Konsolidierung der Branche II: Marktmacht der Softwareanbieter

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Die Konsolidierung in der Versicherungsbranche findet nicht nur bei den Versicherern statt, sondern auch bei Softwareanbietern für Vermittler. Der Markt der Maklerverwaltungsprogramme (MVPs) und Vergleichsrechner zeigt deutliche Tendenzen zur Konzentration. Was das für Versicherungsmakler bedeutet, zeigen wir im zweiten Teil der Serie zur Konsolidierung in der Versicherungsbranche.

In den letzten Jahren hat es bedeutende Übernahmen im Bereich der Serviceanbieter für Versicherungsvermittler und -makler gegeben. Während große Konzerne wie Acturis (AMS, VIAS) und Hypoport (IWM) stark wachsen, sinkt die Zahl kleinerer MVP-Anbieter stetig. Die Acturis Gruppe hat sich Assfinet und Lutronik einverleibt und beansprucht, laut dvb-Makler-Audit mit ihren beiden Maklerverwaltungsprogramme AMS und VIAS über 50 Prozent Marktanteil. Zusätzlich gehört mit NAFI auch der Marktführer im Kfz-Tarifvergleich der Gruppe an. Auch die Hypoport SE treibt in den letzten Jahren ihr Segment der Versicherungsplattform mit Übernahmen voran. Das Tochterunternehmen Smart InsurTech GmbH vereint mittlerweile NKK, Maklersoftware.com, Innosystems, die Volz-Gruppe und IWM Software unter einem Dach.

Kleine MVP-Anbieter haben schlichtweg nicht die IT-Entwicklungskapazitäten, um mit der rasch voranschreitenden Digitalisierung und damit einhergehenden Änderungen der Schnittstellen Schritt zu halten. Am Ende dieser Entwicklung steht zumindest ein Oligopol weniger Großunternehmen, wo es heute noch über 30 MVP-Anbieter gibt. Der Blick auf den britischen Markt mit seinen wenigen, großen MVP-Anbietern, verdeutlicht diese Perspektive und zeigt auf, wie auch die Entwicklung in Deutschland vonstattengehen könnte.

Dies hat natürlich auch Implikationen für Makler. MVP-Anbieter und andere Digitalisierungsdienstleister forcieren ihre Kooperation mit Versicherern, um die gesamte Wertschöpfungskette an Versicherungsdienstleistungen und damit verbundenen Services abzudecken. Das Ziel großer MVP-Anbieter ist die Plattform, die vom Beratungsprozess, über Angebotsvergleich und Abschluss, die laufende Vertrags- und Kundenverwaltung inklusive Datenaustausch mit Versicherern, bis hin zum Kundenportal alle wesentlichen Elemente verbindet. Eine solche Plattform verspricht bessere Datenqualität, vereinfachte Prozesse, und gesteigerte Effizienz bei allen Beteiligten.

Sollte es einem oder mehreren dieser Akteure gelingen, ein Monopol oder zumindest Oligopol zu errichten, würden nahezu alle kaufmännisch relevanten Versicherungstransaktionen über eine oder mehrere dieser Plattformen laufen. Zwischen Maklern und Versicherern gäbe es damit keine direkte Verbindung mehr. Somit hat die Konsolidierung bei den MVP-Anbietern direkte Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Maklerschaft.

Vermittler wie Versicherer sind auf diese wenigen Technologieanbieter angewiesen. Wenn sie die gesamte Wertschöpfungskette abbilden, kommt man an ihnen nicht mehr vorbei. Die Macht der Plattformen geht so weit, dass sie steuern können, welcher Makler welche Produkte ausgespielt bekommt. Damit können sie de facto den Daumen über einzelne Gesellschaften und Produkte senken oder andererseits auch Versicherungsmakler von bestimmten Produkten fernhalten. Wer nur noch eingeschränkte Produktauswahl vermittelt, ist weit davon entfernt unabhängig zu sein. Ein Wechsel der Plattform kommt zudem für die meisten Makler aufgrund der hohen technologischen Hürden nicht in Frage.

Zunehmende Marktmacht bedeutet gleichzeitig ein mögliches Preisdiktat für die Software-Nutzung. Schon jetzt sind sehr unterschiedliche Preismodelle und -spannen im MVP-Markt zu beobachten. Allerdings entwickelt sich aktuell ein gegenläufiger Trend, der klassische, stations- und lizenzbasierte offline MVP womöglich zu Auslaufmodellen macht. Immer mehr Pools bieten ihren Maklern ein webbasiertes MVP (weitestgehend) kostenfrei an. Das machen beispielsweise Blau Direkt, die Fonds Finanz, JDC und der DEMV. Aber auch Versicherer selbst besetzen mit „My MVP“ diesen Markt. Dazu drängen digitale Player wie Wefox in den Markt. Bei einigen kann das MVP sogar für Direktanbindungen des Maklers genutzt werden, Verträge müssen so nicht einmal auf den Pool übertragen werden.

Vielleicht konsolidiert sich mit dem Markt für Maklersoftware ein rückläufiger Markt, der auf lange Sicht an Bedeutung verliert. Umso wichtiger wird es für Makler sein, sich bewusst für einen Anbieter zu entscheiden und gleichzeitig offen und flexibel für künftige Entwicklungen zu bleiben. Wirklich unabhängige Makler würden sich aus verschiedenen Dienstleistern die „eigene Plattform“ zusammenstellen, in der sie andere Dienstleister modular anbinden. Dafür bräuchten diese Makler aber eine starke IT, die verschiedene Dienstleister zusammenführen kann, was aufgrund der zum Teil geringen Größe vieler Versicherungsmakler in Deutschland schwer zu realisieren ist.

Autor: Ernesto Knein, Geschäftsführer der Policen Direkt Beteiligungs GmbH

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