Digitale Unfallaufklärung – was weiß das Auto?

Diesen Aufprall überlebt nur ein Crash-Test-Dummy: Kfz rammt Fußgänger, demonstriert auf dem 7. Allianz Autotag in München Ismaning. Quelle: Alexander Kaspar

Mehr Transparenz und einheitliche Standards zu im Auto gespeicherten Daten fordert Deutschlands Kfz-Versicherer Nummer zwei die Allianz. Bei Unfällen mit Verletzten oder Straftaten müssen zur Aufklärung der Schuldfrage Fahrzeugdaten genutzt werden können, zudem müssen etwaige Eingriffe von Fahrassistenzsystemen abgespeichert werden. Dabei reiche die Sicherung der Ereignisdaten im Sekundenbereich vor und nach dem Unfall zur Aufklärung aus, sagte Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG im Rahmen des siebten Allianz Autotag in München Ismaning.

Die Veranstaltung stand unter der Überschrift: „Digitale Unfallaufklärung – was weiß das Auto“. Auch ein Live-Crash-Test war Teil des Programms. Zur Illustration dessen was passiert, wenn ein Pkw mit geringer Geschwindigkeit einen Fußgänger anfährt, hat das Team um AZT-Leiter Christoph Lauterwasser im Rahmen des 7. Allianz Autotag auch eine Crash-Test-Situation aufgebaut. Dabei traf ein Mittelklassekombi auf einen stehenden Dummy. Hier im Video läßt sich das Ergebnis betrachten. Die gebrochenen Beine waren hier noch das geringste Problem.

Mit Blick auf den Raserunfall in Berlin, bei dem ein 69-jähriger Arzt auf dem Kurfürstendamm überfahren wurde und bei dem das Auslesen des Datenspeichers mitentscheidend für die Urteilsfindung war fasste Joachim Müller die wichtigsten fünf Punkte aus Sicht der Allianz wie folgt zusammen:

Wir als Allianz fordern mehr Transparenz zu den im Fahrzeug gespeicherten Fahrzeugdaten bei einem Verkehrsunfall. Die Fahrzeughalter müssen sich einfach und unkompliziert über die Daten informieren können, die in ihrem Auto gesichert werden. Die Standards, die derzeit von der EU für künftige Unfalldatenspeicher und Fahrmodusspeicher entwickelt werden, müssen geeignet sein, Verkehrsunfälle mit modernen Fahrzeugen aufzuklären.

Dafür reicht ein kurzes zeitliches Fenster von einigen Sekunden vor und nach dem Unfall aus. Insbesondere müssen Eingriffe von Fahrerassistenzsystemen abgespeichert werden, sofern sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einem Unfallereignis stehen. Dies ist erforderlich, weil Fahrerassistenzsysteme zunehmend Einfluss auf den Hergang von Unfällen nehmen. Bei Sachschäden soll es der Entscheidung des Betroffenen obliegen, ob die Daten seines Fahrzeugs zur Unfallaufklärung genutzt werden.

Sind Menschen verletzt oder getötet worden oder handelt es sich um eine Straftat, überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufklärung der Schuldfrage. Die Daten können in diesem Fall auch gegen den Willen des Betroffenen verwendet werden. Wir empfehlen deshalb einen unabhängigen Treuhänder, dem künftig die zur Unfallaufklärung erforderlichen Daten bei hoch- und vollautomatisierten Fahrzeugen übertragen werden. Es soll kein Interessenträger einen ausschließlichen Zugang zu diesen Daten haben – weder einer der Unfallbeteiligten noch der Fahrzeughersteller oder Versicherer.

Zuvor hatte Klaus-Peter Röhler, Vorstandsvorsitzender der Allianz Deutschland AG einen Blick in die Zukunft der Mobilität geworfen: „Wir stehen vor einem grundsätzlichen Wandel in unserem Mobilitätsverständnis und werden uns künftig mit ganz anderen Fragen beschäftigen als bisher“. Als da wären Fragen zur Elektromobilität wie zum assistierten Fahren, Potenziale der Unfallaufklärung 4.0, „Features on Demand“ (Mehrleistung gegen Geld), die Integration von Service- und Assistenzleistungen in das vernetzte Fahrzeug, wie schließlich Fragen zur intermodalen Mobilität (unterschiedliche Verkehrsmittel). Einzelheiten hier im Video: 

Welche Neuerungen weiter auf Versicherer und Versicherungsnehmer zukommen, führt Joachim Müller hier im Video aus:

Im Rahmen des Autotages, den die Allianz regelmäßig auch für Vorstellung neuer Produkte und Kooperationen nutzt, gab Röhler auch einen Ausblick auf die zukünftig vertiefte Zusammenarbeit mit dem ADAC, wo die Allianz im Hintergrund die Zurich als Versicherer abgelöst hat. Dazu sagte Röhler:

„In der Schaden- und Unfallversicherung setzt sich unsere erfolgreiche Entwicklung des Jahres 2018 im ersten Halbjahr 2019 fort. Unsere Beitragseinnahmen stiegen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,4 Prozent von 6,5 auf 6,7 Milliarden Euro. Bereinigt man den Umsatz im ersten Halbjahr 2018 um den Direktversicherer AllSecur (jetzt Allianz Direkt), betrug das Wachstum, einschließlich der ADAC Autoversicherung in der Schaden- und Unfallversicherung sogar 5,6 Prozent. Wie Sie alle wissen, wurde die AllSecur zum Jahreswechsel 2018/2019 auf die Allianz SE übertragen. Die Kfz-Versicherung trägt wieder deutlich zur Wachstumsentwicklung bei und hat eine überragende Bedeutung für das Portfolio der Allianz Deutschland. Im vergangenen Jahr sind unsere Beitragseinnahmen in Kraft (gesamt) um 6,0 Prozent gewachsen. Dies war der stärkste Zuwachs seit mehr als zehn Jahren. Im ersten Halbjahr 2019 haben wir unsere erfolgreiche Entwicklung fortgesetzt und durch unsere neue Kooperation mit dem ADAC einen Zuwachs von plus 2,5 Prozent im Vorjahresvergleich erzielt, welcher sich ohne Berücksichtigung der AllSecur sogar auf ein Plus von 10,5 Prozent beläuft. Wir haben im Januar 2019, ein Jahr früher als geplant, von der Zürich Beteiligungs AG den 51-prozentigen Gesellschaftsanteil an der ADAC Autoversicherung AG übernommen. Diese Partnerschaft mit Deutschlands größtem Automobilclub ist ein weiterer wichtiger Schritt in unserer Wachstumsstrategie. Durch diese mir sehr am Herzen liegende Partnerschaft werden wir unsere Marktposition in der Autoversicherung weiter ausbauen.“

Autor: Alexander Kaspar