Image: „Beim Thema Versicherungen schalten die meisten Verbraucher im richtigen Leben lieber mal ab“

Quelle: Bild von aymane jdidi auf Pixabay

Versicherungen sind eine ziemlich trockene Angelegenheit, heißt es. Selbst das schönste und beste Produkt ist kaum in Szene zu setzen. Haftpflicht, Unfall, Berufsunfähigkeit, Krankheit, Tod. Es sind zumeist auch die schweren Themen des Lebens, mit denen die Branche assoziiert wird. Der Verbraucher schaltet da mal lieber schnell ab. Das ist schade. Wieso, erklärt Philipp Opfermann aus der Verbraucherperspektive.

Wer weiß denn sowas? Mit dieser Frage hat es Kai Pflaume und sein mehr oder weniger prominentes Rateteam in die Samstagabendunterhaltung geschafft. Und Zuschauer und Promis können dabei allerlei lernen: Epheliden ist der medizinische Begriff für Sommersprossen, Seegurken werfen bei Gefahr mit Eingeweiden um sich und aus der in heißem Wasser eingelegten Zitrone lässt sich einfach mehr Saft herauspressen. Aha. Interessant wäre doch auch mal ein Quiz rund um die schöne Welt der Versicherungen. Auch hier gibt es viel zu entdecken und zu lernen – für Verbraucher, Vermittler und Versicherer.

Aber sind wir ehrlich: Auf die große Bühne wird es das Thema Versicherungen wohl kaum schaffen. Irgendwie kommen Versicherungen ja meist auch langweilig daher, geradezu unsexy und selbst das schönste Bedingungswerk ist kaum in Szene zu setzen. Und erst die vielen schlimmen Themen, denen man da begegnet: Berufsunfähigkeit, Haftpflicht, Unfall, Krankheit und Tod. Selbst die Langlebigkeit wird da auf einmal zum Risiko. Da schaltet nicht nur der Zuschauer am TV, sondern auch die meisten Verbraucher im richtigen Leben lieber mal ab. Schade eigentlich. Gerade diese Themen gehören nämlich eben auch zum „richtigen Leben“ dazu, und denen gilt es auch zu begegnen.

Vor einiger Zeit hat ein einziger Tweet eine bundesweite Diskussion über Schule und Lerninhalte losgetreten: „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen“, twitterte ein Teenie zynisch wie treffend. Diese Nicht-Bildung und leider auch das Nicht-Interesse an Themen aus der Finanz- und Versicherungswelt setzen sich dann später in Ausbildung und Studium oft fort. An den Unis lernen tausende Studenten Mittellatein, Makroökonomie und französische Literatur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Mit Eintritt in das Berufsleben sind dann aber Basics wie Krankenversicherung, Haftpflicht & Co. immer noch unbekannte Größen – und bleiben es leider oft genug. Das Proseminar „Auf eigenen Füßen“ oder ein Schein in „Lebenspraxis“ stehen in keinem Vorlesungsverzeichnis.

Wer keine Ahnung hat, muss auf andere vertrauen

Dabei machen es die Versicherer einem auch nicht immer leicht. Die schwere Kost der Versicherungsbedingungen ist oft wenig schmackhaft, schwer verdaulich und teils sogar unbekömmlich. Nehmen wir als Beispiel die Hausratversicherung. Hier sind sich Versicherungswirtschaft, Vertrieb und Verbraucherschutz mal einig: in den meisten Fällen ein durchaus sinnvoller Versicherungsschutz. Auch der zusätzliche Einschluss weiterer Elementarschäden kann mitunter zu empfehlen sein. Schließt der Verbraucher diesen Schutz dann ab, wähnt er sich in Sicherheit, falls seine Habseligkeiten dann durch Rückstau, Überschwemmung & Co zu Schaden kommen. Je nach Bedingungswerk muss er aber auch wissen, dass er für den vollen Versicherungsschutz Obliegenheiten zu erfüllen und so „in Räumen unter Erdgleiche aufbewahrte Sachen mindestens 50 cm über dem Fußboden zu lagern“ hat.

Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer ohne Ingenieurstudium googelt also zunächst einmal, wer oder was diese Erdgleiche ist, legt vorsichtshalber die Ski- und Tauchausrüstung der Familie neben den Château Lafite ins Kellerregal und dübelt in der Waschküche noch schnell Waschmaschine, Trockner und Omas Kommode in 50 Zentimeter Höhe an die Wand – schon besteht Versicherungsschutz. Natürlich vorausgesetzt, unser VN liest im Bedingungswerk tatsächlich bis zum Punkt 11.1.5 der besonderen Bedingungen. Aber das bitte vor dem nächsten Starkregen. Sonst steht er nämlich im selbigen und fragt sich nach dem Hinweis auf die Obliegenheitsverletzung sicherlich: Wer weiß denn sowas?

Es gehören immer zwei dazu – oder drei

Ein hehres Ziel: gute und klare Produkte, ein qualifizierter Vertrieb und ein informierter Verbraucher. Man darf aber auch einmal einer Utopie folgen und so zumindest eine Verbesserung erreichen. Wir Verbraucherschützer leisten hierzu unseren Beitrag. Und wir freuen uns über jeden, der sich mit seinen Versicherungen auseinandersetzt. Wir erleben es in der Beratung nicht selten, dass Verbraucher mit alten Schuhkartons oder Aktenordnern voll mit Verträgen zu uns kommt. Damit ist aber schon der wichtigste Schritt gemacht: Sich kümmern. Gerade in Finanz- und Versicherungsfragen sollte jeder Verbraucher ausrufen können „Ich“, wenn mal wieder gefragt wird „Wer weiß denn sowas?“

Autor: Philipp Opfermann, LL.M., Referent Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale NRW e.V.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der November-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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