Wachstumsfeld Gewerbeversicherung: Worauf sich Vermittler einstellen müssen

Quelle: Bild von Kerstin Riemer auf Pixabay

Die P&C Gewerbeversicherung als Teil des Firmenkundengeschäfts ist eines der spannendsten Wachstumsfelder der nächsten Jahre. Neben einem – im Vergleich zu anderen Sparten und Geschäftssegmenten – hohen Wachstum, werden sich das Kundeneinkaufsverhalten und damit auch der Vertriebsansatz zunehmend ändern. Von Kai Prestinari.

Jedes Versicherungsunternehmen definiert das Gewerbesegment – oft auch als KMU (kleine und mittlere Unternehmen) bekannt – ein wenig anders. In der Branche gerne als „Unternehmen 50 Meter um den Kirchturm“ bezeichnet, ist es das kleinste der drei Firmenkundensegmente, das in diesem Artikel definiert wird als gewerbliche Kunden bis zu einem Jahresumsatz von 25 Mio. Euro. (Zur Vereinfachung verzichten wir hier darauf, auf die üblichen unterschiedlichen Abgrenzungen der Kundensegmente (Jahresumsatz, Anzahl Mitarbeiter oder Versicherungssumme) einzugehen). Damit wird das Gewerbekundensegment in der Regel abgegrenzt zu Kunden des Mittelstands oder MidCorp (hier im Artikel gewerbliche Kunden mit 25 Mio. Euro bis 500 Mio. Euro Umsatz) sowie den großen Industriekunden (> 500 Mio. Euro).

Diese Segmentabgrenzung zeigt schon einen ersten spannenden Trend am Markt: Die zunehmende Ausdehnung des als Gewerbe bezeichneten Kundensegments. Die Diskussion, bis wohin „Gewerbe“ nun eigentlich reicht und was die richtige Grenze zum nachfolgenden Segment ist, ist nämlich alles andere als trivial und durchaus kontrovers. Noch vor wenigen Jahren hat die große Masse der Versicherer am Markt einen Gewerbekunden bis zur Grenze von fünf oder zehn Mio. Euro Jahresumsatz definiert. Heute gehen erste Versicherer so weit, die Obergrenze für Gewerbe bei 25 Mio. Euro anzusetzen.

Ein weiterer Trend, der auch der Steigerung der Profitabilität dient, ist die zunehmende „Retailisierung“ des Gewerbegeschäfts, also das Übernehmen der Produkt-, Verkaufs- und Zeichnungsansätze aus dem Retail-/Privatkundengeschäft. Das Privatkundengeschäft generiert pro Vertrag eine niedrigere Prämie und ist daher seit jeher standardisierter und effizienter aufgestellt. Das erklärte Ziel vieler Versicherer liegt darin, diese Effizienz auch in das Gewerbegeschäft zu übertragen. So werden beispielsweise in den letzten Jahren viele verhältnismäßig komplexe Gewerbeprodukte durch neue Produkte ersetzt, die einer einfachen Bausteinlogik folgen.

Diese standardisierten Bausteine erlauben eine ausreichende Flexibilität am Point-of-Sale, um auf wesentliche Kundenbedarfe einzugehen. Was jedoch nicht mehr möglich ist, sind vertragliche Anpassungen der Ein- oder Ausschlüsse oder sonstige individuelle Anpassungen des Vertrags. Dafür ermöglicht ein solcher standardisierter Produktbaukasten aber eine kostengünstige Pflege des Produktportfolios oder standardisierte Prozesse in der Vertragsverarbeitung oder im Schadenfall.

Das größte Fragezeichen zur Zukunft des Gewerbevertriebs stellt für viele Marktbeobachter die zukünftige Rolle der (Vergleichs-) Plattformen und digitalen Vermittler dar. Auch wenn sich viele Versicherer hier in Stellung bringen und keiner den Trend verschlafen will, ist doch bisher kaum ein nennenswertes Volumen auf gewerblichen Vergleichsplattformen aufzufinden.

Zumindest nicht im Vergleich zu den vor drei bis fünf Jahren angestellten Prognosen. Zwar entwickeln viele Gewerbekunden eine hohe Affinität zum Onlineeinkauf – was sicherlich auch aus dem Privatleben „gelernt“ wurde. Aber wenn es um den Schutz der eigenen Existenz geht, ist doch für viele ein persönlicher Ansprechpartner weiterhin unerlässlich. In Summe dürft klar sein: der Gewerbevertrieb wird sich in den nächsten Jahren verändern.

Aber die Veränderung ist eher eine Evolution, als eine Revolution. Digitalisierung ist auch im Gewerbe auf dem Vormarsch und erlaubt eine Erhöhung der Effizienz und der Beratungsqualität. Da auch in Zukunft für die meisten Gewerbetreibenden ein persönlicher Ansprechpartner wichtig bleibt, bieten das erwartete Wachstum als auch die beschriebenen Veränderungen für viele Vermittler eine Chance zum Ausbau ihres Gewerbegeschäfts.

Autor: Kai Prestinari, Partner, Financial Services KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des E-Vertriebsmagazins Der Vermittler.

Ein Kommentar

  • Ich suche momentan nach einer Versicherung für mein Gewerbe. Ich wusste nicht, dass es hier so große Unterschiede im Hinblick auf das Gewerbesegment gibt. Da wir unter einem Jahresumsatz von 25 Mio. Euro liegen, gelten wir hier wohl als kleines Unternehmen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

drei × 2 =