Krawattenlos und ohne Physische Präsenz: Foyer S.A. zieht Bilanz für 2019

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Durch eine Ausnahmeregelung des luxemburgischen Gesetzgebers fand die 2020er-Hauptversammlung von Foyer S.A. dieses Jahr ohne Publikumspräsenz statt. Président François Tesch, CEO Marc Lauer und CFO / Chief Actuary Philippe Bonte erhielten jeweils im häuslichen Arbeitszimmer das Wort. Ein halbes Dutzend Aktionäre verfolgte die Slides auf dem häuslichen Bildschirm und lauschte den Worten der Firmenleitung.

Nach einem erneut glänzend verlaufenen Jahr 2019 herrscht derzeit eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich des CoV-19 beeinflussten Geschäftsgangs in 2020. Die Halbierung der Dividende soll die um vielleicht 25 Prozentpunkte gesunkene Solva-Quote wieder in Richtung ihrer Zielgröße von 225 Prozent stärken, was wohl einem Triple A Standard entsprechen würde.

In 2019 legten die Bruttoprämien in der Nichtlebensparte um 9,6 Prozent zu (insbesondere auch aufgrund einer 19-prozentige Steigerung des Fronting-Geschäftes für Rückversicherungs-Captives), die Bruttoprämien Leben sanken um fünf Prozent.

Das Nicht-Lebensgeschäft hatte jedenfalls gleich zwei Großschäden zu verkraften, von denen jeder um die 30 Mio. Euro kostete: außergewöhnlichen Tornadoschaden im August über 30 Mio. Euro, sowie ein Großschaden Euro-Composites in Echternach am 1. Oktober.

Die Selbstbehalte waren recht gering, insgesamt 50 Mio. Euro gingen zulasten der Rückversicherer. Jedoch rechnet Foyer bei unveränderter Rückversicherungsstruktur mit einem jährlichen Payback Effekt (d.h. Verteuerung künftiger Rückversicherungsprämien) von jeweils eine Million Euro. In der Bilanz war zu, Jahresende 2019 der Anteil der Rückversicherer an den technischen Rückstellungen von 97,9 auf 154,2 Mio. angestiegen

Das technische Ergebnis vor Steuern sank um 7,8 Prozent auf 107 Mio. Euro. Allerdings bucht Foyer S.A. Wertveränderungen im Investmentportefeuille (unter Berücksichtigung latenter Steuern) nicht über die Gewinn- und Verlustrechnung, sondern direkt beim Eigenkapital. Statt einem negativen Effekt derartiger Wertänderungen von 167,7 Mio. Euro konnten im günstig verlaufenen Börsenjahr 2019 positive Wertveränderungen von 148,1 Mio. Euro verzeichnet werden.

Das ausgewiesene die Aktionäre betreffende Gruppeneigenkapital stieg von 1.061,9 Mio. Euro um 22,9 Prozent auf 1.300,3 Mio. Euro, entsprechend 165 Euro je nicht von der Gesellschaft selber gehaltene Aktie. Dies berücksichtigt nicht, dass die konzerneigene Rückversicherungstochter Foyer Re ihre Schwankungsrückstellung von 29,5 Mio. Euro auf 47,6 Mio. Euro anheben konnte.

Der Schwankungsrückstellung kommt, jedenfalls nach Abzug latenter Steuern, bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung ebenfalls Eigenkapitalcharakter zu. In früheren Zeiten hatte Foyer bereits zweimal eine Rückversicherungscaptive über Jahre mit qua SchwaRü steuerfrei bleibenden Gewinnen angesammelt und dann jeweils zu ca. zehn Prozent Abschlag auf den Nominalbetrag der SchwaRü an Dritte veräußert. Es scheint als wären auch die sonstigen technischen Rückstellungen mehr als generös dotiert, Marc Lauer wollte hierzu aber nicht allzu klar Stellung beziehen.

Die den Aktionären zukommende Dividende wurde trotz einer hervorragenden Ertragslage 2019 im Hinblick auf die noch unwägbaren besonderen 2020er Risiken auf lediglich 2,26 Euro je Aktie in etwa halbiert. Immerhin verwehrt die luxemburgische Versicherungsaufsichtsbehörde Commissariat aux Assurances dortigen Versicherern derzeit nicht grundsätzlich die Ausschüttung von Dividenden.

Im Zusammenhang mit COVID-19 sieht Foyer:

  • Operationelle Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, Homeoffice zu ermöglichen, auch entsprechende zusätzliche EDV Investitionen
  • Einen möglichen Einbruch des Neugeschäfts. Es gäbe auch online wenig an Kunden-Feedback, die Kunden seien wohl anderweitig abgelenkt.
  • Einen temporär stark reduzierten Schadenbedarf im Autogeschäft
  • Bis zu 15 Prozent Wertverlust auf das Anlagevermögen von ca. 3,6 Mrd. Euro. Allerdings scheint es in vielen Bereichen bereits eine Wertsteigerung gegeben zu haben. Die Solva-Quote lag Ende 2019 wohl bei über 225 Prozent (225 Prozent entsprechen der strategischen Zielsetzung), auch derzeit liegt sie laut Marc Lauer noch bei komfortabel mehr als 200 Prozent.

An strategischen Neuerungen zu verzeichnen hatte Foyer:

  • Einführung einer modularen, speziell auf jüngere Kundenkreise zugeschnittenen Hausratsversicherung sowie eines Cyber-Produkt und einer zweiten Säule Rentenversicherung für Selbständige
  • Erworben wurde Avise S.A., ein belgischer Coverholder, der u.a. für Hiscox zeichnet
  • Ebenfalls hinzu kam GB Life, eine Lebens-Vermittlungsgesellschaft mit per Jahresende zwei Mrd. Euro an verwalteten Aktiva, ein Dienstleister was grenzüberschreitende Lebensversicherungen auf Fondsbasis angeht. Policen unter Berücksichtigung des Investmentrisikos laufen bei Foyer derzeit aus.
  • Den Lebensversicherer Raiffeisen Vie kontrolliert Foyer nun zu 51 Prozent kontrolliert statt bislang zu 50 Prozent. Die Tochter wird nun voll konsolidiert unter Ausweis von Minderheitenanteilen.

Die Konzernobergesellschaft Foyer S.A. gehört zu 57,57 Prozent der Foyer Finance S.A. (einer Familienholdung der Gründerfamilie Tesch) und zu 27,94 Prozent der börsengelisteten Investmentgesellschaft Luxempart S.A. (ebenfalls im Besitz der Familie Tesch). Lediglich knappe zwei Prozent der Aktien sind noch im Besitz weiterer Aktioäre (die Aktie wurde 2015 an der luxemburgischen Börse gehandelt). Foyer S.A. hält 12,52 Prozent an eigenen Aktien.

Autor: Philipp Thomas