Je mehr Stars, desto größer die Versicherungssummen

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Heute kommt Quentin Tarantinos lang erwartete Hommage an Hollywood in die Kinos. Zum ersten Mal seit „Pulp Fiction“ arbeitete er nicht mit der Produktionsfirma von Harvey Weinstein dabei zusammen. Stattdessen erhielt Sony den Zuschlag. Und natürlich hatten die Filmversicherer seit dem ersten Drehtag ein Wörtchen mitzureden.

Noch bevor der erste Drehtag geplant und Kamera auf Position gebracht wurden, haben im Vorfeld Anbieter wie Hiscox, XL Catlin oder die Allianz die Regie übernommen. Streit mit Stars, die ihre Stunts selbst ausführen möchten, ist vorprogrammiert. „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen“, für kaum eine Branche gilt der legendäre Satz des amerikanischen Ingenieurs Edward A. Murphy so sehr, wie für die Film-und Eventbranche: Einmal zerstört ein Hurrikan die komplette Filmkulisse des Hollywood-Blockbusters Troja, ein anderes Mal verletzt sich Hauptdarsteller Tom Cruise bei einem Stunt am Fuß. Als er zudem im Rahmen der „Mission-Impossible-Reihe“ an der Außenfassade des höchsten Gebäudes der Welt, dem Burj Khalifa in Dubai, persönlich hängen wollte, sprangen einige Versicherer ab. Schlechte Erfahrungen haben Filmversicherer besonders mit dem Hongkong-Chinesen Jackie Chan gemacht. Rund 18 gefährliche Verletzungen haben Fans des Action-Schauspielers zusammengetragen. Als Konsequenz wird er von Versicherern gemieden. Chan sichert deshalb seine Stunt-Leute und sich selbst seit einiger Zeit auf eigene Kosten ab.

In der Regel werden Stuntmen über die Employers-Liability-Policen, einer Arbeitgeber-Haftpflichtversicherung, standardmäßig mit bis zu sechs Millionen Euro abgesichert, bei Bedarf kann auch ein höherer Schutz zugekauft werden. Aber auch ohne die exzentrischen Wünsche der Filmstars bleibt das Gewerbe der Film- und Eventversicherer eine Hochrisikozone. Wenn zum Beispiel bei einem Werbedreh für ein neues Automodell im Gebirge urplötzlich ein Sommergewitter heraufzieht und starke Regenfälle, Steinschlag oder gar Geröll-Lawinen niedergehen und es dabei zu Beschädigungen am Automodell kommt, greift die Vollkaskoversicherung.

Fällt bei einem Fotoshooting die teure Kameraausrüstung ins Wasser, kann eine Filmapparateversicherung für Ersatz sorgen. Ruiniert ein umgefallenes Rotweinglas den weißen Teppichboden und macht damit weitere Werbeaufnahmen unmöglich, kommt die Produktionshaftpflicht-Versicherung zum Zuge. Aber auch das gesamte Produktionsbüro kann über eine entsprechende Police geschützt werden, wie einzelne Requisiten oder die Produktionskasse, wenn diese bei einem Einbruch entwendet wurde. Sollten dabei auch die Computer oder Festplatten verschwinden oder zerstört werden und damit weitere Produktionstage angesetzt werden müssen, kommt die Bild-, Ton- und Datenträgerversicherung zum Einsatz.

400 Filme und 100 Versicherungsfälle

Geht es nach Robert von Benningsen, Geschäftsführer der Deutschen FilmversicherungsGemeinschaft (DFG), lösen gerade Medienhaftpflicht-Schäden die häufigsten Versicherungsfälle aus: „Wenn die Produktionsgesellschaft zum Beispiel in einer privaten Wohnung dreht und mit einer schweren Requisite den Fußboden zerkratzt. Oder wenn im denkmalgeschützten Schloss die Beleuchtung zu nah an den Vorhängen steht und diese anfangen zu brennen. Hier sind Großschäden zwar seltener, aber selbst wenn durch sowas das ganze Schloss abbrennt, ist die Produktionsgesellschaft versichert.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass bei 400 Filmen gar nichts passiere, gehe seiner Meinung nach gegen Null. Ich würde schätzen, dass bei 400 Filmen bestimmt in über 100 Fällen eine Versicherung einen Schaden regulieren musste. Das müssen nicht jedes Mal gleich Millionen-Beträge sein, weil der berühmte Hauptdarsteller ausfällt. Es könne auch nur mal eine Kamera umfallen.

Als größtes Risiko hat man bei der DFG Verzögerungen oder einen Drehausfall durch Krankheit oder Unfälle identifiziert. Dieser recht häufig gemeldete Schadenfall kann pro nachzuholendem Drehtag auch schon mal 80.000 Euro oder mehr kosten. Ähnlich hohe Summen lösen Schäden am Datenmaterial oder dessen Verlust aus, welche in der Postproduktion entstehen. Hier hilft ein Completion Bond bzw. eine Fertigstellungsgarantie, über das Malheur hinweg. Meist wird bei internationalen Filmproduktionen eine solche Police vereinbart.

Harte Gesundheitsprüfung für Schauspieler

Zur Feststellung des konkreten Tarifes haben dazu im Vorfeld Experten des Versicherers das Drehbuch und die darin ausgebreiteten Ideen sorgfältig studiert, Drehorte besucht, Vergleiche angestellt und mit einem internen Expertenteam jede Unwägbarkeit durchgespielt. Die Ergebnisse werden dann mit dem Versicherungsnehmer – meist einvernehmlich – erörtert und nicht selten führen sie auch zu Veränderungen des Drehbuches bzw. des Drehplanes.

Einen Eindruck, wie umfassend Filmversicherer bei der Realisierung einer Medienproduktion mitwirken, vermitteln die Fragebögen, die vom Produzenten vorab auszufüllen sind. So verlangt die Gesundheitsselbstauskunft als Ergänzung zum Abschluss einer Film-Ausfall-Versicherung Angaben der Schauspieler zu HIV, Diabetes oder dem Drogenkonsum. In der Regel herrscht zwischen Produzenten und Versicherern ein einvernehmliches Verhältnis, denn beide Seiten benötigen einander und wissen das.