektsteuerung und Teamentwicklung kommt uns sehr zugute, dass ich eine Ausbildung als Teamentwicklerin und systemische Trainerin habe. Durch meine Erfahrung in der Strategie- und Visionsentwicklung sowie im Projektmanagement können wir so den Weg vom Auftrag zur Lösung gut und aus einer Hand gestalten.

Dazu sprechen wir – so nennen wir es immer wieder – verschiedene (Fach-)Sprachen und sind oft „Übersetzer“ zwischen den einzelnen Bereichen: Wir können mit Risikoprüfern und Leistungsprüfern, aber auch mit Aktuaren, Risikomanagern und Datenanalysten sprechen und auch Vorständen erklären, welchen Einfluss unsere Tätigkeit auf ihren Unternehmenserfolg hat. Wir erarbeiten mit allen Stakeholdern Lösungen, die den durchaus unterschiedlichen Bedürfnissen und Zielen dieser Gruppen gerecht werden, damit Akzeptanz finden und umgesetzt werden können.

Wir sprengen damit Grenzen, die in den Versicherungsunternehmen bestehen – einerseits zwischen der reinen Fachlichkeit – und Prozessgetriebenheit und der Kulturentwicklung und andererseits zwischen den Fachbereichen eines Versicherers. In einem Satz: Wir machen Risikomanagement und Vertrieb gleichermaßen glücklich.  Und nicht zuletzt haben wir durch unsere Arbeit mit verschiedenen LVUs einen breiten Erfahrungsschatz, aus dem heraus wir immer wieder neue Lösungen für unsere Kunden entwickeln. Dieses Wissen kann ein einzelnes LVU für sich selbst nicht (ökonomisch sinnvoll) aufbauen.

VWheute: Gefühlt werden die Leistungen in der Berufsunfähigkeitsabsicherung immer umfangreicher, die Beiträge steigen aber nicht analog. Täuscht das und wohin geht die Reise?

Laila Neuthor: Wir sind davon überzeugt, dass es für die Zukunft der Berufsunfähigkeitsversicherung sehr wichtig werden wird, dass sich Produktentwickler (also meist die Aktuare) und die Risikoprüfung schon in der Neuproduktentwicklung immer stärker miteinander vernetzen müssen. Hier liegt aus unserer Sicht unglaubliches Innovationspotenzial: Die Risikoprüfungsprozesse und Annahmepolitik die passgenau zum BU-Produkt und dessen Leistungen passt, kann zu einer für den Vertrieb und Kunden spürbaren Produktdifferenzierung führen und so zu einem echten Wettbewerbsfaktor werden. Damit entstehen wieder heterogenere BU-Produkte. Und Wettbewerb findet dann nicht mehr nur hauptsächlich über den Preis statt.

VWheute: In welche Richtung geht es bei der RLP, welche Entwicklung sehen Sie aktuell, was antizipieren Sie?

Laila Neuthor: Wir sehen aktuell immer mehr Bestrebungen, die Risikoprüfung zu digitalisieren, sicherlich hat Corona hier auch einen weiteren Schub verpasst. Die Leistungsprüfung hingegen, die zumindest in der BU noch weniger standardisiert und automatisiert ist, wird zukünftig verstärkt in den Fokus rücken. Risiko- und Leistungsprüfung werden immer noch als operative Einheiten gesehen, die Anträge und Leistungsfälle einfach nur abzuarbeiten haben. Die Innovationskraft, die diese Bereiche gerade für die Produktentwicklung aber auch für die Interaktion mit dem Vertrieb und dem Versicherungsnehmer haben, wird aus unserer Sicht heute unterschätzt.

Hier kann es sehr wert schaffend sein, sich zu überlegen, wo die Automatisierung von Anfang bis Ende Kunden und Vertrieb glücklich macht – und wo durch Automatisierung auch zeitliche Freiräume für persönliche Interaktion in diesem Prozess geschaffen werden können, die Lebensversicherungsprodukte und deren Verkauf oder Abwicklung auf andere Ebenen der Kundenzufriedenheit heben können. Besonders spannend finden wir darüber hinaus eine kontinuierliche Risikoprüfung über die Lebensdauer eines Produkts mit direkten Auswirkungen auf Prämien für einzelne Versicherungsperioden.

Zudem steigt aktuell das Bewusstsein, dass Mehrwertleistungen für Versicherungsnehmer über den reinen Versicherungsschutz hinaus die Kundenzufriedenheit und -bindung erhöhen können. Ungeklärt ist oft noch das „wie und was“. Hier können die Erkenntnisse über den Kunden aus Risiko- und Leistungsprüfung wertvolle Ansatz- und Kontaktpunkte liefern.

VWheute: Wo wollen Sie Ihr Unternehmen bei dieser Entwicklung platzieren?

Laila Neuthor: Wir begleiten Lebensversicherungsunternehmen dabei, die Risiko- und Leistungsprüfung immer wieder neu und vor allem strategisch zu denken und so individuell all die Potenziale zu erschließen, die diese Bereiche (auch) in einer digitalen Welt haben. Mit allem, was schrittweise hier dazu gehören wird – z.B. der cleveren Nutzung von KI, dem automatischen Auslesen von Daten und deren Analyse und Monitoring. Vielleicht werden wir auch selbst im Bereich digitaler Lösungen Angebote entwickeln.

Und wir helfen dabei, das Potenzial der Menschen weiterzuentwickeln, die heute schon hier arbeiten: Wir haben mit der we4Impact Academy eine online-basierte Trainingsplattform gegründet, die Risikoprüfern aller Erfahrungslevel eine passgenaue Weiterbildung erlaubt – und sie so auch auf die Zukunft der Risikoprüfung vorbereitet. Wir sind uns sicher, dass gut ausgebildete Risiko- (und Leistungs-)Prüfer eine sehr gute Zukunft vor sich haben: Z.B. in der Einschätzung komplexer Risiken, die noch länger nicht automatisiert werden können, oder in der Entwicklung und Pflege digitaler Risikoprüfungssysteme oder im Kontakt und Austausch mit dem Vertrieb oder in der Produktentwicklung.

VWheute: Wenn Sie bei einem Lebensversicherer bei der RLP von null beginnen könnten, wie würden Sie vorgehen?

Laila Neuthor: Wir würden zuallererst als Basis den Risikoappetit gemeinsam mit dem Aktuariat, dem Risikomanagement und den Vertriebsbeauftragten definieren, dann die Zielgruppen und Zielprodukte. Basierend darauf würden wir entscheiden, was automatisiert risikogeprüft werden soll und was nicht, also welche Automatisierungsquote für welche Produkte, Vertriebswege und Erschwerungen unser Ziel ist. Anforderungen (wie Fragebögen und Hausarztberichte) sehr gut auf Risikoappetit und die manuellen und digitalen Prozesse abstimmen und kaufmännisch einwerten. Wir würden alle Systeme dann sehr bewusst auch auf das Sammeln von Datenpunkten, die uns mehr über den Weg des Kunden durch das System hin zum Abschluss verraten, ausrichten – und mit Bestands- und Schadensystemen verknüpfen. Also die Systeme so aufbauen, dass sie uns über die Zeit mehr und mehr datengetrieben dazu sagen können, wie wir sie verbessern können – bis sie sich eines Tages selbst verbessern können.

VWheute: Kurz zu Ihrer Person: Sie haben einen Versicherungs- und Rückversicherungshintergrund und haben Spieltheorie in Norwegen studiert. Wie kamen Sie von dort zur Eigengründung?

Laila Neuthor: Ich habe in meiner letzten Festanstellung ein international ausgerichtetes Client Management-Team eines großen Rückversicherers im Lebensversicherungsbereich geleitet und hier natürlich sehr viel Kontakt mit verschiedensten Lebensversicherern gehabt. Auf allen Ebenen, auf denen ein Rückversicherer eben Services anbietet, wie der Produktentwicklung, fakultativem Underwriting und auch in dem Angebot von automatisierten UW-Tools. Dabei habe ich von Kunden viel über die Herausforderungen der LVUs gehört – und konnte aber nur die adressieren, die im Geschäftsmodell des RVUs liegen. Ich habe also sehr viel mehr Bedarf gesehen, vor allem den Bedarf, übergreifende Lösungen anzubieten: LVUs sind wie Maschinen, wenn ein Rädchen gedreht wird, dreht sich ein anders mit – ob gewollt oder nicht.

Diese Zusammenhänge zu nützen, erfordern aber eine sehr enge, strategische Zusammenarbeit und tiefe Einblicke, die ein Rückversicherer als eine Art „Fremdkapitalgeber“ so nicht bekommen kann. Hier kommt nun mein Mitgründer, Dr. Karsten Filzmaier, ein Internist und Kardiologe mit über 15 Jahren Erfahrung in der Versicherungsmedizin und deren fachlich-kreativer Weiterentwicklung ins Spiel. Gemeinsam haben wir gesehen, wie viel Bedarf es für übergreifende, strategisch getriebene Lösungen in der Risiko- und Leistungsprüfung gibt –, und dass die Versicherungsmedizin hier als eine Art „Change Agent“ wirken kann. Persönlich fasziniert mich einerseits die konzeptionelle, eher mathematisch und ökonomisch geprägte Seite von Versicherung, die ich in verschiedensten Tätigkeiten vom Einzelrisiko bis zur strategischen Vorstandsassistenz und natürlich auch abstrakt in meinem Studium und Promotion aus verschiedensten Blickwinkeln sehen durfte. 

Andererseits bin ich von der großen Energie, die zwischen Menschen in Organisationen und Teams entstehen kann, begeistert. Das habe ich aus meiner Ausbildung zur Trainerin und Organisationsentwicklerin mitgenommen. Mit meiner Eigengründung habe ich also zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Ich kann – gemeinsam mit Karsten Filzmaier – meiner Fachlichkeit nachgehen, bereichsübergreifend arbeiten und die Nachhaltigkeit unserer Arbeit durch die Arbeit mit Teams und Menschen sicherstellen und so zum Erfolg unserer Kunden beitragen. Ich würde sagen, dass die Eigengründung meine persönlichen Stärken und Interessen ideal und für den Kunden ins Wirken bringt. Und unser eigenes Unternehmen weiterentwickeln und aufbauen, was unglaublich viel Freude bereitet.

VWheute: Was würden Sie Gründern/innen mit auf den Weg geben?

Laila Neuthor: Zwei Punkte sind aus unserer Erfahrung sehr wichtig. Erstens: Gründen ist wie ein Haus bauen – fangen Sie mit dem Fundament an und nehmen sich die Zeit dafür: Das Fundament jedes Unternehmens sind die Unternehmenswerte. Das, wofür Sie als Gründer, als Person und damit als Unternehmen unabhängig von allen Produkten, Leistungen und Projekten stehen wollen. Sie werden immer wieder und besonders oft bei richtungsweisenden Entscheidungen darauf zurückgreifen können und damit Ihren eigenen inneren Kompass haben, der Ihnen Orientierung gibt. Und diese Orientierung werden Sie brauchen, da unglaubliche viele große Entscheidungen warten, bis Sie ein Dach über dem Kopf haben. Damit Sie diese Werte entwickeln können, müssen Sie sich auch stark damit auseinandersetzen, warum Sie gründen wollen, was für mich persönlich sehr hilfreich war. Im Vergleich dazu betreten Sie ein Zimmer, wenn Sie eine Arbeitsstelle in einem Unternehmen anfangen. Sie gestalten dann das Zimmer oder Möbelstück darin.

Zweitens: Gründen Sie zu zweit, wenn möglich. Aber nur, wenn Sie die richtige Person dafür finden. Für meinen Co-Founder, Karsten Filzmaier, und mich hat sich der Termin zur GmbH-Gründung beim Notar fast wie eine Eheschließung angefühlt. Schön, aber auch beängstigend und durchaus Respekt einflößend. Aus meiner Sicht müssen Gründer die Vorstellung von den gemeinsamen Unternehmenswerten teilen. Das ist so wichtig, weil das oben genannte Haus sonst von Anfang an schief steht und – um im Bild zu bleiben – beim ersten Sturm oder vielleicht auch beim Erdbeben in ein paar Jahren leichter einbricht. Gleichzeitig ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, der Versuchung zu widerstehen, mit seinem eigenen Klon zu gründen. Unterschiedliches Wissen, Herangehensweisen und auch eine andere Persönlichkeitsstruktur sind eine tolle Quelle für Reibung und Auseinandersetzung, was wiederum bessere Lösungen sicherstellt. Bei uns bedeutet das z.B. dass Karsten Filzmaier nicht nur einen fachlich komplett anderen Hintergrund hat – er ist Mediziner, ich bin Wirtschaftswissenschaftlerin – sondern auch unsere Persönlichkeit eine andere ist: Geht es um neue Kundenprojekte, bin ich oft euphorischer und Karsten sieht auch mögliche Fallstricke und Hindernisse.

Geht es um neue eigene Entwicklungsprojekte, hat Karsten oft die Ideen und eine große Begeisterung dafür und ich bin eher für den Reality-Check und die Umsetzungsorganisation zuständig. Und all das funktioniert nicht ohne Respekt und sehr viel gegenseitigem Vertrauen. Es lohnt sich aus meiner Sicht sehr, von Anfang an und kontinuierlich in eine gute Beziehungsebene – also wie Sie im Team zusammenarbeiten und welche Unternehmenskultur Sie haben – Zeit und vielleicht auch Geld zu investieren. Der alte Spruch: „Culture eats Strategy for breakfast“ stimmt immer. Und ein Kickertisch ist keine Lösung.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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