Corona und die Folgen: Wiener Forscherin bringt parametrische Versicherungen für Pandemien ins Spiel

Julia Eisenberg, TU Wien, Quelle: TU Wien

Während die deutschen Versicherer intensiv an einer Fondslösung arbeiten, um wirtschaftliche Folgen von Pandemien künftig besser abzufedern, machen sich Forscher aus Wien für ein anderes Modell für eine Epidemie-Versicherung stark – die Parametrie. Es handelt sich um ein Rückversicherungsprodukt, das unbürokratische Hilfe ermöglicht und das sowohl Regierung sowie Bevölkerung des versicherten Staates motiviert, notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Die Kosten wären überschaubar. Könnte das Konzept aufgehen?

Die Covid-19-Pandemie trifft viele Staaten härter als die Finanzkrise 2008, möglicherweise sogar härter als die Weltwirtschaftskrise nach dem Börsencrash von 1929. Staaten brauchen Geld für medizinische Versorgung, müssen Betriebe unterstützen und die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen. „Für alle ist es schwierig, aber gerade ärmere Länder trifft es besonders hart. Da wäre es oft schon eine große Hilfe, die Bevölkerung mit einer bestimmten Menge an Lebensmitteln unterstützen zu können“, sagt Julia Eisenberg.

Die Experting vom Institut für Stochastik und Wirtschaftsmathematik der TU Wien macht sich gemeinsam mit Kollegen der Universität Liverpool für eine „parametrische Versicherung“ für Epidemien stark. Dabei wird von der Versicherung eine bestimmte Leistung erbracht, wenn ein genau definierter Fall eintritt – zum Beispiel wenn eine bestimmte Zahl von Krankheitsfällen auftritt und ein nationaler Notstand ausgerufen wird. Die Höhe des tatsächlichen Schadens spielt dabei keine Rolle – der Versicherer kann schnell bezahlen, noch bevor der Schaden eingeschätzt werden kann.

Big Player der Rückversicherungsbranche wie Munich Re oder Swiss Re, aber auch andere Anbieter, nutzen parametrische Produkte für Ereignisse wie Erdbeben, tropische Wirbelstürme oder Überschwemmungen. Dort hängt die Leistung von bestimmten Werten wie der Magnitude, Windgeschwindigkeit oder Niederschlag.

Problem des Moral Hazard abschwächen

„Unser Vorschlag ist, dass die Versicherungssumme in verschiedenen Tranchen ausbezahlt wird: Ein Teil sofort, ein weiterer Teil aber nur dann, wenn beim versicherten Staat bestimmte Epidemie-Indikatoren die Sollwerte nicht übersteigen.“ So könnte etwa im Versicherungsvertrag festgelegt sein, dass der Staat durch Lockdowns oder andere Maßnahmen dafür sorgen muss, die Infektionszahlen unter einem bestimmten Wert zu halten, und gleichzeitig eine Mindestzahl von Tests durchführen muss. Nur in diesem Fall kommt weiteres Geld von der Versicherung.

„Damit würde man das Problem des sogenannten Moral Hazard abschwächen“, so Eisenberg. Die Wissenschaftlerin weist darauf hin, dass Versicherungen manchmal dazu führen, dass risikoreiches Verhalten gefördert werde. Wenn aber die Zahlung an die Einhaltung bestimmter Regeln gebunden ist, hätte ein Staat eine starke finanzielle Motivation, sich korrekt zu verhalten und sinnvolle Regeln zu erlassen. Die Kosten für so ein Produkt sollen überschaubar sein.

Autor: VW-Redaktion

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