Informationspflichten und Wertgleichheit: Abgesenkte Garantien in der betrieblichen Altersversorgung

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Immer mehr Experten gehen davon aus, dass auch in der betrieblichen Altersversorgung in der Zusageart „beitragsorientierte Leistungszusage“ (BOLZ) ein Garantieniveau von unter 100 Prozent zulässig ist. Soweit die Theorie. Doch was bedeutet das in der praktischen Umsetzung und der Beratung?

Damit haben sich die Rechtsanwältinnen Erika Biedlingmeier und Elisabeth Lapp als Autorinnen intensiver beschäftigt. Lapp beantwortet zudem drei häufig gestellte Fragen in einem Gespräch mit Henriette Meissner, Mitherausgeberin des Kompass 2/2021 zum Thema „Abgesenkte Garantien, Sicherheit, Rendite, (betriebliche) Altersversorgung und Niedrigzins“.

Henriette Meissner: Mittlerweile werden fast flächendeckend in der betrieblichen Altersversorgung Tarife mit abgesenkten Garantien angeboten. Kann der Arbeitgeber einseitig regeln, dass seine Beschäftigten ein solches Angebot in der betrieblichen Altersversorgung erhalten? Und wie sieht es aus mit der Wertgleichheit, die bei der Entgeltumwandlung gesetzlich gefordert ist?

Elisabeth Lapp: Kurz und knapp: ja. Der Arbeitgeber ist der „Bestimmer“ in der betrieblichen Altersversorgung und das ist auch gut so. Hierzu gab es bereits in der Vergangenheit genügend Rechtsprechung, die festgelegt hat, dass den Arbeitgeber zwar bestimmte Pflichten treffen. Im Gegenzug dazu soll er aber auch entscheiden können, wer Versorgungsträger ist, welche Produkte gewählt werden können und damit auch, welche Risiken er eingehen möchte. Dies gilt sowohl für die Entgeltumwandlung als auch für die Arbeitgeberfinanzierung.

Hinsichtlich der Wertgleichheit sehe ich kein Problem im Zusammenhang mit abgesenkten Garantien. Das Bundesarbeitsgericht fordert hierfür bei versicherungsförmigen Durchführungswegen nur die Abführung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung. Dies ist unabhängig von einem Garantieniveau.

Henriette Meissner: Wenn die betriebliche Altersversorgung und insbesondere die Entgeltumwandlung mit Tarifen, die keine Bruttobeitragsgarantie mehr anbieten, im Betrieb durchgeführt wird, sollte dann der Beschäftigte über diesen Sachverhalt informiert werden?

Elisabeth Lapp: Letztlich ist das die Entscheidung des Arbeitgebers, aber ich würde dazu aus juristischer und vertrieblicher Sicht raten. Der Arbeitgeber ist für den Arbeitnehmer immer der erste Ansprechpartner sowohl in der Praxis als auch aufgrund der Rechtsverhältnisse. Erhält der Arbeitnehmer nun von seinem Arbeitgeber die Unterlagen des Versicherers, ist dieser automatisch über alle relevanten Thematiken informiert. Gerade bei der Entgeltumwandlung sind sicherlich die Vorgaben strenger und auch von der bisherigen Rechtsprechung entschieden worden. So müssen unter anderem die Wertgleichheit und Werthaltigkeit, aber auch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beachtet werden.

Dies gilt aber nicht nur für eine abgesenkte Beitragsgarantie, sondern auch für viele andere relevante Informationen, die der Arbeitnehmer erhalten sollte. Auch sehe ich hierin eher einen Vorteil als einen Nachteil. Durch die betriebliche Altersversorgung erhält der Arbeitnehmer einen Mehrwert, der ihm auch bewusst gemacht werden sollte. Tu Gutes und sprich darüber! Die abgesenkte Beitragsgarantie führt nicht nur zu offenen Fragen und Risiken, sondern vielmehr auch zu Chancen. Denn geringere Beitragsgarantien erweitern den Spielraum für die Kapitalanlage und verbessern so die Ertragschancen. Dies kann auch ein deutlicher Vorteil für die Arbeitnehmer sein, der ihnen bewusst gemacht werden sollte.

Henriette Meissner:  Was ist der wichtigste Tipp, den Sie Beratern für die Praxis mitgeben würden?

Elisabeth Lapp: Grundsätzlich finde ich es immer erst einmal wichtig, die Problemstellung zu kennen. Wenn der Berater diese kennt, kann er ganz anders auf die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden eingehen. Das gilt nicht nur im Zusammenhang mit abgesenkten Garantien, sondern generell in der betrieblichen Altersversorgung. Als Juristin sage ich immer, je mehr informiert und vielleicht auch dokumentiert wird, desto besser. Aber auch hier muss man die Kirche im Dorf lassen. Wir befinden uns in einer Zeit, in der sich die Begebenheiten und Umstände nachhaltig verändern. Das kann und darf sowohl von der Politik als auch von den Gerichten nicht unberücksichtigt bleiben.

Gleiches kann man mit einem Arbeitgeber besprechen und damit auch Bedenken oder Fragen aus dem Weg räumen. Ich wünsche mir hier ein wenig mehr Zuversicht und nicht so viel Ängstlichkeit. Näheres werden wir hierzu sicher auch nochmal im Webinar des Campus Institut am 30. April 2021 erörtern.

Autor: VW-Redaktion

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