Vorsicht Risiko: So rüsten sich Versicherer für die zweite Coronawelle

Pixabay

„Pläne nach dem Shutdown: So wollen Versicherer an den Start gehen“ titelte VWheute im April. Es sieht nicht so aus, als wäre der Neustart in Bälde nötig und möglich, die Krise frisst sich fest. Die Branche ist besorgt, aber weiter selbstbewusst. Einige rechnen mit Einbußen, wenn es nicht zu einer post-Corona-Erholungsphase kommen sollte. Ihre Vermittler und Kunden wollen die Unternehmen weiter unterstützen.

Mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute warnen in der Untersuchung „Erholung verliert an Fahrt – Wirtschaft und Politik weiter im Zeichen der Pandemie“ vor einem nicht endenden Corona-Geschehen. Für das laufende Jahr rechnen die Ökonomen mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 5,4 Prozent im Vergleich zu 2019, im April betrug die Schätzung 4,2 Prozent, wie die FAZ meldet.

Die Versicherer betrachten und analysieren die Entwicklung fortwährend und halten an ihren zu Beginn der Krise getroffenen Maßnahmen und Plänen fest, die VWheute im April analysierte.  

„Wir beobachten die aktuelle Entwicklung der Infektionsraten sehr genau und passen unsere Maßnahmen und Verhaltensempfehlungen für Mitarbeiter und Vertriebspartner je nach aktueller Lage und Region an, erklärt der Vertriebsvorstand der Gothaer Oliver Brüß auf Nachfrage. Unisono schrieben das auch  Ergo, Debeka, Alte Leipziger und Allianz.

Wie zuvor sehen die Versicherer die Digitalisierung als Lösungs- oder wenigstens Linderungsmittel. „Wir waren von Anfang an sehr vorsichtig und sind das noch immer. Wir haben einen Großteil unserer Mitarbeiter bereits sehr früh mit mobilen Endgeräten ausgestattet, sodass ein Arbeiten außerhalb der Betriebsstätten möglich wurde“, erklärt die Debeka stellvertretend für die  befragten Unternehmen.

„Die vergangenen Monate haben bewiesen, dass unser Ergo Strategieprogramm (ESP) uns widerstandsfähig und erfolgreich gemacht hat.“

Ein Unternehmenssprecher der Ergo

Da Corona nun bereits seit über einem halben Jahr herrscht, besitzen die Versicherer eine gewisse Erfahrung im Handling. „Es hat sich gezeigt, dass die Vertriebspartner sehr schnell gelernt haben, mit den veränderten Rahmenbedingungen umzugehen und den Vorsorgebedarf der Kunden über digitale Tools zu decken. Deshalb gibt es grundsätzlich keinen größeren Anpassungsbedarf“, erklärt Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb/Marketing der Gruppe Alte Leipziger – Hallesche. Die Ergo fühlt sich durch das Stahlbad der letzten Monaten gerüstet. „Die vergangenen Monate haben bewiesen, dass unser Ergo Strategieprogramm (ESP) uns widerstandsfähig und erfolgreich gemacht hat.“

Alle Unternehmen wollen die Heimarbeit fortsetzen, die Allianz schreibt dazu: „Grundsätzlich dürfen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis auf Weiteres in Abstimmung mit ihrer Führungskraft von zuhause aus arbeiten, wobei die Betriebssicherheit der jeweiligen Einheit zu beachten ist“, schreibt die Allianz. In Abhängigkeit von den regionalen Inzidenzwerten empfehlen die Münchener ihren Mitarbeiterinnen in der jeweiligen Region „verstärkt“ die Heimarbeit.

Die Gesundheit unserer Mitarbeiter, Vertriebspartner und Kunden bestmöglich zu schützen, habe oberste Priorität, ergänzt die Ergo.

„Spüren im Firmengeschäft leicht zurückgehende Zahlen.“

Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb/Marketing der Gruppe Alte Leipziger

Führende Köpfe der Branche wie Dialog-Vorständin Stefanie Schlick und, Rainer Reitzler, CEO Münchener Verein, rechneten nach Corona mit einem Nachholeffekt. Dass ist auch nach wie vor nicht ausgeschlossen, doch wann das Corona-Ende erreicht ist, weiß niemand. Die Folgen sind haptischer Natur, insbesondere im Firmenkundengeschäft.

„Insgesamt spüren wir im Firmengeschäft leicht zurückgehende Zahlen, da in manchen (Sach)-Versicherungssparten die Prämien mit der Umsatzentwicklung der Unternehmen korrelieren. Da es aber auch wirtschaftliche Gewinner in der Krise gibt, ist die negative Auswirkung insgesamt noch überschaubar“, erklärt Kettnakerfür die Alte Leipziger-Hallesche.

Bei der Debeka hat sich „das Neugeschäft nach dem Lockdown  wieder stabilisiert“ und auch die Ergo spricht von einem „reibungslosen Verlauf“ und ist mit der „Vertriebsproduktivität zufrieden“. Die Gothaer sieht in einem Bereich Einbußen voraus: „Nach aktueller Einschätzung würde es bei uns zu einem spürbaren Einbruch im Lebensversicherungsgeschäft kommen“, erklärt Brüß.

„Wollen wir für unsere Kunden da sein – digital und persönlich.“

Ein Unternehmensprecher der Allianz

Alle Unternehmen können, wollen und werden ihre Unterstützungsmaßnahmen für die Vermittler und Kunden aufrechterhalten. „Erst recht in Krisenzeiten wollen wir für unsere Kunden da sein – digital und persönlich“, schreibt die Allianz stellvertretend für die Unternehmen. Die Situation werde beobachtet, um „rechtzeitig die richtigen Entscheidungen und Maßnahmen im Sinne der Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unserer Geschäftstätigkeit zu treffen“, ergänzen die Münchener.

Auch Kettnaker versichert Beistand: „Wir sind nach wie vor für unsere Vermittler und Versicherungsnehmer da, je nach Wunsch und Bedarf persönlich oder digital“. Das Unternehmen sieht sich gut gerüstet für das Kommende. Die Ergo und Debeka wollen ihre digitalen Anstrengungen ebenso aufrechterhalten und ggf. ausbauen.

„An den bisher getroffenen Maßnahmen, insbesondere an der weitgehenden mobilen Arbeit, halten wir auch in absehbarer Zukunft fest.“

Ein Unternehmenssprecher der Debeka

„Ja, wir werden auch bei einer zweiten Corona-Welle unsere Kunden und Vermittler in angemessener Form unterstützen“, lässt Brüß keine Zweifel  an den Plänen der Gothaer aufkommen.

Die Zeiten für die Versicherer sind schwierig, wenn die Wirtschaft leidet, wird sich das verzögernd auch auf das Geschäft der Versicherer niederschlagen, wenn auch wahrscheinlich primär im Bereich der Altersvorsorge. Wenige Kunden werden mitten in einer Krise ihre Sach- Haftpflicht- oder Gesundheitsschutz kündigen. Möglicherweise kommt es zu einem verstärkten Trend des Preisvergleichs und zu Wechseln innerhalb der Branche.

Bis Corona besiegt ist, bleibt den Versicherern nur das Beobachten und Reagieren sowie die Unterstützung ihrer Kunden und Vermittler; irgendwann wird auch diese Prüfung zu Ende gehen

Autor: Maximilian Volz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

4 × 1 =