Spaß oder Muss? Mehrheit der Makler plant über das gesetzliche Rentenalter hinaus weiterzuarbeiten

Linus Schütz auf Pixabay

Wenn es um die Altersvorsorge der Kunden geht, gelten Makler und Vermittler als kompetente Ansprechpartner. Geht es allerdings um die eigene Nachfolgeregelung, sieht es düster aus, wie eine aktuelle Analyse der Policen Direkt Gruppe zeigen will.

Es ist eigentlich schon ein altbekanntes Problem, wenn es um den eigenen Ruhestand der Maklerschaft geht: Wenn es um die eigene Nachfolge und damit den eigenen Ruhestand geht, haben viele Makler noch immer Nachholbedarf. Dabei hat Corona laut Analyse die Entwicklung wohl noch verschärft.

So gaben 60 Prozent der über 55-jährigen bei der Umfrage zum Policen Direkt-Maklerbarometer 2020 unter 463 Versicherungsmaklern an, über das gesetzliche Rentenalter hinaus weiterarbeiten zu wollen. Das bedeutet mit weiter fortschreitendem Alter de facto, dass sie die Bestandscourtage mit einer fortlaufenden Rente gleichsetzen und Kunden gar nicht oder nur noch auf Anfrage betreuen, lautet eine wesentliche Erkenntnis der Analyse.

Quelle: Policen Direkt

Zudem haben insgesamt 75 Prozent der Versicherungsmakler laut Policen Direkt ihre Nachfolge noch immer nicht geregelt. Besonders dramatisch wird der Befund beim Blick auf die Makler über 70 Jahre. Hier haben 40 Prozent noch keine Vorkehrungen für den Ruhestand getroffen.

„Wenn 60 Prozent der Makler im Rentenalter weitermachen wollen, tun sie das vor allem, weil sie keine andere Altersvorsorge haben. Ebenjene Berufsgruppe, die ihre Kunden regelmäßig an die Wichtigkeit von Vorsorge und Absicherung erinnert, hat offenbar selbst kaum vorgesorgt.“

Philipp Kanschik, Mitglied der Geschäftsleitung bei Policen Direkt und verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge

So fürchtet Philipp Kanschik, Mitglied der Geschäftsleitung bei Policen Direkt, einen Makler-Run-off: Diese „werden derzeit wieder wahrscheinlicher. Es ist ein besorgniserregender Trend, dass sich viele damit auch rechtlichen Risiken aussetzen. Offenbar glauben ältere Einzelmakler aber keine Wahl zu haben, weil sie zunehmend von Altersarmut bedroht sind. Das Neugeschäft fehlt diesen Unternehmern aktuell besonders, weil ihnen auch die Zeit bis zum Ruhestand fehlt, Bestände ausreichend auszubauen.“

Gleichzeitig will laut Maklerbarometer jeder fünfte potenzielle Bestandskäufer bereits jetzt aus dem Markt aussteigen. „Kleinere, lokale Käufer fallen aus, weil ihnen weitgehend Erfahrung, Beratungs- und Übertragungsprozesse fehlen“, sagt Kanschik. Seine Prognose: „Bestandskäufer werden zunehmend größer und digitaler.“

Nicht weniger besorgniserregend: Die Corona-Pandemie wirkt sich ebenso negativ auf den Geschäftsbetrieb der Makler aus. So rechnet die überwiegende Mehrheit der Versicherungsprofis damit, dass die negativen Folgen noch bis Ende 2021 zu spüren sein werden.

Allein 49 Prozent der Befragten klagen demnach über einen Rückgang im Personengeschäft, 30 Prozent verzeichnen deutliche Einbußen im Sachgeschäft. Bei 39 Prozent ist die Zahl der Serviceanfragen erheblich gestiegen. Makler haben also aktuell mehr Arbeit bei gleichzeitig geringeren Einnahmen.

Insgesamt denkt bereits jeder sechste jüngere Makler 55 sogar schon ans Aufhören. Über alle Altersgruppen hinweg sehen sich sogar mehr als fünf Prozent der Makler durch die Pandemie existenzbedrohenden finanziellen Nöten ausgesetzt.

Insgesamt geben sich die Verbände mit einer Analyse zum Maklerbarometer von Policen Direkt jedoch zurückhaltend. Während der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) darin „kein Thema“ sehe, was der Verband kommentieren wolle.

Corona sorgt für deutliche Umsatzeinbußen

Wie gravierend die Folgen der Corona-Pandemie auf das Geschäft sind, zeigt eine Umfrage des BVK unter 1.628 Vermittlern und Maklern im April: Etwa zwei Drittel klagten damals bereits über massive Umsatzeinbußen. Weitere 25 Prozent können noch nicht absehen, wie sich der Umsatz entwickeln wird. Nur elf Prozent haben bislang keine Rückgänge hinnehmen müssen. Bei denjenigen, die Einbußen hatten, lag der Durchschnitt bei fast 38 Prozent Umsatzrückgang.

Dabei sind laut BVK die Mehrfachvertreter mit einem Umsatzrückgang von durchschnittlich 43,3 Prozent stärker betroffen als die beiden anderen Vertriebswege Makler (38,9 Prozent) und Einfirmenvertreter (37,8 Prozent). Zudem verzeichnen nach den Gesamteinnahmen kleinere Vermittlerbetriebe tendenziell größere Umsatzrückgänge als größere Betriebe.

Gut geplante Nachfolgeregelung scheint wichtiger denn je

Dennoch scheint eine gut geplante Nachfolgeregelung heute wichtig denn je zu sein. Denn: „Viel Geld fürs Lebenswerk bekommen insbesondere gut vorbereitete Verkäufer, die sich rechtzeitig mit der Nachfolgeplanung beschäftigt haben, dadurch ein übergabefähiges Unternehmen vorweisen können und die für den Kaufinteressenten wichtige Kennzahlen liefern können“, konstatiert Oliver Petersen, Vorstand Makler Nachfolger Club, im E-Magazin Der Vermittler.

Zudem sehe man „eine weiterhin große Nachfrage von der Käuferseite an gut vorbereiteten Beständen und Unternehmen. Daran hat sich durch Corona nichts verändert. Die Preise werden aus unserer Sicht für solche Bestände und Unternehmen eher steigen. Auch die Altersstruktur der Versicherungsmakler in Deutschland lässt auch für die Zeit nach der Corona-Krise kein sinkendes Preisniveau erwarten. Von den ca. 46.000 registrierten Maklern sind ca. 24.900 über 60. Pro Jahr dürften davon 500-600 Maklerunternehmen und Bestände auf den Nachfolgemarkt kommen. Dem stehen ca. 21.300 Makler im Alter bis 49 als potenzielle Kaufinteressenten gegenüber. Hinzu kommen weitere Kaufinteressenten (Versicherungsgesellschaften, Investmenthäuser, Family Offices und andere).“

Allerdings sollten die Makler, welche durch die Pandemie selbst in Schwierigkeiten gekommen sind, die „Expansionspläne durch Zukäufe zurückstellen und sich um die Sanierung des eigenen Unternehmens kümmern, betont Petersen. Hinzu kommt, dass die Makler auch durch den digitalen Wandel mit dem Rücken zur Wand stehen. Denn der Aufwand, den sie für ihr Überleben in einer digitalen Welt betreiben müssen, ist enorm oder macht sie stark abhängig.

Ganz zu schweigen davon, dass das schlechte Image der Vermittler und Makler das Nachwuchsproblem in der Branche noch weiter verschärft. „Keiner hat keine Versicherung und trotzdem hat die Branche ein ganz schlechtes Image“, glaubt Stefan Ziegler, Geschäftsführer des Ecclesia Versicherungsdienst. Der Manager des Großmaklers, der derzeit 1.750 Mitarbeiter beschäftigt, glaubt, dass mit einem ethischen Führungsstil der Vertrieb sein Image deutlich verbessern kann. „Denn mit schlechter Führung verursachen sie einen Schaden am eigenen Unternehmen“, warnt Ziegler.

Autor: VW-Redaktion