„Mit jeder Preisanpassung ändert sich die Positionierung gegenüber dem Wettbewerb“

Carina Götzen, leitende Beraterin bei Meyerthole Siems Kohlruss. Quelle: MSK

„Ertragreich wachsen“ – wer kennt sie nicht, die Vorgaben des Topmanagements. Sie fordern möglichst hohes Wachstum und wollen zugleich profitables Geschäft. Doch wie kann die richtige Balance zwischen Wachstum und Ertrag gefunden werden? Ein Kommentar von Carina Götzen, leitende Beraterin bei Meyerthole Siems Kohlruss.

Wer sich allein auf Wachstum fokussiert, muss nicht viel Energie auf die Ausgestaltung des Pricing investieren. Es würde reichen, für möglichst viele Risiken preislich attraktiv zu sein. Von diesem Vorgehen wäre allerdings dringend abzuraten, da die Auswirkungen auf den Ertrag ignoriert werden. Wichtig ist vielmehr ein Gleichgewicht: Gesucht ist ein Ansatz, der für möglichst viele Risiken preislich attraktiv sein kann und gleichzeitig gewährleistet, dass mit dem gezeichneten Geschäft Ertrag erzielt wird.

Anzahl an möglichen Preiskombinationen fast grenzenlos

Im Zielbild findet eine Quersubventionierung zwischen einzelnen Tarifzellen (Gruppen gleichartiger Risiken) statt. Dabei gibt es immer Tarifzellen, in denen man ohne versicherungstechnischen Verlust zu erleiden, sogar deutlich günstiger sein könnte als der Markt, also Zellen, in denen der technische Tarif (auf Basis eines optimalen Risikomodells)
unterhalb dem der Wettbewerber liegt. Hier sollte man nicht den ganzen Abstand an den Kunden weitergeben, sondern den Preis so adjustieren, dass die Wettbewerbsfähigkeit unverändert hoch bleibt.

Mit jedem Risiko, das in einer solchen Tarifzelle gezeichnet wird, wird ein überproportionaler Ertragsüberschuss erzielt. Er lässt sich nutzen, um den Preis in den Zellen, die gemäß Risikomodell teurer sein müssten als die der Wettbewerber, mit höchster Präzision zu adjustieren. Die Anzahl an möglichen Preiskombinationen ist nahezu grenzenlos, da alle Tarifzelle simultan optimiert werden müssen. Bei fünf verschiedenen Tarifzellen und zehn möglichen Preisen je Tarifzelle ergeben sich bereits 105 = 100.000 Kombinationsmöglichkeiten. 1.000 Tarifzellen sind nicht ungewöhnlich, hier würden sich also 10 1000 Möglichkeiten ergeben, eine Größenordnung die selbst für heutige Supercomputer nicht zu knacken wäre.

Dabei müssen weitere Abhängigkeiten berücksichtigt werden. Mit jeder Preisanpassung ändert sich die Positionierung gegenüber dem Wettbewerb, die wiederum einen unmittelbaren Einfluss auf die Abschlusswahrscheinlichkeit der Kunden hat. Für jedes Drehen an der Preisschraube muss die Auswirkung auf Beitragsvolumen und Ertrag erneut berechnet werden. Es ist unmöglich, alle möglichen Kombinationen auszurechnen.

Der Preis ist nicht der einzige Treiber

Wir haben ein intelligentes Lösungsverfahren entwickelt, das lediglich die effizienten Möglichkeiten berechnet –
„effizient“ in dem Sinne, dass es keine andere Tarifmodelle gibt, mit der sich ein höheres Beitragsvolumen und gleichzeitig ein höherer Ertrag erzielen ließe. Dieses Optimum wird als „effizienter Rand aller Möglichkeiten“ bezeichnet. Die Technik ist flexibel: Der Preis ist nicht der einzige Treiber, auch Preis-Leistungs-Überlegungen können abgebildet werden. Es lassen sich die Beitrags-Ertrags-Kombination aussuchen, die den Forderungen des Managements entsprechen. Die Möglichkeiten, an der Preisschraube zu drehen, sind nahezu grenzenlos. Ein innovativer Ansatz des Actuarial Data Science eröffnet die Horizonte dafür.

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